Passau / Freyung
Dominik R.: Nebenklagevertreter findet späte Einlassung bedenklich

26.11.2017 | Stand 20.09.2023, 1:54 Uhr

− Foto: Pierach/Archiv

Der Prozess rund um den gewaltsamen Tod einer jungen Frau und Mutter aus dem Bayerischen Wald, der in der vergangenen Woche mit einem vorläufigen Urteil wegen Totschlags und einem Strafmaß von zwölf Jahren für den Angeklagten endete, sorgt für Gesprächsstoff in der Region. Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Dr. Ronny Raith mit Kanzlei in Deggendorf war in dem Prozess Vertreter des kleinen Sohnes, den Opfer und Täter gemeinsam hatten. Die "Am Sonntag" hat mit ihm nochmal über den Fall gesprochen.

Tatsächlich erscheinen einige Umstände eher befremdlich, die zur Einlassung der Verteidigung des Hauptangeklagten Dominik R. , die der Passauer Verteidiger Prof. Dr. Holm Putzke übernommen hatte, führten. So gab es nach Einsichtnahme aller Beweismittel und Zeugenaussagen nach neun (!) Tagen eine Einlassung des Hauptangeklagten − verlesen durch dessen Verteidigung − deren Bewertung dazu führte, dass aus dem Vorwurf des Mordes ein Totschlag wurde.

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Dass ein Strafverteidiger Prozesse und Mandanten nicht nach Popularität beurteilt, versteht sich − so Dr. Raith − von selbst und gelte natürlich auch für alle an dem Fall beteiligten Kollegen. Und natürlich sei man als Anwalt Prozessen, die Aufsehen erregen gegenüber nicht abgeneigt. "Dieser Fall ist vom grundsätzlichen Geschehen her ein Beziehungsdelikt, das sich so oder ähnlich sicherlich schon des öfteren zugetragen habe", sagt Raith. "Besonders sei der Fall aber durch das Nachtatverhalten des Angeklagten, der die Leiche in einen Plastiksack verpackt und versteckt hatte, gezielt Spuren verwischte, gemeinsam mit seinem Sohn noch einige Zeit mit der Leiche der Getöteten in der Wohnung verbrachte und deren Konto abräumte, Facebook-Posts absetzte und sich dann ins Ausland abgesetzt hatte." Wie Raith auch im Prozess betonte, sei sein Mandant, der kleine Luca, "missbraucht worden, um die Tat zu verschleiern".

Dass sein Mandant noch viel zu klein sei, um sich selbst ein Bild von den Vorgängen machen zu können oder gar das Urteil zu bewerten, verstehe sich von selbst, sagt der Anwalt. "Das Strafmaß ist für die Hinterbliebenen des Opfers auch gar nicht entscheidend, es geht schlicht und ergreifend darum, dass ein Mensch, eine junge Frau, eine Mutter getötet wurde. Kein Strafmaß der Welt kann sie wieder zurückbringen."

"Antworten haben sich mir in dem Prozess nicht erschlossen."

Dass es neun Prozesstage dauerte, bis sich der Angeklagte zu einer Einlassung bereit erklärte, dazu müsse sich jeder Beobachter seine eigene Meinung bilden. "Für mich ging es in dem Prozess darum, dass man dem kleinen Luca Antworten geben muss. Und diese Antworten haben sich mir in dem Prozess nicht erschlossen." Der Anspruch eines Anwalts müsse es immer sein, die Interessen seines Mandanten zu wahren. "Als Anwalt habe ich dafür zu sorgen, dass jeder Mandant ein rechtsstaatliches Verfahren erhält." Es sei immer Ziel, dass das Urteil der Tat und der Schuld angemessen ist. "Eine Einlassung am neunten Tag der Verhandlung halte ich aber zumindest aus menschlicher Sicht für bedenklich", sagt Raith.

In einem ganzseitigen Zeitungsinterview erläuterte Verteidiger Prof. Dr. Holm Putzke in der vergangenen Woche nicht nur seine Beweggründe, die Verteidigung von Dominik R., dem auch ein Pflichtverteidiger zur Verfügung stand, zu übernehmen. Dass ihm diese Verteidigung nicht nur Pluspunkte eingebracht hat, sieht Putzke demnach professionell. Dass man mit Antipathien konfrontiert ist, wenn man beispielsweise einen Mörder oder Totschläger verteidigt, kennt auch Anwalt Dr. Ronny Raith. Er betont im Gespräch mit der "Am Sonntag" nochmals, dass man gegen derlei Gesichtspunkte immun sein müsse. Es gehe darum, die Fakten zu beurteilen und sich nicht von Emotionen leiten zu lassen. Was den Umgang mit der Öffentlichkeit und die "Vermarktung" der Verteidigung anbelangt, dazu wolle er sich kein Urteil erlauben, sagt Raith diplomatisch.

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