Fundtiere
Freigänger oder hilfsbedürftiger Streuner? Umgang mit Katzen spaltet das Netz

17.04.2024 | Stand 17.04.2024, 15:58 Uhr

Freigänger oder Streuner? Wie man sich bei offenbar herrenlosen Katzen richtig verhält - wir haben nachgefragt. − Foto: Picture-Alliance

Die Tierheime werden geflutet mit Fundkatzen. Doch es stellt sich die Frage: Sind solche Vierbeiner wirklich immer heimatlose Streuner, die Hilfe benötigen, oder einfach nur Freigänger, die ein liebevolles Zuhause haben? In den sozialen Medien wird darüber immer wieder gestritten. Wir haben nachgefragt.



Auf dem Foto, das das Tierheim Passau am Dienstag auf Facebook postet, ist eine schwarz-weiß-grau getigerte Langhaarkatze zu sehen. Mit „Kennt oder vermisst jemand diese Katze?“ beginnt der Post. Die Katze sei in letzter Zeit häufig in Passau-Ingling unterwegs beziehungsweise sitze dort im Straßengraben. Niemand der Anwohner kenne aber das Tier oder einen Halter. Das Tierheim fügt hinzu, dass das Foto nur zugesandt worden sei, sich die Samtpfote nicht in dessen Obhut befindet.

Auch interessant: Aktionstag „Kollege Hund“: Diese Vorteile haben Vierbeiner im Büro für Mensch und Tier

Katze sichern - oder lieber nicht?

Über 100 Kommentare sammeln sich unter dem Post. Einige verweisen auf aushängende Zettel in der Altstadt und der Innstadt, auf denen eine solche Katze gesucht werde. „Bitte sichern!“, „Sieht nicht gut aus, bitte sichern und füttern“ verlangen sehr viele. Aber darf man das so einfach? „Sichern, nur weil es eine Freigänger-Katze ist?“ fragt einer. Und eine andere gibt ihm Recht: „Da muss man ja Angst haben. Meine sechs sind alle Freigänger.“



Eine sehr heikles Thema, bestätigt Bettina Mittler vom Tierheim Passau. Bei ihr im Tierheim befinden sich derzeit viele Fundtiere, Katzen wie auch Hunde. Einige kamen in so schlechtem Zustand, dass die Hilfebedürftigkeit unübersehbar war. Andere hingegen gut genährt und mit gepflegtem Fell. „Nur weil ein Tier gut aussieht, bedeutet das aber nicht, dass es keine Hilfe benötigt“, sagt Mittler. Das Tier könnte zum Beispiel irgendwo in ein Auto gesprungen und dutzende Kilometer weit mitgefahren sein. Ist nun in einer fremden Umgebung, ohne Fressen, ohne Heim. Tatsächlich befinden sich laut Mittler viele augenscheinlich gut gehegte Vierbeiner als Fundtiere im Heim. Zum Beispiel eine Kätzin, die gerade trächtig ist. Warum dieses Tier von niemandem vermisst wird, lässt nur Raum für Spekulationen.

Was also tut man, wenn man ein herrenloses Tier findet? Wenn die Katze in einem schlechtem Zustand ist, kann man das Tier einpacken und ins Tierheim oder je nachdem gleich zum Tierarzt bringen. Auch wenn ein Haustier rechtlich gesehen eine „Sache“ ist und als Eigentum betrachtet werden muss, würde man keinen Diebstahl begehen, auch wenn es einen Halter gibt. „Man handelt ja in helfender Absicht, nicht um sich etwas eigennützig anzueignen, sagt Katharina Reiner, Sprecherin des Polizeipräsidiums Niederbayern auf PNP-Nachfrage. Sie habe auch noch nie erlebt, dass ein Tierhalter Anzeige erstattet hat, weil sein Vierbeiner ins Tierheim gebracht worden ist.

Tierheim um Rat bitten

Ist der Allgemeinzustand des Tieres hingegen gut, dann sollte man zunächst abwarten beziehungsweise die Anwohner in der Umgebung befragen. Dann am besten das nächst gelegene Tierheim verständigen und sich dort Rat holen. „Wir fahren dann selbst meistens hin und sehen nach“, erzählt Mittler. Hier sei dann Sensibilität gefragt. Und sie fügt hinzu: „Einige, vor allem in den sozialen Medien, reagieren oft über, übertreiben es mit ihrer Hilfsbereitschaft.“ Sie sagt aber auch: Lieber zu viel als zu wenig Hilfe.

Dabei wäre die Lösung ganz einfach - in Form eines Chips und der dazugehörigen Registrierung. Der Tierarzt implantiert dem Vierbeiner, egal ob Hund oder Katze, einen so genannten Transponder-Chip. Mittels einer Kanüle platziert der Arzt dem etwa zwei Millimeter großen Chip. Die Prozedur dauert nur wenige Sekunden ist für das Tier so gut wie schmerzfrei. Die Kosten des Eingriffs sind in der Gebührenordnung für Tierärzte (kurz GOT) festgelegt und betragen exakt 10,24 Euro einfach (Stand 2022). Hinzu kommt natürlich noch der Einkaufspreis des Transponders, je nach Modell circa 25 bis 40 Euro.

Appell: Hunde und Katze chippen lassen

Der Chip ist mit einem Code versehen, mit dem der Besitzer sein Tier dann zum Beispiel bei Tasso registrieren kann. Tasso ist eine europaweite Tierdatenbank. Dort werden dann nicht nur die Daten von Hund oder Katze, sondern auch Anschrift und Telefonnummer des Halters hinterlegt. Tierheime und auch manche Polizeidienststellen können diesen Chip auslesen.

„Das würde uns die Arbeit um ein Vielfaches erleichtern“, sagt Mittler. Denn wenn der Halter eines Fundtieres sofort ermittelt werden kann, erspart es dem Tierheim den Aufnahmeprozess mit Quarantäne und ärztlicher Untersuchung - und somit natürlich auch Kosten. Haustiere gelten immer noch als „Sache“. Für Fundsachen sind in der Regel die Gemeinden zuständig, sie müssen sich dieser annehmen. Die Gemeinden beauftragen die örtlichen Tierheime, sich solcher „Sachen“ anzunehmen.

Viele Tiere sind aber eben nicht gechippt oder registriert. Katzen noch viel weniger als Hunde. Wie sehr sich so ein Chip aber lohnt, erfährt Mittlerer gerade wieder, als sie mit der PNP telefoniert. Der Fundhund aus Tittling, den sie am Mittwochmorgen auf Facebook gepostet hat, kommt zur Tür herein. Er ist gechippt, seine Halterin bereits kontaktiert. Bettina Mittler: „Es könnte so einfach sein.“