Typisch Amsterdam − zehn Klischees über die Stadt

07.02.2015 | Stand 07.02.2015, 6:00 Uhr

Der Werbeslogan von Amsterdam vor dem Rijksmuseum, das 2013 nach zehnjährigem Umbau wiedereröffnet wurde. − Fotos: Franz Aichinger

"I amsterdam": "Ich bin Amsterdam" – mit diesem Slogan wirbt die Hauptstadt der Niederlande, deren gut 800.000 Einwohner aus 180 Nationen kommen. Der Schriftzug prangt in großen Buchstaben an mehreren Stellen der Metropole und ist ein beliebtes Fotomotiv. Die Stadt war seit dem 16.Jahrhundert immer wieder Zufluchtsort von Menschen, die wegen ihrer Herkunft, Religion oder Lebensweise unterdrückt wurden. Die Amsterdamer, von denen jeder zweite ausländische Wurzeln hat, sind jung − mehr als die Hälfte der Bewohner ist unter 35 Jahre −, weltoffen, lebenslustig, gastfreundlich, gesellig, liberal und vor allem sehr tolerant.

Grachten: Eine besondere Beziehung haben die Amsterdamer zum Wasser. Denn der Boden, auf dem sie ihre Stadt errichteten, musste dem Wasser Stück für Stück abgetrotzt werden. Sie bauten Deiche, gruben Entwässerungskanäle und schütteten künstliche Inseln auf. Und sie rammten über fünf Millionen Pfähle in den schlammigen Untergrund, damit die Häuser auf festem Boden standen. Das verzweigte Netz der 165 Grachten diente zum Transport von Menschen und Waren. Amsterdam hat 1281 Brücken − somit mehr als Venedig − und 100 Kilometer Ufer. Bei schönem Wetter begeben sich viele Einheimische gerne aufs Wasser, tuckern mit Kind und Kegel durch die Grachten, die 2010 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurden. Einen interessanten Einblick in ein typisches Grachtenhaus und die Entstehung des Grachtengürtels gewährt das Museum Het Grachtenhuis an der Herengracht 386.

Fahrräder: Echte Amsterdamer sind mit dem Rad unterwegs. Die aus dem 17. Jahrhundert stammende Innenstadt wurde für Fußgänger, Pferd und Wagen gebaut, nicht für Autos. Die Straßen sind flach und kompakt, also ideal für Drahtesel. Rund 880.000 davon soll es hier geben, von denen pro Jahr etwa 150000 gestohlen werden. Amsterdam ist regelrecht zugeparkt mit Massen an Rädern. Neben den Stellplätzen an Straßen und Plätzen gibt es eigene Schiffe, an die man sein Rad ketten kann. Am Hauptbahnhof wurde extra ein Parkhaus nur für Räder errichtet, mit 2500 Plätzen auf drei Etagen. Viele Räder landen auch in den Grachten. Es heißt, dass die Wasserstraßen drei Meter tief sind, davon ist ein Meter Wasser, ein Meter Schlamm und ein Meter Fahrräder.

Käse: Die Herstellung von Käse hat in Amsterdam eine lange Tradition. Läden, wo das Milchprodukt verkauft wird, gibt es an jeder Ecke. Hier wird beispielsweise der traditionelle Old Amsterdam mittlerweile auch in exotischen Geschmacksrichtungen wie Wasabi und Chili sowie mit Trüffeln oder italienischen Kräutern angeboten. "Käse ist gesund, deshalb sind wir Holländer auch so groß", scherzt Ron Pieters, der in seinem historischen Laden an der Singelgracht 182 in einem einstündigen Schnellkurs viel über Geschmack, Aroma und Qualität zu erzählen weiß. Nachdem mehrere Sorten probiert wurden, verlässt man das Geschäft mit einem Diplom, das einen als Experten im Verkosten der Nationalspeise ausweist.

Museumplein: Amsterdam hat 51 Museen, aber rund um den weitläufigen Museumplein, der 1883 anlässlich der Weltausstellung angelegt wurde, gruppieren sich drei der wichtigsten Kunstmuseen des Landes. Neben dem Van-Gogh-Museum, das die weltweit größte Sammlung des Malers beherbergt, und dem futuristischen Bau des Stedelijk-Museums für moderne Kunst und wegweisendes Design ist vor allem das Rijksmuseum einen Besuch wert. Der "Louvre der Niederlande" wurde im April 2013 nach zehnjähriger Generalüberholung, die 375 Millionen Euro verschlungen hat, wiedereröffnet. Die Präsentation ist eine Reise durch die Geschichte der Niederlande vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Die 80 Galerien auf vier Stockwerken sind neben den Künsten auch dem Handwerk und der Geschichte des Landes gewidmet. Das wohl bekannteste der 8000 Exponate ist Rembrandts Bild "Die Nachtwache".

Negen Straatjes: Die Neun Sträßchen befinden sich im Zentrum und sind Seitenstraßen der Prinsen-, Keizers-, Heren- und Singelgracht, die den Grachtengürtel bilden. Zusammen formen sie ein malerisches Stadtviertel mit einer Vielzahl an Geschäften. Inmitten der historischen Kulisse findet man die schönsten Boutiquen und Antiquitätenläden, gemütlichsten Kneipen und Cafés, sowie die angesagtesten Bars. Abseits der bekannten Einkaufsstraßen mit ihren großen Modeläden und Fast-Food-Ketten herrschen hier Individualität und Originalität.

