In einem 160 Jahre alten Familienunternehmen zur sechsten Generation zu gehören, kann eine Last sein. Michael Kilger blieb eine solche Belastung erspart: Wie seinen Bruder drängten die Eltern auch ihn kein bisschen in Richtung Betriebsnachfolge. Seine Ferienjobs als Hilfsarbeiter in der Viechtacher Lederfabrik nutzte er, um Geld für sein erstes Mofa zu verdienen, nicht um sich an die Betriebsübernahme heranzutasten.
Und doch ist es dazu gekommen. Aus dem BWL-Studenten ist ein begeisterter Gerber und Gürtelmacher geworden. „Schuld“ daran sind wohl zwei Ledergürtel (Markenware!), die er als Jugendlicher von seiner Mama geschenkt bekam. An einem war nach vier Wochen die Schließe kaputt, der andere war nach zwei Monaten ausgefranst. Das weckte in dem Gymnasiasten den Ehrgeiz: Schließlich hatte er im Betrieb der Eltern Zugriff auf hochwertiges Leder. Er kramte eine Kiste mit Messern und Nadeln hervor und machte seinen ersten Gürtel. „Schee wara ned, aber trong hod man kinna“, erinnert er sich lachend. Dass er quasi aus dem Nichts einen alltagstauglichen Gürtel gebastelt hat, war eine Art Initialzündung: Praktika bei einem Sattler und einem Maßschuhmacher in Österreich befeuerten seine Passion für die Handarbeit mit Leder. Er wählte das Thema Leder-Manufaktur auch für seine Abschlussarbeit im Studium, die mit einer glatten 1,0 bewertet wurde. Jedes Wochenende war er in der Recherchezeit in der Fabrik. Er hatte ein konkretes Ziel vor Augen: einen perfekten Gürtel herzustellen.
Die Gerberei des Vaters nutzte er als Versuchslabor: Rindertalg schmelzen und auf das von Hand gefärbte Leder bügeln, Bienenwachs aufstreichen, glätten – viele Hundert Versuche waren nötig, bis das Leder den gewünschten Vintage-Look hatte, bis es gebraucht aussah und doch neu war. Sein Einstieg in die uralte Gerber-Kunst verlief konträr zum klassischen Weg einer Gerber-Ausbildung und eines Ledertechnik-Studiums. Michael Kilger packte diese Handwerkskunst vom fertigen Produkt aus an. Bei allem Experimentieren hält er aber am Kern der Kilgerschen Erfolgsmethode fest, der „vegetabilen Grubengerbung“ mit pflanzlichen Gerbstoffen, die zwar drei Monate dauert, aber besonders schonend und wassersparend ist und bei dem Leder von höchster Qualität entsteht.
Bis vor 20 Jahren ist in dem Viechtacher Traditionsbetrieb auf diese Weise fast ausschließlich Schuhsohlenleder gefertigt worden. Aber die Mode änderte sich: Sneaker wurden beliebter als Lederschuhe mit Ledersohlen. Und so orientierte Michael Kilgers Vater sich neu in Richtung Pferdesport. Schwerpunkt wurde Leder für Sättel. Viele Sattlereien in England verarbeiten Leder aus dem Viechtacher Betrieb. Jedes Jahr besuchen Michael Kilger und sein Vater diese Partner. In einer Sattlerei fiel dem Junior ein besonderes Leder im Regal auf: Wasserbüffelleder.
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