Plattling/Deggendorf
Zirkusbär Ben: Umstände der Beschlagnahme erneut vor Gericht

24.11.2017 | Stand 18.09.2023, 2:23 Uhr

Was für ein Bärenleben! Seit gut eineinhalb Jahren tollt der Zirkusbär Ben nun im weitläufigen Freigehege des Gnadenhofs für Bären bei Bad Füssing herum. Wie dieses aktuelle Foto zeigt, scheint er sein neues Leben zu genießen. − Foto: Gnadenhof

Eigentlich wirkt es so, als wäre Ben, der ehemalige Zirkusbär, schon ewig hier im weitläufigen Freigehege des Gnadenhofs für Bären bei Bad Füssing. Verspielt tollt er mit seinen tierischen Kollegen wie Romeo, Balu oder Suse durch die Wälder oder im Wasser, lässt sich von den Tierpflegern bereitwillig füttern. "Ben geht es bärig", sagt dann auch Dr. Arpád von Gaál, der Vorsitzende der Gewerkschaft für Tiere, die den Gnadenhof betreibt.

So entspannt wie in Bad Füssing ging es am Amtsgericht Deggendorf am Donnerstag, 23. November, nicht zu. Dort wurde nochmals hitzig über die tumultartigen Umstände von jenem 14. März 2016 gestritten, als Ben vom Veterinäramt und Landratsamt beschlagnahmt wurde. In einem Handyvideo hielt ein Tierschützer die Szenen fest: Zu sehen ist, wie der Transportkäfig des Zirkus Louie Knie/Alberti samt Bär Ben auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr Plattling steht. Dem Zirkus wurde zuvor eine nicht artgerechte Haltung des Tieres vorgeworfen. Das Landratsamt und das Veterinäramt hatten daher eine Beschlagnahme des Bären und seines Käfigs angeordnet. Doch die Situation eskaliert: Die Zirkusbetreiber koppeln den Bärenanhänger auf ihren Lastwagen, wollen sich ihren Bären zurückholen.

Damals wie heute im Zentrum des Geschehens: der 36-jährige Sohn von Bens Besitzer. Bereits im April dieses Jahres wurde Strafbefehl gegen ihn erlassen, unter anderem wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Gefährdung des Straßenverkehrs. Eine zehnmonatige Bewährungsstrafe und drei Monate Fahrverbot wurden ihm dabei auferlegt. Dagegen legte er nun Einspruch ein, erschien aber selbst nicht zur Verhandlung, sondern schickte seinen Verteidiger Kolja Prieß vor – und der war kampflustig. Gabriele Linder verlas zunächst, was die Staatsanwaltschaft dem Zirkusartisten vorwarf: dass er eine Tierschützerin zu Boden geschubst und sie getreten hat, dass er andere Tierschützer bedrohte und schließlich die Amtstierärztin sowie den Sachgebietsleiter des Landratsamtes fast überfuhr, als er mit dem Zirkuslaster den Maschendrahtzaun des Feuerwehrgeländes durchbrach und auf dem Weg Richtung Stadtmitte Vorfahrtsregeln missachtete.

Prieß konterte: "Diese Aussagen sind nachweislich falsch." Sein Mandant habe gar keinen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte leisten können, da das Verwaltungsgericht im Nachhinein die Beschlagnahme des Bären und des Anhängers an besagtem Märztag als rechtswidrig eingestuft habe. Der Grund: Es habe für diesen speziellen Tag keine schriftliche Anordnung vorgelegen. Ein anderer Tierarzt hätte zudem einige Tage nach der Beschlagnahme die völlige Gesundheit des Bären festgestellt. Als Bär Ben, mit dem der Angeklagte 24 Jahre lang zusammengelebt hatte, plötzlich nicht mehr auf dem Zirkusgelände stand, sei die Zirkusfamilie davon ausgegangen, dass die Tierschützer den Bären gestohlen hätten. "Mein Mandant wollte den Bären nicht verstecken, sondern mit ihm zur Polizei fahren", erklärte Prieß das Verhalten des Zirkusartisten.

Bei einer weiteren Diskussion mit Richterin und Staatsanwältin ließ der Verteidiger schließlich durchsickern, warum der Zirkusartist Einspruch einlegen wollte: Um die drei Punkte in Flensburg doch noch abzuwenden, die ihm bei einer Verurteilung zehn Jahre lang auf sein Konto gebucht würden. Ein Ultimatum der Richterin, viele verzweifelte Stirnkratzer der Staatsanwältin und ein zwanzigminütiges Telefonat des Verteidigers mit seinem Mandanten später dann doch die Einigung: Der Angeklagte zieht den Einspruch zurück. Der ursprünglich ausgestellte Strafbefehl ist nun rechtskräftig.
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