Waldkirchen/Passau
Bayerns größter Blitzermelder-Club

19.06.2011 | Stand 20.09.2023, 7:23 Uhr

Sie sind der Schreck vieler Autofahrer. Sie stehen gut getarnt bei Bushaltestellen, am Straßenrand oder blitzen aus Autos mit getönten Fensterscheiben: die mobilen Radarfallen der Polizei und kommunalen Verkehrsüberwachung. Junge Autofahrer aus Niederbayern haben nun den Spieß umgedreht: Sie blitzen die Blitzer − und mehr als 36 000 Autofahrer machen schon mit beim größten Blitzerwarndienst in Bayern.

Die Idee für das Projekt hatte Versicherungskaufmann Patrick Braun (25) aus Waldkirchen Anfang März. Damals fand im Stadtgebiet Passau eine angekündigte Blitzer-Offensive der Polizei statt. "Eigentlich war das alles keine große Sache", sagt Braun. Weil er beruflich viel unterwegs ist, wollte er seine Freunde über Standorte der Radarkontrollen warnen − und natürlich auch selbst darüber schnell informiert werden. Deshalb gründete er in Facebook die Seite "Blitzer999", in der Blitzer für die Landkreise Freyung-Grafenau, Passau, Deggendorf und Regen mobil per Handy oder vom Computer gemeldet werden. Facebook lag als Plattform nah: "20 Millionen Deutsche sind in dem Netzwerk aktiv, die meisten davon zwischen 18 und 35 Jahre alt", erklärt Braun.

Das Radio ist oft eine Stunde langsamer Die Seite fand selbst für den Gründer überraschend großen Anklang: "Innerhalb der ersten Tage hatten wir zuerst hunderte, dann schon tausende Teilnehmer", erklärt der 25-Jährige. Johannes Feuchter (25), selbstständiger Unternehmer, schlug daraufhin seinem Freund vor, das Projekt doch auszuweiten. Schließlich sei der Nachfrage anscheinend da und in Facebook verbreiten sich solche gute Ideen durch ein Empfehlungssystem wie ein Lauffeuer. Von einem Tag auf den anderen haben die beiden dann weitere Seiten für Landkreise in Niederbayern, Oberbayern und der Oberpfalz gegründet. Wieder mit durchschlagendem Erfolg: 36 000 Autofahrer umfasst die Internet-Gemeinschaft nun. Zum Vergleich: Der nach eigenen Angaben größte Verkehrsmelder-Club Bayerns, eine Initiative des ADAC und des Bayerischen Rundfunks, umfasst 14 000 Verkehrsmelder. Sie melden vor allem Staus. Die 36 000 Facebook-Nutzer hingegen melden bisher ausschließlich Blitzer und sind in ihrer Nische damit vermutlich die größte organisierte Gemeinschaft. Und auch bei der Schnelligkeit und der Masse der gemeldeten Blitzer sind sie anderen weit voraus, vermutet zumindest Patrick Braun: "Oft höre ich im Radio Blitzerwarnungen, die wir schon vor einer Stunde auf der Seite hatten. Und manche Radarkontrollen tauchen im Programm gar nicht auf." Mittlerweile gibt es in Facebook auch Nachahmer. "Diese haben aber nicht so viele Anhänger und somit auch kaum gemeldete Blitzer", sagt Braun, der die Seiten mit seinen Freunden nicht kommerziell betreibt. "Das Projekt soll immer kostenlos bleiben", erklärt auch Johannes Feuchter.

Kooperation mit der Passauer Neuen Presse Diesen kostenlosen und umfangreichen Blitzerdienst belohnen die Nutzer mit "Gefällt mir" und lobenden Kommentaren, was zu weiteren Teilnehmern führt: Monatlich wachsen die regionalisierten Blitzer-Seiten um bis zu 15 Prozent. Um den vielen Blitzermeldern Herr zu werden, haben sich Patrick Braun und Johannes Feuchter Unterstützung ins Boot geholt: Patrick Preis, Thomas Wirth, Matthias und David Freund, Peter Friedl und Julian Killersreiter, alle aus Freyung-Grafenau bzw. Passau sind Administratoren und helfen, die Warnungen zu filtern, bündeln und in einheitlicher Form weiterzugeben. "Das ist gar nicht so einfach", erklärt Braun, "schließlich müssen die Meldungen auf den Facebook-Seiten ständig kontrolliert und weitergeleitet werden. Das muss schnell gehen, weil die Blitzer meist nach wenigen Stunden wieder abgebaut werden." Oft seien die Blitzerwarner aber sogar so schnell, dass die Autofahrer mobile Radarkontrollen noch während der Aufbauphase melden. Ein Facebook-Nutzer zeigt sich in einem Kommentar begeistert: "Blitzer werden zu jeder Zeit auf der Seite gemeldet. Das finde ich super! Im Radio kommen die Warnungen nur zu bestimmten Sendezeiten."

Um den Ansprüchen der Autofahrer noch besser gerecht zu werden, hat sich die Gruppe Ende April weitere Unterstützung gesichert: Die Passauer Neue Presse ist seit 1. Mai offizieller Kooperationspartner der Facebook-Blitzerwarner. Gemeinsam wurde bereits eine Umfrage unter den bisherigen Teilnehmern durchgeführt, bei der es 1200 Rückmeldungen gab. 25 Prozent der Befragten gaben an, selbst schon Blitzer über Facebook gemeldet zu haben. Zwei Drittel haben schon von dem Dienst persönlichen Nutzen gezogen. Das Gesamturteil der Nutzer für die bisherige Arbeit fiel gut aus. "Wenn ich morgens in die Arbeit fahre, überprüfe ich vorher immer erst, wo die Blitzer heute stehen", lobte ein Autofahrer den Dienst. Genannte Verbesserungsvorschläge werden schrittweise umgesetzt.

Aktuelle Blitzer auf www.blitzer-news.de So haben sich einige Nutzer eine Differenzierung nach Landkreisen gewünscht. Das ist nun möglich: Einzelne Landkreise können nun im Internet über www.pnp.de/fb-blitzer für Facebook abonniert werden. Nutzer können sich dann dort über Blitzer aus den Landkreisen austauschen. Auch die Online-Redaktion der PNP wird dort aktiv Radarkontrollen melden. Viele Befragte aus Oberbayern und der Oberpfalz haben sich auch für eine Erweiterung des Angebots ausgesprochen. Auch dieser Wunsch wurde schon erfüllt: Weiße Flecken in diesen Bezirken gibt es nicht mehr.

Eine weitere Erneuerung: Die Radarfallen können nun auch ganz einfach außerhalb von Facebook aufgerufen werden. Die Blitzer sind für alle Internetnutzer auf www.blitzer-news.de aufgelistet und auch über das Mobilportal auf www.pnp.de von unterwegs bequem zu erreichen.