Reise & Urlaub
Zuhause beim King des Rock ‘n’ Roll

21.01.2023 | Stand 25.10.2023, 10:52 Uhr

Das Herrenhaus (Mansion House) und die Ländereien Graceland hat Elvis 1957 gekauft. Nach seinem Tod erbte es Tochter Lisa Marie Presley. Sie baute das 14 Hektar große Anwesen zu mehreren Museen aus. −Fotos: Rabenstein

Von Edith Rabenstein

Graceland war das Herrenhaus der Musik-Ikone Elvis Presley. Dort starb er am 16. August 1977 im Alter von 42 Jahren. Er vererbte das Anwesen seiner Tochter Lisa Marie, die nach ihrem Tod nun an seiner Seite beigesetzt werden soll. Zum Geburtstag des „King of Rock ‘n’ Roll“ Anfang Januar war sie noch bei den Feierlichkeiten dabei.

Lesen Sie dazu auch: Tennessee - Ein Roadtrip voller Musik und Mondschein-Schnaps

Welcher Elvis-Fan träumt nicht davon, einmal in Graceland zu stehen, das Herrenhaus des Künstlers, seine Todesstätte zu sehen, aber auch zu erleben, wie dort mit dem Erbe umgegangen wird? Angekommen am Ziel der Wünsche: Graceland ist heute viel mehr als nur das Mansion House von Elvis Presley. Es ist ein funktionierendes Unternehmen, bisher geleitet vom einzigen Kind des Superstars, der Presley-Tochter Lisa Marie. Sie verstarb am 12. Januar überraschend nach einem Herzstillstand mit nur 54 Jahren.

Das gesamte Areal von 14 Hektar ist heute Presley-Land, könnte man sagen. Oder auch das Herz von Memphis. Alles dreht sich um Elvis. Die mit über 650000 Einwohner zweitgrößte Stadt des Bundesstaats Tennessee widmete sogar ihren Highway 51 South in Elvis Presley Boulevard um. Das tangiert aber den Presley-Fan, als den sich die Autorin gerne outet, nur am Rande. Viel mehr, dass hier alles bestens organisiert ist, um zum Objekt der Begierde zu gelangen. Vom Graceland-Zentrum gelangt man per Kleinbus zum Herrenhaus des Stars. So wird das Gebäude nie überlaufen.

Das Tor, mit Noten, Gitarre und der Silhouette des Musikers in Schmiedeeisen geschmückt, öffnet sich. Dann steht man endlich vor dem Mansion House. Im Gegensatz zu Prunk und Pracht der heutigen Stars nimmt es sich bescheiden aus. Die symmetrisch gebaute Villa mit den griechisch anmutenden Säulen und den zwei Löwen am Eingang hat Elvis Presley 1957 erworben. Da lagen schon gigantische Erfolge hinter ihm: „Heartbreak Hotel“, „Hound Dog", „Don’t Be Cruel“, „Jailhouse Rock“ und die erste vergoldete LP „Elvis Presley“. Dazu kamen TV-Shows, die Presley schlagartig international bekannt machten.

Der Junge aus den armen Verhältnissen in East Tupelo, Mississippi, wo er am 8. Januar 1935 geboren wurde, kaufte das Herrenhaus für sich und seine Eltern; besonders zu Mutter Gladys hatte er ein inniges Verhältnis. „That’s all right Mama“ – diesen Song widmete er ihr 1954. Er sollte der Beginn einer Weltkarriere werden.

Wer das Haus betritt kann sich mittels Audioführer, auch auf Deutsch, oder iPad orientieren. Erdgeschoss und Keller der Villa sind für die Öffentlichkeit besuchbar. Der heutige Zustand zeigt die Villa zum Todeszeitpunkt Presleys. Er hat zu Lebzeiten gerne umgebaut und sich damals bedeutende Künstler und Architekten als Ratgeber ausgesucht. Graceland nannte er sein Zuhause. Am glücklichsten sei er dort mit Ehefrau Priscilla und dem Töchterchen gewesen, hört man ihn später in Interviews sagen.

Das Erdgeschoss zeugt von Gediegenheit. Das Wohnzimmer wirkt edel, alles ist in Creme-Weiß gehalten. Das acht Meter lange Sofa wurde extra für diesen Raum gebaut. Der Musikraum mit weißem, kleinem Flügel liegt dahinter, getrennt sind die beiden Räume durch Glaselemente, die ein blaues Pfauenmotiv tragen.

