München
Alltag hinter Gittern

10.06.2024 | Stand 11.06.2024, 9:18 Uhr |

Geldverdienen ist ein Motivationsgrund für den 39-jährigen Häftling, in der Schlosserei zu arbeiten. Aber auch die Abwechslung vom Leben in der Zelle zählt für ihn. − Foto: Marion Brucker

Es riecht nach Holz und Leim. Vorne am Eingang steht ein halbfertiger Schrank. Janik Schulz (alle Namen der Inhaftierten aus Datenschutzgründen geändert) ölt eine der Schubladen im hinteren Teil der Schreinerwerkstatt, die 1200 Quadratmeter groß ist. Durch die hohen Fenster scheint die Morgensonne. Der 36-jährige Veranstaltungstechniker ist froh, hier arbeiten zu dürfen: „Es ist eine Ablenkung vom In-der-Zelle-Sitzen, und ich lerne das Eine oder Andere“, sagt er. Er ist einer von insgesamt mehr als 470 Häftlingen, die in der JVA München in rund 20 Betrieben arbeiten. Stadelheim, wie die JVA im Volksmund genannt wird, ist die größte der 36 bayerischen Haftanstalten.
Morgens um 6.55 Uhr geht es für die arbeitenden Inhaftierten vom Unterkunftsgebäude in die Werkstatt. Auch für den 24-jährigen Maximilian Schmidt und den 39-jährigen Raimund Müller. Beide sind für die Schlosserei bei Metallbaumeister Andreas Meßner eingeteilt. Zuerst werden sie aus Sicherheitsgründen überprüft − wie auch vor dem Gang in die halbstündige Mittagspause und danach. „Ich habe außer eines vergessenen Meterstabs noch nie etwas gefunden“, sagt Andreas Meßner. Hier gehe keiner raus und entwende eine Feile, um die Gitterstäbe anzusägen. Das seien Vorstellungen aus amerikanischen Krimis, meint der Leiter der Schlosserei. Er kenne die Straftaten, weshalb die Häftlinge einsitzen, trotzdem habe er kein mulmiges Gefühl, wenn er in die Werkstatt komme.

Seit 2005 arbeitet Meßner als einer von vier Meistern in der JVA-Schlosserei. Davor war er im elterlichen Betrieb beschäftigt. An der Wand in seinem Büro, das von der Werkstatt abgetrennt ist, hängt ein Teil seines Meisterstücks, darunter Aufträge. Maximilian Schmidt bearbeitet gerade einen davon. Der gelernte Schlosser bringt ein Abdeckblech an einem Tor an. Es ist für den Westbau der JVA und einer der Einzelaufträge. „Ich baue gerne Konstruktionen, Vordächer, Fenster und schweiße gerne“, sagt der 24-Jährige. Er schätzt an seiner Arbeit, wie „er aus nix etwas erschaffen kann. Das kann nicht jeder“, meint er. Er wolle sich außerdem weiterqualifizieren und einen Schweißkurs machen. Dadurch erhofft er sich nach dem Verbüßen seiner Haftzeit eine besser bezahlte Stelle.
Insgesamt zwölf Häftlinge können in der Schlosserei arbeiten. An diesem Morgen sind es elf. Raimund Müller ist auch darunter. Er finde es besser hier zu sein, als in der Zelle zu sitzen, und er könne Geld verdienen, sagt er. „Die Plätze in der Werkstatt sind sehr begehrt“, erklärt Meßner. Man müsse sich dafür bewerben. Es bedürfe einer gewissen Vorerfahrung in dem Bereich, aber es würden auch Leute ausgebildet. Meßner erzählt von einem Einzelhandelskaufmann, der umgesattelt und mittlerweile den Meisterbrief und seine eigene Firma mit vier Angestellten habe. Es sei eine der Erfolgsgeschichten. „Davon zehrt man“, meint Meßner. Er habe es bislang nicht bereut, nach Stadelheim gewechselt zu haben. „Die Leute bemühen sich und sind dahinterher, dass die Qualität passt“, sagt er.

Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Altbayerischen Heimatpost

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