Kosten und Tipps
Mit der Segeljacht kreuz und quer durchs Inselmeer

26.08.2024 | Stand 27.08.2024, 14:14 Uhr |

Die Stopps entlang des Segeltörns laden immer wieder zu Landgängen ein – spektakuläre Blicke auf die kroatische Inselwelt inklusive, wie hier auf Žut. − Fotos: Johannes Geigenberger 

Ein Urlaub auf einer Segeljacht? Das ist nicht nur was für Superreiche. Mit Freunden oder der Familie ein Boot für eine Woche chartern, das können mit der Hilfe von Skippern wie den beiden Passauern Tommy Ritzau und Tom Resch auch Normalos ohne Segelerfahrung – zum Beispiel in Kroatien.

Wo sind die Schildkröten? Ich stehe in der Marina von Biograd, einem hübschen kroatischen Urlaubsort, und halte Ausschau nach bunten T-Shirts mit Schildkröten-Logo. Sie gehören zu Thomas „Tommy“ Ritzau und Thomas „Tom“ Resch. Mit den beiden Passauern von „Türtley Sailing“ werde ich eine Woche auf Segeltour gehen. Am Himmel krähen die Möwen, es riecht nach Salzwasser und Sonnencreme.

Ich bin froh, als ich die beiden dank Handy im Trubel des Hafens finde – um mich herum wuseln dutzende Menschen, die voller Vorfreude Ravioli und Frühstücksmarmelade, aber auch Chips und Dosenbier an Bord der Boote hieven und sich dabei auf Bayerisch und Österreichisch unterhalten. „Ist samstags hier immer so viel Trubel?“, frage ich die Skipper – beide braun gebrannt und eine coole Sonnenbrille auf der Nase. „Ja, denn dann übernehmen die neuen Mannschaften die Boote“, erklärt mir Tom und ich lerne: Die wenigsten Boote werden nur von ihren Besitzern genutzt. Stattdessen vermieten die Bootsbesitzer sie wochenweise an andere Crews – „verchartern“ nennt man das. Es ist ein wenig so wie Camping auf dem Meer.

Segeln ist nicht nur Schickimicki

Durch das Spalier der Masten hindurch erreichen wir die „Lupela“, die die beiden für mich und fünf andere Segler ausgesucht haben. Das Schiff gefällt mir auf Anhieb: Es ist blau und weiß gestrichen, an Deck flattert die Flagge von „Türtley Sailing“. „Warum eigentlich eine Schildkröte als Erkennungszeichen?“, frage ich. „Sie strahlt Gelassenheit und Gemütlichkeit aus“, erklärt mir Tom. „Und darum geht’s uns beim Segeln, und nicht um Schickimicki.“

Das wird auch für die kommenden sieben Tage gelten: Gemeinsam mit zwei Pärchen und einem weiteren Einzelreisenden kreuzen wir durch die kroatische Inselwelt. Wohin genau, das entscheiden die Crewmitglieder. Tommy weist uns zunächst einmal in dem geräumigen Schiff ein. Fünf Kabinen gibt es, dazu vier Nasszellen mit Toilette und eine große Küche mit Sitzecke. Die benutzen wir aber vor allem als Ablage. Die nächsten Tage werden wir, wann immer es geht, an Deck sitzen, ratschen, Schach spielen und auch das eine oder andere Bier trinken.

Doch so gemütlich es die meiste Zeit an Bord zugehen wird – Tom und Tommy lassen keinen Zweifel daran, dass Sicherheit an oberster Stelle steht. Deshalb nehmen sich die beiden am Anfang des Trips viel Zeit für die Sicherheitseinweisungen an Bord.

Bei der Ankerwache ist jedes Crewmitglied einmal dran

Als keine Fragen mehr offen sind, heißt es Leinen los – und wir lassen den Hafen von Biograd hinter uns. Wir haben uns dafür entschieden, nach Süden zu segeln, Richtung Krka Wasserfälle. Das bedeutet allerdings, dass wir in den wenigen Stunden Tageslicht, die uns bleiben, keinen anderen Hafen oder eine Boje erreichen können, an der wir festmachen können. Stattdessen ankern wir in einer Bucht nahe der Insel Murter. Dort beobachten wir, wie die Sonne langsam im Meer versinkt, während wir uns die Nudeln mit Tomatensoße schmecken lassen, die uns Tommy gekocht hat. Weit und breit kein anderes Boot – und ich bemerke sofort einen der größten Vorteile, die man bei einem Urlaub auf dem Segelboot hat: Hat man einmal den Trubel des Hafens hinter sich gelassen, hat man das Meer für sich.

Der Preis dieser Einsamkeit ist die Ankerwache: „Denn trotz aller Technik: Es kann durch Strömung oder Wind immer passieren, dass sich ein Anker auch wieder losreißt“, erklärt Tommy und teilt nacheinander ein: Jedes der Crewmitglieder muss für ein oder zwei Stunden an Deck aufpassen, dass das Schiff nicht in Bewegung gerät. Ich habe Glück und kann in meiner Schicht von 1 bis 2 Uhr früh mit jemand anderem Wache halten. Beim Reden vergeht die Zeit wie im Flug – zwischendrin genießen wir einfach nur die Stille unter einem atemberaubenden Sternenhimmel.

Den „größten Pool der Welt“ immer dabei

Nach Sonnenaufgang lassen wir die Badeplattform herunter und springen in das türkisblaue Wasser für ein Morgenbad – und starten in den Tag ganz ohne Gerangel um die besten Plätze am Hotelstrand. „Bei uns am Boot hast du immer den größten Pool der Welt dabei“, kommentiert Tommy, warum gerade auch Familien gerne mit den beiden Passauern in See stechen. Dann setzt Tom für alle sagenhaft guten Kaffee auf.

