Ein Hausboot verbindet die Menschen, die darauf und darin leben – auch wenn es vielleicht nur für kurze Zeit ist. Wenn die Besatzung harmoniert, ist es eine gute Art, im Urlaub zu entschleunigen – wie eine Tour durch das Burgund beweist.
Unlängst war im TV-Programm wieder mal der Spielfilmklassiker „Hausboot“ angekündigt. Dabei waren aber auch eher private Dinge zu lesen. Unter anderem, dass der Hollywood-Star Cary Grant der noch jungen Kollegin Sophia Loren wenige Monate vor dem Filmdreh 1958 einen Hochzeitsantrag gemacht hat, den die Film-Diva aber erbost ablehnte, weil sie bereits mit ihrem späteren Mann liiert war. Auch der 30 Jahre ältere Schwerenöter Grant war etwas ungehalten ob dieser Abfuhr. Nichtsdestotrotz sollten die beiden im Film bestens harmonieren und dokumentieren, dass das Leben auf so einem kleinen schwimmenden Domizil doch irgendwie vereint und verbindet und Glücksgefühle freisetzt. Auch wenn’s damals wohl dem Drehbuch dieser Liebeskomödie geschuldet war.
Freizeit-Kapitäne ohne Führerscheine
Im realen Urlaubsleben hingegen bringt so ein Hausboot-Dasein meist echte Glücksgefühle, sofern man es mit der Entschleunigung und der Entdeckung ungewohnter Land- und Wasserstriche ernst nimmt. Wichtigste Grundvoraussetzung: Die Chemie untereinander auf diesen wenigen Quadratmetern Wohn-, Schlaf-, Koch- und Aufenthaltsfläche muss passen. Und freilich ebenso die Aufgabenteilung – vom verantwortlichen Freizeit-Kapitän über die geeigneten Versorger in der Kombüse bis hin zum nicht minder wichtigen Matrosenpersonal, das bei Anlegemanövern oder Schleusenpassagen fürs Anleinen sorgt. Greift alles ineinander, steht erinnerungswürdigen Urlaubstagen von Familien und Freunden wenig im Wege.
Zum Beispiel in der Region Burgund inmitten Frankreichs und entlang der Saône – ein schönes gastfreundliches Fleckerl, das bekanntermaßen den kulinarischen Genüssen nicht fremd ist und an Land reichlich Haltestationen anbietet, um in charmanten Orten das Savoir-vivre zu genießen.
Schnell sind zwei Crews – in diesem Fall eine achtköpfige Journalistentruppe – in St. Jean-de-Losne, der Basis von Le Boat, dem Anbieter von Hausboot-Touren, instruiert. Flugs ist man – ohne jegliche Führerscheinpflicht – mit den technischen Dingen an Bord sowie, weitaus wichtiger, dem Manövrieren und Navigieren des knapp 14 Meter langen Boots vertraut. Und schon geht es hinaus in die Praxis auf die Saône.
Hat man sich als Kapitän an die Eigenheiten des gut 12 km/h schnellen Gefährts, das auf Ruder-Aktionen erst 30, 40 Meter später reagiert, gewohnt, kann man sich auch auf wunderbare Szenerien rechts und links des Ufers in viel unberührter Natur einlassen. Die Aussichten vom Oberdeck aus liefern architektonische Juwele, gefiederte Begleiter im Flug oder am Ufer oder auch mal durstige Kuhherden, die im Wasser gegenüber Spalier stehen. Hinzu kommen freundliche Fischer, die schon mal als Erste winken und ebenso winkende Hausboot-Kollegen auf der Retourroute. Positive Stimmung allerorten – Entschleunigung in Reinkultur. Diese Mischung bietet viel Genuss für die Sinne, ist Balsam für die Seele.
Runterkommen beim Fortkommen ist wahrlich die Philosophie dieser Urlaubsvariante. Und Flexibilität ist ein weiteres angenehmes Prinzip dieser Wassertour. Soll heißen: Dort verweilen, wo es in der Marina Platz gibt und Interessantes und/oder Leckeres an Land. Bei der komprimierten Journalistentour sind dies nach den 30 bis 40 Kilometer langen Tagesetappen auf Wasser die malerischen Saône-Orte St. Jean-de-Losne, Verdun-sur-le-Doubs, Chalon sur Saône und Seurre (nahe des Senf-Dorados Dijon).