Auf der linken Seite des Entrees liegt das Esszimmer: Der venezianische Lüster fällt sofort ins Auge, die edle Sitzgarnitur – und ein großer Fernseher, der vom Platz des Hausherrn gut zu sehen war. Wenn Tochter Lisa Marie in Memphis weilte, wurde in diesem Zimmer stets gespeist – auch darüber gibt der Audioguide Auskunft.

Der King residierte – und starb – ein Stockwerk höher. Das Obergeschoss ist tabu für Besucher. Offiziell heißt es, weil Elvis dort nie Besucher empfing. Hinter den Kulissen erfährt man jedoch: Man wolle keinen Tourismus zu Elvis Todesort. In seinem mit goldenen Wasserhähnen ausgestattetem Luxusbad ist der Superstar einsam gestorben. Wie ärztliche Berichte aufzeigten: an Medikamenten und Drogenmissbrauch.



Mississippi-Alligatoren beeinflussen das Design


Faszinierend ist das Untergeschoss. Dort liegen TV-Raum, Billardraum und der berühmte Dschungelraum. Der TV-Raum hat alles versammelt, was an damaliger Technik vorhanden war. Elvis hat sich dort gerne mit seinen Freunden aufgehalten, ebenso im Billardraum, der mit einer gefältelten bunten Wandtapete – man würde heute sagen: im Ethnolook verkleidet – war. Tiffany-Lampen hängen über dem Billardtisch. Der Höhepunkt im Souterrain ist ohne Zweifel das „Dschungelzimmer“, in dem zu Elvis’ Zeiten ein Wasserfall plätscherte. Das Mobiliar – von Schreinern angefertigt – ist kurios. Da ist ein Sofa, das wie ein Alligatoren-Körper anmutet. Tierpranken schmücken die Sessellehnen. Dazu muss man wissen: Was uns exotisch anmutet, war für Elvis Realität. Alligatoren sind weit verbreitet im Gebiet des Mississippi.

Unser Guide sagt, sie nehmen so überhand, dass sie nicht mehr unter Naturschutz stehen und getötet werden dürfen. Jährlich passieren viele Unfälle mit diesen Tieren, die vor allem Kindern gefährlich werden können. Wir fahren lange am Mississippi entlang. Vergeblich schaue ich nach dieser Krokodilart aus, deren Einfuhr lebender oder toter Tiere in die EU einer Genehmigung bedarf, ebenso wie die Einfuhr von Waren, die aus Teilen des Mississippi-Alligators hergestellt wurden. Hier allerdings haben zahlreiche Menschen Cowboyschuhe oder -stiefel aus Alligatorenleder an. Alles ist eine Sache der Perspektive …

Den Abschluss des Rundgangs nach den Stallungen (Elvis war Reiter und hatte mehrere Pferde) und des Racquetball-Gebäudes (seine Lieblingssportart) macht die letzte Station seines Lebensweges der Meditationsgarten. Dorthin zog er sich gerne zurück. Dort wurden Elvis und Mitglieder seiner Familie zur letzten Ruhe gebettet. Auch seinem tot geborenem Zwillingsbruder Jesse Garon ist ein Gedenkstein gewidmet. Auf Elvis’ Grab liegen Blumen und Teddybären. Ehrfurchtsvoll ziehen die Besucher vorbei, manche beten, manche singen. Ansonsten herrscht eine feierliche Stille.

Ihren eigenen Blick auf Graceland hat Sally (43), unsere Busfahrerin. „Graceland ist neben FedEx der größte Arbeitgeber hier“, sagt die Schwarze. „Ich bin stolz, hier zu arbeiten. Elvis ist einer der größten aller Zeiten. Ich habe einen guten Job – muss nur Leute hin- und herfahren. Alle sind berührt von Elvis und seiner Geschichte. Alle sind gut drauf.“ Ob sie auch seine Musik hört? „Ja. Ich finde ihn gut. Auch weil er mit Schwarzen musiziert hat und einmal in einem Schwarzen-Viertel wohnte. Er hatte keine Vorurteile – und seine Musik kommt von uns.“ Sie beißt in einen Hamburger und blickt zufrieden auf die Pferde, die auf Graceland grasen. „Lisa Marie gibt ihnen hier ein Gnadenbrot.“ Auch das sei gut.

Lisa Marie war die Erbin seit 1977; zunächst wurde das Anwesen von ihrer Mutter Priscilla, die sich nach sechs Jahren Ehe 1973 von Elvis scheiden ließ, verwaltet. Seit 1982 ist Mansion House ein Museum. Heute reiht sich eine Halle an die nächste. Jede ist einem anderen Aspekt des Künstlers Elvis Presley gewidmet.

