Wenn Gott jemals sterben sollte, dann würden wir den heiligen Nikolaus zum Gott machen“, verkündet ein slawisches Sprichwort. So stürmisch haben ihn die Menschen geliebt. Dass Nikolaus einmal als der größte Heilige überhaupt galt und in der griechischen Kirche gleich nach der Jungfrau Maria im Kalender der Vollendeten genannt wurde, wissen nur wenige. Man verehrte ihn als Schutzpatron der Schiffer und Fischer, der Getreidehändler und Apotheker, ja sogar der Diebe und Räuber. Im vierten Jahrhundert hat es tatsächlich einen Bischof Nikolaus in Myra gegeben, an der Mittelmeerküste, die heute zur Türkei gehört.
Als die erste uns bekannte Lebensbeschreibung verfasst wurde, war Nikolaus freilich schon fast fünf Jahrhunderte tot und seine Gestalt irgendwo im Nebel der Geschichte verschwunden. Man erzählte sich, das große Vermögen, das ihm seine reichen Eltern hinterlassen hätten, habe ihn nicht hartherzig und geizig gemacht, sondern ihm die Möglichkeit eröffnet, bedürftige Mitmenschen zu unterstützen. Ein Traum habe die versammelten Bischöfe der Provinz bewogen, den angesehenen und beliebten Nikolaus zum Oberhirten der Provinzhauptstadt Myra zu wählen. Zur Zeit des Kaisers Konstantin sei das gewesen. An einem 6. Dezember um die Mitte des vierten Jahrhunderts sei er friedlich entschlafen.
Alles das lässt sich nicht beweisen; es ist nur sehr wahrscheinlich, sagen die Historiker. Sie verweisen auf das hohe Alter der einschlägigen Zeugnisse und auf die spätestens im sechsten Jahrhundert auch andernorts mit geballter Wucht einsetzende Nikolaus-Verehrung. Sein Kult verbreitete sich sehr schnell in der ganzen griechischen Kirche und dann auch in der westlichen Christenheit. In der Ostkirche hieß er „Retter der Welt“, „Engel auf Erden“, „zweiter Erlöser“.
Am Anfang der Nikolaus-Verehrung im Abendland jedoch steht ein abenteuerlicher Reliquienraub: Schiffer und Geschäftsleute aus Bari entführten seine Gebeine 1087 aus Myra nach Italien; Bari wurde ein Wallfahrtszentrum, das mit Rom und Santiago de Compostela konkurrieren konnte. „San Niccolo, prega per noi! − Heiliger Nikolaus, bete für uns!“, so rufen und singen Zehntausende entzückter Menschen auch heute noch, wenn sein Fest in Bari gefeiert wird, mit lichtergeschmückten Gondeln, Feuerwerk, Tanz und Musik und Jahrmarktsbuden.
Um 1500 zählen die Historiker bereits mehr als zweitausend Nikolauskirchen, -Kapellen, -Hospitäler und -Klöster in Europa. Vor allem in Frankreich wird Nikolaus zum Familiennamen (Nicot, Collot, Colson). Die Schiffer und Fischer beteten zu ihm, die Apotheker und Pfandleiher, ja sogar die Vaganten und Diebe, die freilich eine ganz besondere Bitte formulierten: „Heiliger Sankt Nikolaus“, riefen sie ihn bis in die Neuzeit an, „schütz uns vor Polizei und Arbeitshaus.“
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