Plattling/Deggendorf
Im Kräuterrausch nicht geholfen: Zwei junge Plattlinger vor Gericht

12.10.2017 | Stand 18.09.2023, 2:17 Uhr

Vor Kräutermischungen aller Art warnt Richterin Eva Nistler. −Symbolbild: Fredrik von Erichsen/dpa

Laut schreiend und halluzinierend: So soll eine 16-jährige Plattlingerin im Juli diesen Jahres auf dem Küchenboden einer Wohnung gelegen und dabei um Luft gerungen haben. Zusammen mit zwei Freunden hatte sie dort zuvor eine Kräutermischung konsumiert. Da die Freunde, die 20-jährige Bewohnerin und ein 17-Jähriger, nicht sofort um Hilfe riefen, wurden sie wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Deggendorf am Mittwoch wurde das Verfahren aber eingestellt.

Auf gleich zwei unklare Situationen, die auch während der Jugendschöffensitzung nicht geklärt und den Angeklagten somit nicht zur Last gelegt werden konnten, machte die vorsitzende Richterin Eva Nistler aufmerksam. Zum einen konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, wie lange die 16-Jährige tatsächlich hilflos auf dem Küchenboden lag und welche Symptome sie aufwies. Das Opfer selbst konnte dazu keine genauen Angaben machen. Nachbarn, die nach dem ersten Schrei der Jugendlichen den Notruf alarmierten, machten zum Teil widersprüchliche Aussagen, ob sie beim Eintreffen der Rettungskräfte beispielsweise ansprechbar war oder nicht. In ihrer Anklageschrift ging die Staatsanwaltschaft Deggendorf von mindestens zehn Minuten aus, in denen die Jugendliche durch Kreislaufbeschwerden und Atemnot außer Gefecht gesetzt war.

Unabhängig davon, wie viel Zeit verstrichen war, bezweifelte das Gericht zum anderen, ob die beiden Angeklagten die Notlage ihrer Freundin überhaupt richtig einschätzen konnten. Zwar habe die Jugendliche sie in ihrem durch die Kräutermischung verursachten Delirium gebeten, dass sie ihre Mutter oder einen Arzt rufen sollten. Da die 20-Jährige und der 17-Jährige selbst auch die Kräutermischung konsumierten, sei es möglich, dass sie in ihrer Lage die Gefahr nicht erkannten. Aus diesem Grund empfahl Richterin Nistler der Staatsanwaltschaft, die Anklage fallen zu lassen. Diese stimmte schließlich zu.

Die 16-jährige sagte aus, dass sie noch eine Woche nach dem Vorfall an Halluzinationen und Angstzuständen litt. Woher das Trio das Rauschmittel hatte und woraus es bestand, war nicht Gegenstand der Verhandlung. Nistler warnte im Gespräch mit der Heimatzeitung aber davor, vermeintlich legale Kräutermischungen aus dem Internet zu bestellen.

− cav