Reisereportage
Im Waldviertel die Adventszeit in Ruhe genießen

14.12.2024 | Stand 14.12.2024, 5:00 Uhr |

Rund um den Hundertwasser-Brunnen findet alljährlich auf dem Hauptplatz in Zwettl ein Adventsmarkt statt. Der Künstler Friedensreich Hundertwasser lebte oberhalb von Zwettl in einer alten Mühle .

Im Weinviertel und im Waldviertel sind ab November zwar viele touristische Angebote runtergefahren. Aber gerade die Ruhe dieses Landstrichs macht aus dem Advent wirklich eine „staade Zeit“.

Auch wenn der zweite Advent am letzten Wochenende keinen Schnee brachte, war das Weinviertel für Harald Pollak ein „Winter-Wonderland“. Der Zauber der Vorweihnachtszeit lasse sich auf den Adventsmärkten der Region wie kaum wo anders erleben, findet der Wirt vom Retzbacherhof im kleinen Unterretzbach und Obmann des Vereins „Niederösterreichische Wirtshauskultur“. Er sagt das nicht nur, weil er sich selbst für die „kleinen, feinen“ regionalen Adventsmärkte begeistert, sondern auch, weil er weiß, dass die Zahl der Gäste, die Weihnachtsflair fernab vom Trubel genießen wollen, von Jahr zu Jahr wächst. „Hier kommt nichts aus dem Kanister, Glühwein und Punsch sind selbst gemacht. Es wird kein Ramsch angeboten, man legt Wert auf hochwertige, meist handwerklich hergestellt Ware“, versichert Pollak.

Eine Besonderheit des Weinviertels sind die Adventsmärkte in den Kellergassen. In den Presshäusern, wo einst der Wein reifte, bummelt man von Keller zu Keller, verkostet Wein, trinkt Glühwein vom gelben Muskateller, nascht vom Selbstgebackenen oder stärkt sich mit dem hausgemachten Bratl. In Hadres nahe der tschechischen Grenze befindet sich die längste Kellergasse Europas. Auf einer Länge von 1,6 Kilometern sind Stände entlang der 400 alten Presshäuser und Keller aufgebaut, leuchten Fackeln und Kerzen, wärmen Feuerkörbe, laden erleuchtete Kellerröhren ein, eine kleine unterirdische Welt kennenzulernen. An zwei Markt-Wochenenden kommen bis zu 20 000 Besucher, die sich in der langen Kellergasse gut verteilen.

Von Wein bis Handwerk: Jeder Markt ist anders

Spannend kann ein Besuch des Adventsmarktes in Retz sein, wo es einen „Advent drüber“ und einen „Advent drunter“ gibt. Der Hauptplatz ist komplett unterkellert – und dort sind im „Erlebniskeller“ neben Kunsthandwerk und Weinproben auch Führungen im größten historischen Weinkeller Österreichs geboten.

Im Waldviertel findet an diesem Wochenende (14. und 15. Dezember) unter anderem die Werkstatt-Weihnacht statt, wo viele Handwerksbetriebe ihre Türen öffnen. In Zwettl war bereits Adventsmarkt, aber ein Abstecher lohnt sich auch ins an einer Flussschleife des Kamp gelegenen Zisterzienserstift Zwettl, wo besondere Adventsführungen geboten sind.

Das Waldviertel und das Weinviertel sind Regionen, die entdeckt werden wollen. Nicht nur im Sommer, wo es sich vortrefflich wandern oder radeln lässt. Jetzt, in der kalten Jahreszeit, gewinnt die Kulinarik an Bedeutung. Ein Beispiel: Der Waldviertler Karpfen, ein beliebtes Gericht zu Heiligabend in Österreich, lässt sich auf vielfältige Weise zubereiten. Reinhard Sprinzl, einstiger Kastellan der Wasserburg Heidenreichstein, weiht als Experte für Fischzucht und begeisterter Koch bei Workshops in der alten Burgküche wissbegierige Hobbyköche in die Feinheiten der Karpfenzubereitung ein. Fischteiche gibt es im Waldviertel seit dem Mittelalter, aktuell sind es über 3000. Sprinzl schwört auf „brutal regional“ und auf Nachhaltigkeit. Nie käme es für ihn in Frage, nur das Filet des Drei-Kilo-Karpfens zu verwenden, der zu Beginn des Workshops in ganzer Pracht vor ihm liegt. „Wer allein die Filetstücke verwendet, weiß nicht, dass dieses oft trocken und langweilig schmeckt, weil die großen Gräten nicht mitgegart wurden“, erklärt Reinhard Sprinzl, während er den Karpfen mit einem selbst gebastelten Werkzeug schuppt: An einem Holzstück hat er drei Kronkorken befestigt, womit sich die Schuppen mühelos beseitigen lassen. Sprinzl schneidet Stücke für Tatar (den er mit Waldviertler Roggenwhiskey, Salz und Pfeffer würzt) und Carpaccio zurecht. Mit schelmischer Freude erklärt er, dass Essigmarinade die leidigen Fischgräten verschwinden lässt. Bevor die ausgelösten Filetstücke angebraten werden, liegt der Rest des Karpfens bereits im großen Kochtopf für die Fischsuppe. Eine Spezialität des Waldviertels ist mit Mohn panierter Fisch. „Drei Dinge muss man essen, wenn man ins Waldviertel kommt“, erklärt Sprinzl: Erdäpfel, Graumohn und Karpfen.