In traditioneller Atmosphäre kann man in Verdun-sur-le-Doubs die Spezialität des Städtchens, die berühmte Pochouse Verdunoise (Süßwasserfisch-Suppe), genießen, aber auch burgundische Spezialitäten wie Petersilienschinken, Fischfritüre, Froschschenkel, Coq au Vin und gereifte Käsesorten – präsentiert von einem erinnerungswürdigen Patron und bunten Charakter namens Robert Liégeon.
Tags darauf gibt es eine informative Führung im geschichtsreichen Chalon sur Saône, der mit rund 45000 Einwohnern zweitgrößten Stadt im Burgund. Unter anderem lockt dort neben einem historischen Stadtzentrum mit bunten Fachwerkhäusern ein faszinierendes modernes Museum, das dem Erfinder der Fotografie Nicéphore Niépce gewidmet ist. Es zeigt einige der ersten Kameras und Farbfotos, die jemals produziert und entwickelt wurden. Anschließend gibt es für die Hausboot-Novizen eine Weinprobe bei der charmant-schlagfertigen Winzerin Caroline Fyot, die ihren gut dotierten Managerjob für ein ganz neues Metier aufgab und im Chateau de Garnerot, einem Weingut aus dem 18. Jahrhundert, nun ihrer neuen Passion nachgeht.
Passt die Crew-Chemie, passt meistens auch der Rest
Beim nächsten Landgang und einem kurzen Transfer nach Dijon folgt die moderne Variante, die Feinheiten der Region zu goutieren: „Cité de la Gastronomie et du Vin“ – seit 2022 eine europäisch einzigartige Ode an die Gastronomie in Frankreich. 6000 Quadratmeter Ausstellungs- und Geschäftsfläche mit Workshops von namhaften Spitzenköchen, Ausstellungen, Verkostungen – ein gastronomisches Dorf mit Restaurants, Kino und modernen Läden, wo freilich auch das Senf-Sortiment der Region in aberdutzenden Varianten nicht fehlen darf.
Es gibt für Urlauber wahrlich viel zu sehen und zu schmecken. Zwischendurch wachsen täglich bei der Hausboot-Truppe die Stimmung und Routine an Bord und an Land. Morgendlicher Baguette-Kauf des oder der Erstaufgestandenen, während der oder die Zweitaufgestandene schon mal den Tisch im Salon deckt, Kaffee macht und Frühstück kredenzt. Und abends wird im Kollektiv rund um den Außengrill auf Oberdeck fleißig aufgelegt.
Das Fazit der bunt zusammengewürfelten Journalistenrunde mit Teilnehmern zwischen 27 und 81 Jahren, die sich auf dem schwimmenden Domizil kennen und schätzen lernte, war ein unerwartet positives. Wie gesagt, die Chemie der Crew muss passen – egal ob Freunde, Paare, Familien oder Journalisten. Der erholsame Rest kommt auf der Route dann von ganz alleine . . .
INFORMATIONEN
Die französische Region Burgund ist ein beliebtes Reiseziel für Freunde des Ökotourismus und Kulturbegeisterte, die gerne die Welt der Weingüter (1247 Herkunftsgebiete) und burgundischen Spezialitäten entlang der Flüsse und Seen zwischen mittelalterlichen Dörfern und erstklassigen Anbaugebieten erkunden.
ANREISEN
Per Bahn und ab Frankfurt mit dem französischen Schnellzug TGV nach Besançon; dann per Transfer zur Hausboot-Basis St. Jean-de-Losne.
HAUSBOOT
Le Boat verfügt über die größte Auswahl an führerscheinfreien Bootsfahrten auf Europas Wasserwegen: über 900 Hausboote in vier Komfortklassen für zwei bis 12 Personen in Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande, Irland, England, Schottland sowie Kanada. Mietdauer: drei Tage bis drei Wochen. Infos und Preisbeispiele unter www.leboat.de.
burgund-tourismus.com
citedelagastronomie-dijon.fr
Redakteur Christian Karl war auf Einladung von Le Boat und Atout France unterwegs.
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