Deggendorf/Bozen
Flüchtlingsbub allein auf Güterzug am Brenner: Eltern in Deggendorf

22.12.2017 | Stand 18.09.2023, 2:26 Uhr
Florence Reiter

Immer wieder werden Flüchtlinge auf Güterzügen aufgegriffen. Eine gefährliche Reise. − Foto: Archiv/dpa

Kurz vor dem Erfrierungstod steht ein fünfjähriger Junge aus Sierra Leone als ihn ein Schneeräumer am 13. November zufällig auf einem Güterzug am Grenzbahnhof Brenner entdeckt. Von den Eltern fehlt jede Spur. Dann stellt sich heraus, dass sie sich in einer Flüchtlingsunterkunft in Deggendorf befinden. Wie es zur Trennung von Eltern und Kind kam – ob durch unglückliche Umstände oder bewusstes Zurücklassen des Fünfjährigen ist bisher unklar. Die Ermittlungen laufen. Von Anfang an standen deutsche und italienische Behörden eng in Kontakt.

Der Bozener Jugendrichter Benno Baumgartner spricht von einem "nicht einfachen Fall" und einer "sehr komplexen Situation". Wie bei allen Minderjährigen in Notsituationen leitete das Jugendgericht, nachdem das fast erfrorene Kind gefunden worden war, ein Verfahren ein. Innerhalb weniger Tage haben die Behörden die Eltern des Jungen über 300 Kilometer nord-östlich vom Grenzbahnhof in Deggendorf ausfindig gemacht. Noch im Krankenhaus, zwei Tage nach seinem Auffinden, habe das Kind mit Hilfe einer Mediatorin in seiner Muttersprache Hinweise geben können, so die Bozener Jugendstaatsanwältin Antonella Fava. So erkannte der Junge seine Eltern auf Fotos. Die dafür notwendigen Informationen gelangten über Freiwilligenorganisationen aus Deutschland und Italien zu den italienischen Behörden.

Die Eltern seien in Deggendorf bereits zu dem Fall befragt worden, so Richter Benno Baumgartner. Bisher stehe fest, dass das Paar mit dem Fünfjährigen nach Italien gekommen sei. Weitere Erkenntnisse gebe es noch nicht. Bis zur endgültigen Klärung des Falles befindet sich der Junge in einem "ruhigen Umfeld" in der Obhut der italienischen Behörden, so der Jugendrichter. Gesundheitlich habe sich das Kind sehr schnell erholt. Das Gericht prüft die Umstände einer möglichen Familienzusammenführung. Eine Sprecherin der Regierung von Niederbayern teilte auf Nachfrage mit, dass eine italienische Amtsanwältin die Eltern in diesem Verfahren vertritt. Das Jugendamt Deggendorf ist eingeschaltet. Es habe Amtshilfe in Form einer sozialpädagogischen Stellungnahme geleistet, sagte ein Sprecher der PNP.

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