Buch & Podcast
„Danke, mir geht’s gut“ Von wegen! – Passauer Autor kämpft gegen den Zwang zum Optimismus

31.01.2024 | Stand 02.02.2024, 16:48 Uhr

Franz Himpsl plädiert in seinem Buch „Danke, nicht gut“ dafür, Unglück wahrzunehmen und zu akzeptieren. − Foto: Himpsl

„Das Buch musste raus.“ Mit dieser Dringlichkeit beschreibt der gebürtige Passauer Franz Himpsl sein Buch „Danke, nicht gut – Für reflektierte Gelassenheit statt toxischer Positivität“, das in Zusammenarbeit mit Judith Werner im Kösel Verlag erschienen ist.

Wenn negative Gefühle unterdrückt werden, wenn Optimismus zum Zwang wird, wenn in jeder noch so ausweglosen Situation eine Chance gesehen wird – dann spricht die Psychologie vom Phänomen der „toxischen Positivität“. Für Menschen in Krisensituationen ist diese Denkweise meist ein Schlag ins Gesicht.

„Das wird schon wieder.“ „Du musst kämpfen.“ Das mögen gut gemeinte Ratschläge sein. Aber sie geben Judith Werner das Gefühl, immer positiv bleiben zu müssen, als sie 2020 eine Brustkrebsdiagnose erhält. Im selben Jahr stirbt Himpsls Vater an Krebs und lässt damit den Tod von Himpsls Verlobter Maxi, die mit Mitte 20 dem Nebennierenkrebs erliegt, wieder sehr präsent werden. Die langjährigen Freunde starten den Podcast „Hallo Ernstfall“. Sie sprechen über Krisen – ihre eigenen, die des Lebens und der Welt und darüber, wie man trotzdem nicht den Mut verliert. Der Podcast ist für die beiden anfangs vor allem eins: eine Bewältigungsstrategie.

Ihre Erfahrungen verarbeiten sie jetzt auch in ihrem Buch „Danke, nicht gut“. Sie begeben sich auf die Suche nach einem Grund zu hoffen, weit weg von Kalendersprüchen. „Oft wird gesagt, man müsste sich nur zusammenreißen, das Mindset verbessern und dann wird alles gut. Das ist eine gefährliche Debatte, weil man durch Willen zwar viel erreichen kann, aber Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen starten“, konstatiert Himpsl.

Ebenso wie toxische Positivität stört den Wahlberliner Schwarzmalerei. Während die inszenierten Instagram-Feeds voll mit perfekten Momentaufnahmen sind wird auf der Plattform X gern der Weltuntergang prophezeit. „In den sozialen Medien gibt es eine radikale Gegenüberstellung von Gegenpositionen. Dabei vergisst man oft, dass die Wahrheit immer in der Mitte liegt“, sagt Himpsl.

Ein Buch gegen Optimismus mag angesichts der Weltlage fehl am Platz wirken. Der Autor dazu: „Ich verstehe jeden, der Ablenkung, Eskapismus oder Freude sucht, weil die Zeiten nicht einfach sind. Unser Buch versucht, einen Gegenentwurf zu schaffen, der hilft, durch Krisen zu kommen. Man bewältigt Krisen nicht, indem man sich sagt, dass bestimmt alles gut wird.“

Mittlerweile arbeitet Franz Himpsl bei der App Blinkist, die Kurzzusammenfassungen von Sachbüchern zum Lesen und Hören bereitstellt. In seinem Buch spiegelt sich wieder, dass er neben seiner journalistischen Tätigkeit bei der PNP, der Süddeutschen Zeitung und der Zeit auch ein Philosophiestudium absolviert hat. Er verbindet philosophische Erkenntnisse mit lebensnahen Themen und autobiografischen Passagen. Er holt die Leserinnen und Leser in ihrem Alltag ab, findet Argumente, die Optimisten und Pessimisten gleichermaßen überzeugen können.

„Danke, nicht gut“ bietet nicht die eine Lösung, nicht den Schlüssel zum Glück. In den Augen von Franz Himpsl bietet es vielmehr eine Schritt-für-Schritt Anleitung, die sich auf Krisen unterschiedlichster Art anwenden lässt. „Viele Konflikte und Stresssituationen lassen sich lösen, wenn man sie benennt, eine Bestandsaufnahme macht und dann in kleinen Schritten die Dinge angeht, die man verändern kann.“

Chancen erkennen und nutzen könne nur derjenige, der sich auch mit Situationen abfindet, die nicht beeinflussbar sind. „Ich glaube, dass die Akzeptanz von Glück ein mindestens genauso wichtiger Aspekt ist wie das Streben nach Glück“, meint der Autor. Dieses sich Abfinden mit Situationen, auf die man keinen Einfluss nehmen kann, komme in der gegenwärtigen Motivations- und Optimierungskultur, zwischen den vielen Ratgebern und Coachingangeboten, zu kurz. Aber gerade das sieht der Autor als Voraussetzung für die Gelassenheit: „Die Unsexy-aufschreiben-und-Abarbeiten-Methode ist meiner Erfahrung nach die Beste.“

Elina Mensch


•Franz Himpsl: Danke, nicht gut, Penguin, 192 Seiten, 18 Euro

•Den Podcast „Hallo Ernstfall“ finden Sie überall, wo es Podcasts gibt, Link auf auf pnp.de/kultur