Das spektakulärste der Museen ist das Presley Motors Automobilmuseum. Mehr als 20 Luxuskutschen sind hier versammelt. Darunter ist natürlich auch der rosafarbene Cadillac, den Elvis später seiner Mutter schenkte, oder der Rolls Royce Phantom 1960, der extra für Elvis angefertigt wurde, oder die Mercedes Benz 600 Gross Pullman Limousine mit sechs Türen, Fernseher und Sonnendach. Vor dem Museum stehen auch zwei Flugzeuge, die Elvis selbst geflogen hat. Spektakulär: „Lisa Marie“, eine Convair 880, mit einem Schlafzimmer, zwei Bädern mit 24-Karat vergoldeten Waschbecken und einem Konferenzraum.

Dem deutschen Fan fehlt „Muss i denn ...“

In einer anderen Halle gibt es Hunderte von Artefakten aus seiner Karriere zu sehen, etwa die erstaunliche Kollektion seiner Gold- und Platin-Schallplatten. Das größte und umfassendste Elvis-Museum der Welt zeigt auch eine Vielzahl von Bühnenkostümen. Ein Abschnitt widmet sich den Filmen von Elvis; über 30 hat er gedreht. Nicht alle kamen in Übersetzung nach Europa.

Ein besonderes Kapitel unter dem Titel „Private Presley“ wird Elvis und seiner Militärzeit gewidmet. Als 23-Jähriger war Presley im hessischen Friedberg stationiert. Eine Übung führte ihn nach Bayern auf den Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Der deutschen Besucherin fehlt – bei all den Filmen – ein musikalisches Dokument, das mit Elvis‘ Zeit in Deutschland verbunden ist: „Muss i denn, muss ich denn zum Städtele hinaus“ – seine einzige Aufnahme in Deutsch.

Abschied von Graceland. Elvis in Großformat scheint einem nachzublicken: dunkle Haartolle, markanter, sinnlicher Mund. Seine Musik, die durch die Hallen klingt und sein lasziver Hüftschwung, der in den Filmen zu sehen ist, werden bleiben.

Rund eine Million Besucher verzeichnet Graceland jährlich. Ja, man kann sagen, es wurde bisher mit dem Erbe gut umgegangen. Bei aller Geschäftstüchtigkeit der Erbin wurde das Andenken bewahrt – dem Musiker ein Denkmal gesetzt und seine Musik unsterblich gemacht. Anfang Januar gab es ein Special: Vier Tage lang feierte Graceland die „Elvis’ Birthday Celebration 2023“ mit vielen Events. Mit einem Film wurde das 50-jährige Jubiläum der Show „Aloha from Hawaii!“ begangen. Das Spektakel am 14. Januar 1973 war das erste live über Satellit in alle Welt übertragene Konzert.

Zur Party war auch noch Tochter Lisa Marie auf Graceland. Jetzt wird sie ein letztes Mal zurückkehren. Sie wird ihre Ruhestätte bei ihrem Vater und ihrem Sohn im Meditationsgarten finden. Sohn Ben Keough hatte 2020 im Alter von 27 Jahren Suizid begangen.

Wie es mit Graceland nach dem Tod der Managerin weitergeht, bleibt abzuwarten.


Autorin Dr. Edith Rabenstein erkundete Graceland bei einer privaten USA-Reise.


Graceland liegt in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee. Elvis’ Anwesen ist heute für seine herausragende historische Bedeutung als National Historic Landmark von der US-Regierung anerkannt und Pilgerstätte für Fans aus aller Welt.

ANREISEN
Verschiedene Fluglinien wie KLM, Delta oder American Airlines steuern Memphis von Deutschland aus über Atlanta oder Charlotte an.

ÜBERNACHTEN
Auf dem Gelände gibt es ein Gästehaus (Buchung unter guesthousegraceland.com möglich) sowie einen BBQ-Grill und ein Schnellrestaurant im Stil der 50er Jahre.

ÖFFNUNGSZEITEN
Graceland ist täglich geöffnet – mit Ausnahme der wichtigsten amerikanischen Feiertage wie etwa Thanksgiving. Hauptsaison ist von März bis Oktober (Montag bis Samstag 9 bis 17 Uhr, Sonntag 9 bis 16 Uhr). Im November öffnet Graceland täglich von 9 bis 17 Uhr. Von Dezember bis Februar ist an Dienstagen die Mansion geschlossen, die Plazaattraktionen sind von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Angeboten werden sechs verschiedene Touren durch Graceland.

www.graceland.com