Die Leute wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen. Das weiß auch Gastronom Harald Pollak. Die Herkunft (noch) transparenter zu machen, nennt der 51-Jährige als wichtiges Ziel der niederösterreichischen Wirtshauskultur. „Einerseits machen wir das freiwillig, andererseits fordern es die Gäste intensiv ein, was eine neue Umfrage bestätigt“, berichtet Pollak, dass im Februar 2024 ein „Markenprozess“ auf den Weg gebracht wurde. Man hat sich Leitprinzipien gesetzt, zu denen unter anderem die intensive Kooperation mit Landwirten und Tourismusschulen gehört. Mit dabei seien alle 200 Wirtshauskultur-Betriebe, vom Dorfgasthaus bis hin zum Dreihauben-Restaurant. Das Selbstbewusstsein der Gastronomen in Niederösterreich sei gewachsen, sagt Harald Pollak. Ein Auslöser dafür: der Wein.

Wo sich das Weinviertel von seiner modernen Seite zeigt

Der modernste Weinbaubetrieb Niederösterreichs ist das Bio-Weingut Gruber in Röschitz. Die Geschwister Ewald und Christian Gruber und Maria Wegscheider bewirtschaften den Betrieb im nördlichen Weinviertel in dritter Generation und sind seit 2013 Biobetrieb. Authentische Bioweine zu keltern, hat sich die Familie Gruber auf die Fahnen geschrieben. Seit April 2024 werden die Produkte im neu gebauten Weingut präsentiert. Direkt neben der alten Kellergasse ist ein moderner Bau entstanden, bei Führungen kann man die auf Granitböden gewachsenen Weine verkosten. Eine Million Flaschen werden jährlich abgefüllt. 60 Prozent gehen in den Export, berichtet Maria Wegscheider, die fürs Marketing zuständig ist. Sie muss nicht lange überlegen, wenn sie ihren Lieblingswein aus den 25 verschiedenen Produkten benennen soll: Es ist ein Grüner Veltliner, der Ried Reipersberg, mineralisch-würzig, im Geschmack nicht zu üppig und pfeffrig im Abgang.

Ein Kurzurlaub in Niederösterreich ist stets ein Erlebnis abseits der Massen. Im Winter natürlich ganz besonders. Die vielen Angebote zwischen Tradition und Innovation zu entdecken, kann mit dem Besuch der Adventsmärkte beginnen. Und wenn man schon mal da ist: unbedingt die süßen Mohnnudeln probieren.


Redakteurin Carmen Keller recherchierte mit Unterstützung von Niederösterreich Werbung im Waldviertel und Weinviertel.


Das österreichische Waldviertel, altertümlich Viertel über dem Manhartsberg, ist der nordwestlichste Teil des Bundeslandes Niederösterreich und zeichnet sich durch ursprüngliche Naturgebiete aus. Wälder, Moore und Teiche durchziehen die Landschaft. Das Weinviertel ist Österreichs größtes Weinanbaugebiet.

ANREISEN
Am unkompliziertesten reist man mit dem Auto an. Zwettl ist ab St. Pölten mit dem Bus zu erreichen. Retz ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln über Wels und Wien/Meidling zu erreichen.

ÜBERNACHTEN
Ipp Hotels in Niederösterreich: Schwarz Alm Zwettl ab 143 Euro pro Person inkl. Fünf-Gang-Abendmenu und mehreren Serviceleistungen oder I’m Inn Zwettl (Hotel zum Brauhaus) ab 138 Euro pro Nacht für zwei Personen. Landgut Althof Retz ab 145 Euro pro Person inkl. Fünfgang-Candlelight-Dinner und mehreren Serviceleistungen.

niederoesterreich.at/advent

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