Coffeeshop: Rund 300 davon gibt es in Amsterdam. Statt Kaffee werden hier Haschisch und Marihuana konsumiert. Das Rauchen von Tabak ist dagegen wie in allen rund 1500 Kneipen und Bars der Stadt verboten, meist auch der Ausschank von Alkohol. Der Gesetzgeber duldet den Erwerb von maximal fünf Gramm sogenannter weicher Drogen pro Tag zum Eigenbedarf in Coffeeshops. Damit will man verhindern, dass Konsumenten weicher Drogen in die Kriminalität abrutschen und mit harten Drogen wie Kokain, Heroin und Ecstasy in Berührung kommen. Das Konzept scheint aufzugehen, die Zahl der Junkies in den Niederlanden zählt zu den niedrigsten weltweit.

Rotlichtviertel: Spärlich bekleidete Damen, die in rot beleuchteten Schaufenstern auf Freier warten – auch das ist eine der Attraktionen von Amsterdam. Das vor allem bei Einbruch der Dämmerung belebte Rotlichtviertel liegt an zwei der ältesten Grachten. Mitten im Gewirr der engen Gässchen steht die Oude Kerk, die älteste Kirche der Stadt, auch liebevoll das "Wohnzimmer von Amsterdam" genannt. Immer wieder gab es erfolglose Versuche, die Prostitution einzudämmen oder zu verbieten. Heute ist sie ganz pragmatisch offiziell als Gewerbe anerkannt, fällt unter die Steuerpflicht und das niederländische Arbeitsschutzgesetz.

Tulpen: Tulpen aus Amsterdam – dieser Schlager machte die Stadt populär. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte in Amsterdam ein regelrechter Kaufrausch bei den Tulpenzwiebeln ein. Der Handel mit den Blumen wurde zum großen Geschäft. Heute gibt es rund 600.000 Blumenzwiebeln in den Parks und Grünanlagen der Stadt, in der Prinsengracht 116 erfährt man im Tulip Museum alles Wissenswerte über die Nationalblume der Niederlande. Auf der Singelgracht befindet sich auf schwimmenden Markt-Kähnen der berühmteste Blumenmarkt der Welt. Hier gibt es das ganze Jahr über Unmengen an Zwiebeln für Tulpen in allen möglichen Farben und Formen. Es zeugt von der Geschäftstüchtigkeit der Amsterdamer, dass auch Startersets für den heimischen Anbau von Cannabis angeboten werden.

Anne Frank: Die lange Geschichte von Amsterdam weist auch dunkle Kapitel auf. Eines der traurigsten handelt von Anne Frank. Das jüdische Mädchen versteckte sich zwei Jahre lang mit seiner Familie im Hinterhof des Hauses in der Prinsengracht 263, ehe es im August 1944 von der SS verhaftet wurde. Anne landete schließlich im KZ Bergen-Belsen, wo sie im Frühjahr 1945 im Alter von nur 15 Jahren starb. Erhalten blieben ihre Aufzeichnungen aus der Zeit des Versteckens. Sie wurden zu einem der ergreifendsten Zeitdokumente über das Leben der Verfolgten während des Naziregimes und zu einem Weltbestseller: "Das Tagebuch der Anne Frank". Das Haus, in dem sich die Familie Frank verborgen hielt, ist heute als Museum Het Anne Frank Huis einer der größten Touristenmagneten. Mehr als eine Million Menschen pro Jahr besuchen die Gedenkstätte.

INFOAnreisen: Von Passau nach Amsterdam sind es mit dem Auto 870 Kilometer. Die A3 führt von Passau direkt bis zur niederländischen Grenze, danach geht es auf den gut ausgebauten niederländischen Autobahnen direkt in die Hauptstadt. Bequemer ist es mit dem Autoreisezug der Deutschen Bahn von München bis Düsseldorf, Informationen unter www.dbautozug.de, oder ohne Auto mit dem Nachtzug von München direkt nach Amsterdam, Informationen unter www.citynightline.de.

Übernachten: Das Art’otel Amsterdam liegt sehr zentral gleich gegenüber dem Hauptbahnhof und besticht durch modernes Design, ein kostenloses Frühstück und guten Service. Das im Oktober 2013 eröffnete Kunsthotel ist komplett mit Werken des Atelier Van Lieshout, eines niederländischen Künstlerkollektivs, eingerichtet. Es beherbergt auch eine stylische Bar, die ein beliebter Treffpunkt ist. Art’otel Amsterdam, Prins Hendrikkade 33, 1012 TM Amsterdam, Niederlande, 0031/(0)20/7197200, www.artotelamsterdam.com (in englischer Sprache).

Auskunft: Amsterdam Marketing, De Ruyterkade 5, 1013 AA Amsterdam, Niederlande, 0031/(0)20/7026100, www.iamsterdam.com (auch auf Deutsch).

Tipp: Mit der Iamsterdam City Card für 24, 48 oder 72 Stunden kann man die Höhepunkte der Stadt kostenlos oder zu stark ermäßigten Eintrittspreisen entdecken. Enthalten ist freier Eintritt in Museen, freie Fahrt in den öffentlichen Verkehrsmitteln und eine Gratis- Kanalrundfahrt.

Franz Aichinger, Redakteur der Passauer Neuen Presse, reiste auf Einladung von Amsterdam Tourismus.