Es ist ein trüber Vormittag im Januar, die Temperaturen gehen in die Minusgrade. Doch das hält den grünschwarz schillernden Luzifer und drei Hennen aus der Hühnerschar nicht davon ab, erwartungsvoll ins Freie zu rennen und Franziska Fischmann kopfnickend zu erwarten, die durch den 1200 Quadratmeter großen Garten mit altem Baumbestand inmitten einer Siedlung im Münchner Westen zu ihnen unterwegs ist.
In der linken Hand hält Fischmann eine Schale, in die sie alte Brötchen in Wasser eingeweicht hat, in der rechten eine mit Küchenabfällen für den Kompost. Begleitet wird sie von Balu, dem vierjährigen Australian Shepherd. Kaum hat sie die Schale auf den Boden neben dem Hühnerhaus gestellt, sausen auch schon die braunen Hennen darauf zu, Luzifer, der schwarze Hahn, hält sich im Hintergrund. Seine „Mädels“ picken die eingeweichten Brötchen, während zwei weiße Hennen nur zögerlich dazukommen.
„Die beiden haben sich nicht aus dem Stall getraut. Ich habe sie erst vor ein oder zwei Tagen das erste Mal im Garten gesehen“, sagt die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin. Die beiden Neuen stammen aus dem Westerwald von einer Ausstallung, sie verbrachten ihr Dasein in Bodenhaltung und sind zwei von 1300 Hennen, die Ende November vom Verein „Rettet das Huhn“ an Privatleute vermittelt wurden.
Einem der beiden Neuankömmlinge in München fehlen die Schwanzfedern, die andere Henne hat ein nacktes Hinterteil und trägt einen so genannten Hühnerpulli um den Körper, da, wo das Gefieder fehlt. Die Kleidung soll vor Kälte und Sonne schützen, was sonst die Federn übernehmen. Die entblößten Stellen sind die Nachwehen ihrer Zeit in der Tierindustrie. Hauptursache dafür sei das gegenseitige Bepicken unter den Artgenossen. Nach Angaben des Vereins haben die Hennen in den Betrieben keine andere Möglichkeit, ihr Erkundungsverhalten auszuleben. Auf engstem Raum verbringen die rund 45 Millionen Legehennen ihren Arbeitsalltag. „Es sind Legehybridrassen, die auf hohe Eierleistung ausgerichtet sind“, erklärt Michaela Reithmair, eine der bundesweiten Vermittlerinnen von „Rettet das Huhn“. Nach 16 bis 18 Monaten beziehungsweise rund 300 gelegten Eiern werden die Arbeitstiere, bevor die Legeleistung altersgemäß zurückgeht, ausgemustert und ins Schlachthaus gebracht.
Reithmair ist für München und Umgebung zuständig. Weil sie selbst keinen Garten hat – eine der Voraussetzungen, um ein Huhn aufnehmen zu können – engagiert sie sich dort seit fünf Jahren als Vermittlerin. Sie schaut, ob genügend Privatpersonen in der jeweiligen Region bereit sind, ausgestallte Hühner zu adoptieren. In ihrem neuen Zuhause leben die Tiere im Durchschnitt noch zwei bis drei Jahre, erklärt Reithmair, die beruflich als Leiterin einer heilpädagogischen Tagesstätte in München tätig ist.
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