Peter Pichler schwärmt von dem Zwei-Personen-Stück „Als lebten wir in einem barmherzigen Land“, für das er seit Ende Januar in den Münchner Kammerspielen engagiert ist, Melodien anreißt und krächzende Töne erzeugt auf einem nussholzfarbenen Kasten mit orangefarbenen Knöpfen. Es ist eines von drei Trautonien, auf dem der studierte Gitarrist spielt. Die beiden anderen stehen in seinem Studio in München, unweit des Olympiaturms, dort wo der gebürtige Bad Tölzer aufgewachsen ist.
Es ist sein Refugium, im Erdgeschoss eines Hauses, in dem es keinen stört, wenn er bis zu zehn Stunden am Tag auf seinem Instrument übt, umgeben von Dutzenden Gitarren, Fotos an den Wänden, Franz Schubert, Marlene Dietrich in Schwarz-Weiß und mittendrin über dem kleineren der beiden Trautonien, dem Volkstrautonium, ein Farbfoto mit Oskar Sala, daneben ein junger schlanker Mann mit schwarzen Haaren, schwarz gekleidet – Pichler. 1996 hat er den Musiker und Naturwissenschaftler Sala in Berlin besucht und sich von ihm das Trautoniumspielen zeigen lassen.
Pichler wollte mit Sala seine eigene Komposition umsetzen, mit dem Mann, der mit dem Trautonium rund 300 Filme vertont hat, darunter Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ von 1963. Pichler setzt sich an das größere der beiden Trautonien, das sogenannte Mixturtrautonium, ein Nachbau des Berliners Jürgen Hiller. Links von sich auf dem Laptop lässt er Hitchcocks legendären Film laufen, in dem Menschen von Vögeln angegriffen werden. Er dreht an einem der knapp 80 orangefarbenen Knöpfe. Es klingt zunächst wie Meeresrauschen. „Mit dem Rauschgenerator kann man den Flügelschlag der Vögel viel schrecklicher nachmachen als ihn echte Vögel haben“, sagt Pichler. Er erklärt, wie Sala zunächst das Probeflattern aufgenommen, und während er weitere Noten spielte, den aufgenommenen Abschnitt dazu einspielte. „Also elektronische Vögel fallen über die Menschheit her.“
Es war eine Glanzstunde für das Instrument, das gut 40 Jahre vorher von Friedrich Trautwein erfunden und nach ihm benannt worden war. Sala, Schüler von Paul Hindemith, der für das Instrument komponierte, hatte es später zum Mixturtrautonium weiterentwickelt. Pichler schwärmt, wie zukunftsorientiert die Menschen damals waren: „Sie wollten ein Instrument erfinden, das man direkt in den Äther schicken kann, ein elektronisches Instrument, den Sound für das elektronische Licht, die Wärme der Zentralheizung für die Musik.“ Es sollte die Flöte als Hausinstrument Nummer eins ablösen. Dafür hatte seit 1931 die Firma Telefunken gemeinsam mit Trautwein und Sala gearbeitet und 1933 ein neues Modell auf der Berliner Funkausstellung präsentiert. Pichler zeigt, wie er seines – ein rund zehn Kilogramm schwerer Nachbau – zusammenklappen kann. Mit Hilfe von Hindemith, der während seiner Zeit als Hochschullehrer in Berlin die Entwicklung begleitete, erschien dazu das Lehrwerk die „Trautoniumschule". „Die haben gedacht, Millionen werden es brauchen“, sagt Pichler.
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