München
Von der Erbsünde bis zur Erlösung

16.12.2024 | Stand 16.12.2024, 8:00 Uhr |

Auf einer Fläche von 80 Quadratmetern erstreckt sich die Vesuvkrippe. Sie stand einst auf neapolitanischen Hausdächern, der Vesuv diente als reale Kulisse. − Foto: Marion Brucker

Über 60 Krippen sind im Bayerischen Nationalmuseum ausgestellt, darunter eine rund tausend Teile umfassende Papierkrippe aus Mähren und die weltweit wohl wertvollste neapolitanische, die mit kostbaren Materialien glänzt.
Rechts steht ein Hirte und strickt eine rote Socke, ein Stück entfernt davon erleichtert sich eine Kuh neben einer Tanne. Sie sind zwei von mehr als 1000 Figuren der Papierkrippe von Wenzel Fieger aus dem mährischen Trebitsch. Die Krippe stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist seit 1969 im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt. Es ist eine so genannte Heimatkrippe, und die Lieblingskrippe von Thomas Schindler, Referent für Volkskunde des Museums, weil an ihr viel abzulesen sei. „Natürlich, im Heiligen Land braucht Jesus keine Socke, aber die Darstellung verdeutlicht den Ansatz, das Heilige Geschehen in die eigene Welt, den eigenen Mikrokosmos zu übersetzen, um es verständlicher zu machen“, erklärt Schindler. Ein wesentliches Merkmal von Weihnachtskrippen sei eben der pädagogische Anspruch, den Menschen die Botschaft aus dem Lukas- und Matthäus-Evangelium näherzubringen.
Zudem befindet sich in der Fieger-Krippe eine derb humorige Figur. Sie gehöre kulturhistorisch in die Krippe, werde aber kaum in Ausstellungen gezeigt und sollte ursprünglich insbesondere Kinder dazu animieren, sich die Krippe genau anzuschauen und darüber den Bezug zum dargestellten heiligen Geschehen zu finden, sagt Schindler. Im Fall der Fieger-Papierkrippe ist es die sich erleichternde Kuh. „Es ist überhaupt nicht despektierlich gemeint, sondern Sich-zu-erleichtern ist ja ein ganz natürlicher Vorgang“, sagt Schindler. In der Krippenkunst und -kultur der vergangenen 200 Jahre sei dies durch die Kirche nicht sanktioniert gewesen – sie habe hingenommen, dass es das gibt.
Bis ins 19. Jahrhundert waren Krippen keine Privatangelegenheit für die gute Stube. Sie wurden nur in Kirchen, Klöstern und an Adelshöfen aufgebaut. Die Menschen gingen jeden Tag in der Weihnachtszeit in die Kirche, auch mehrfach, um das Weihnachtswunder veranschaulicht zu bekommen. „Die Krippe an sich ist ein Andachtsbild, das emotional ansprechen und die frohe Botschaft der Weihnachtszeit herüberbringen soll. Das haben die Leute gerne angenommen. Es war einfach schön, sie anzuschauen“, sagt Schindler.

Und die Krippe war keine statische Angelegenheit. Historisch betrachtet sei sie eine szenische Abfolge, die von Tag zu Tag anders aufgebaut wurde. Schindler weist auf ein nur mit einem Lendenschutz bekleidetes Paar aus einer Krippe aus Isareck im heutigen Landkreis Freising um 1700. Die meisten Besucher seiner Führungen erkennen es nicht und seien erstaunt, dass es sich um Adam und Eva handelt, die am 24. Dezember in der Krippe stehen. Es ist der Gedenktag der beiden. „Durch sie kam die Ursünde in die Welt. Es gab deswegen erst den Bedarf der Geburt Christi, der im weiteren Verlauf die Menschen von den Sünden erlöst“, erklärt Schindler.

Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Altbayerischen Heimatpost

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