Nach dem Frühstück hissen wir zum ersten Mal die Segel. Obwohl ich keinerlei Erfahrung habe, bin auch ich sofort fasziniert – und beobachte beeindruckt, wie sich unser Boot durch die richtige Position der Segel mit bis zu 20 km/h in Bewegung setzt. Dabei haben wir nicht mal Rückenwind, sondern „kreuzen“: Das bedeutet, dass der Wind von der Seite kommt und wir einmal links, einmal rechts am Wind segeln, um dennoch im „Zickzack“ unserem Kurs nach Süden zu folgen. Auch ich darf immer wieder das Steuer übernehmen – und fühle mich großartig dabei, ein Schiff, das 30 Tonnen wiegt, nur mit Hilfe des Winds über die Wellen zu steuern.

Ich gebe allerdings zu: Durch die Schräglage wird mir plötzlich etwas mulmig. Bin ich am Ende doch ein wenig seekrank? Als es zur Brotzeit einen eigentlich sehr leckeren Thunfischsalat mit Oliven gibt, wird mir kurz übel. „Liegt sicher an der Olive“, meine ich peinlich berührt. Doch Tom steht glücklicherweise mit Koffeintabletten bereit, die die Übelkeit sofort vertreiben.

Es ist das einzige Mal in der ganzen Woche, dass ich darauf zurückgreifen muss. Stattdessen genieße ich das Leben auf dem Boot in vollen Zügen. Das Sonnenbaden an Deck mit Blick aufs Meer und die anderen Segelboote um uns herum, die auf den Wellen tanzen. Genauso taugt mir das Lachen und Ratschen mit meinen Mitseglern, die – obwohl wir uns erst so kurz kennen – schnell zu Freunden werden. Und mir gefällt, wie wir fast jeden Tag ein neues Ziel ansteuern – davon viele, die man mit dem Auto gar nicht erreichen könnte.

Plötzlich tauchen Delfine neben uns auf

Zum Beispiel die Kornaten, ein Nationalpark, der aus unzähligen schroffen, kaum bewohnten Inseln besteht. Vor dem Fischerort Vrulje machen wir an einer Boje fest und übernachten – für mich der schönste Stopp auf der ganzen Reise. Am nächsten Morgen setzen wir zum Ufer über und besteigen den höchsten Punkt der Insel. Die Kornaten breiten sich nun vor uns aus wie ein bunter Teppich aus Blau, Grün und Ocker.

Als wir weitersegeln, tauchen am bekannten Leuchtturm von Sestrice plötzlich zwei Delfine neben uns auf. Anmutig kommen sie zum Luftholen aus dem Wasser, lassen sich fotografieren und tauchen dann wieder unter. „Es ist wirklich faszinierend“, meint Tommy. „Obwohl es nur wenige hundert Delfine in der ganzen Adria gibt, sehen wir fast jedes Mal welche.“ „Wundert mich nicht“, denke ich mir. „Delfine und Schildkröten, das passt einfach.“


INFORMATIONEN

Tom und Tommy haben sich 2011 bei einem Segelkurs kennengelernt und gehen seitdem ihrem Hobby gemeinsam nach. Familien und Freundeskreise können die beiden als ihre Skipper buchen. Ganz individuell sucht man sich dafür ein Segelrevier aus und die beiden Passauer wiederum chartern dort dann ein Boot. Die Charterkosten werden durch die Zahl der Mitsegler geteilt. Große Boote bieten Platz für bis zu zwölf Personen. Tom und Tommy belegen die Boote aber mit Absicht nicht voll, damit jeder genug Privatsphäre hat und Einzelreisende – die sich ebenfalls anschließen können – in einer eigenen Kabine übernachten können. Die Charterpreise variieren je nach Saison und Revier, los geht es bei 1350 Euro pro Person für eine Woche.

DIE BORDKASSE

Neben den Kosten für den Platz auf dem Boot muss man die Unkosten einrechnen. Dazu gibt es eine Bordkasse, in die jeder Teilnehmer einzahlt, und mit der Ausgaben beglichen werden – zum Beispiel für Einkäufe oder die Gebühren für den Liegeplatz in der Marina. Als Zeichen der Wertschätzung lassen die Crewmitglieder die Skipper nicht in die Bordkasse einzahlen und halten sie auch bei Restaurantbesuchen frei. Bei diesem Törn lag der Anteil an der Bordkasse pro Kopf bei 350 Euro.

JACHTVERMITTLUNG

Zusätzlich zum Angebot mitzusegeln bietet „Türtley Sailing“ auch Jachtvermittlung weltweit für Leute mit Segelerfahrung an. Daneben segeln Tom und Tommy auch in der Flottille. Das bedeutet, dass die Skipper andere Crews, die – nach bestandener Segelprüfung – zum ersten Mal ein Boot chartern, „begleiten“. „Gerade beim ersten Mal ist die Verunsicherung bei vielen Seglern groß“, erklärt Tom. „Deshalb bieten wir an, dass wir mit unserem Boot eine ähnliche Route wie die Neulinge wählen. So sind wir bei Problemen immer in ,Rufbereitschaft‘.“

tuertley.de


Redakteur Johannes Geigenberger sammelte auf Einladung von Türtley Sailing erste Erfahrung auf einer Segeljacht.

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