Da ist kein Rasseln und Klappern vom schweren Schlüsselbund, wenn Veronika Endlicher morgens um 7 Uhr das Schloss aufsperrt. Den Beruf des Kastellans kennen die allermeisten nur aus den Geschichten um „Hui Buh – Das Schlossgespenst“. Ganz so ist es in Wirklichkeit nicht. Veronika Endlicher ist kein alter Mann, sondern gerade mal 45, und zudem ist nicht nur sie eine Frau, sondern auch ihre beiden Stellvertreterinnen. Und ein modernes Alarmsystem mit entsprechendem Schlüssel gibt es auf Herrenchiemsee auch.
Auf dem ersten Schiff, mit dem die Traunsteinerin in aller Frühe über den Chiemsee auf die Insel fährt, sind nur ein paar Mitarbeiter. Es herrscht morgendliche Ruhe im Schloss. Die Ruhe vor dem Sturm, denn im Hochsommer besuchen bis zu 2000 Gäste am Tag das Königsschloss, das Ludwig II. auf dem Eiland im Bayerischen Meer bauen ließ. Bevor sie eintreffen, muss Endlicher den Tagesablauf vorbereiten. Das gehört zum Job des Kastellans. „Ich bin die Schnittstelle zwischen externen Handwerkern, Veranstaltern und der Schlösserverwaltung“, so die Job-Beschreibung in aller Kürze. Zu tun gibt es viel: Dienstpläne für die 40 Mitarbeiter erstellen, Personalplanung, Texte für Führungen schreiben, Veranstaltungen vorbereiten, ein Auge darauf haben, ob ein Handwerker oder ein Restaurator beauftragt werden muss. In einem Schloss gibt’s immer was zu richten; im Moment steht der Unterbau der riesigen Badewanne, die eher einem Pool gleicht, an.
Die Kastellanin hat Zugang zu allen 70 Räumen und gut 29000 Quadratmetern Schloss. Das Privileg, auf eigene Faust und im eigenen Tempo durch die prachtvollen Räume streifen zu können, schätzt sie sehr. „Es ist ein Traumjob für jemanden, der Geschichte studiert hat. Und ich entdecke immer wieder was Neues.“ Dazu kommt, dass die 45-Jährige große Freude daran hat, ihr Wissen anderen Menschen zu vermitteln. Dass sie auch mal selbst eine Schlossführung leitet, lässt sie sich nicht nehmen. Zumindest im Winter, wenn weniger los ist.
Auf ihrer Runde durchs Schloss sieht die Kastellanin sofort, wo es was zu tun gibt. Diesmal ist es „nur“ eine Spinnwebe, doch ausgerechnet an einer so filigranen wie aufwendigen Uhr der Porzellanmanufaktur Meißen. Die muss weg, aber mit allergrößter Vorsicht. „Vor dem Porzellankabinett Ludwigs II. haben wir Schlossführer einen Heidenrespekt“, betont Veronika Endlicher. Besucher dürfen nur durch die offene Tür einen Blick in den Raum werfen, ihn aber nicht betreten. Ganz, ganz behutsam streicht sie mit einem Pinsel die Spinnwebe weg. Fürs richtige Vorgehen gab es eigens eine Einweisung durch die Restauratoren. Spinnweben und kleine Stäubchen entfernen darf Veronika Endlicher, doch wenn es ans tatsächliche Abstauben geht, müssen die Restauratoren der Bayerischen Schlösserverwaltung ran. Zu empfindlich und zu wertvoll sind die Porzellanstücke aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
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