Filmreifes Rimini: Alles andere als Teutonengrill

27.05.2023 | Stand 12.10.2023, 10:16 Uhr

Wenn die Abendsonne die Altstadt in rotes Licht taucht, zeigt sich Rimini von seiner schönsten Seite. Die 2000 Jahre alte Tiberius-Brücke verbindet das Fischerdorf Borgo San Giuliano mit dem Zentrum. −Fotos: Fischl

Von Eva Fischl

Teutonengrill. Dieser Ruf verfolgt Rimini und andere Badeorte an der unteren Adria. Doch abseits der Strände versteht nicht nur die Heimatstadt von Filmikone Federico Fellini zu glänzen. Ein Streifzug durch eine unterschätzte Region.

Genau 50 Jahre ist es her, dass Italiens Meisterregisseur Federico Fellini seiner Heimatstadt Rimini mit „Amarcord“ eine Oscar-prämierte Liebeserklärung machte. Das Grand Hotel an der Promenade, das Fulgor-Kino, die Piazza Cavour – all diese Orte haben Fellini geprägt und machen Rimini heute zum großen Freilichtmuseum für den berühmtesten Sohn der Stadt.

Beim Spaziergang durch die Altstadt wird schnell klar: Hier hat sich ein Ort neu erfunden. Am zweifelhaften Ruf vom Teutonengrill mag vielleicht zur Hochsaison noch etwas dran sein – entlang der Strände reiht sich nach wie vor Bagno an Bagno. Doch abseits weißer Plastikliegen hat Rimini das Klischee abgestreift.

Heute atmet die 160000 Einwohner zählende Stadt an jeder Ecke „Cultura“ und italienisches „Dolce Vita“. „Früher hat ein halber Tag für einen Stadtrundgang gereicht“, sagt Stadtführerin Monia Magalotti schmunzelnd. Mittlerweile müsse man mindestens einen Tag einplanen, um nur die wichtigsten Ecken der Stadt zu erleben. Dafür schwingt sie sich mit ihren Gästen gerne aufs Rad. „Die Strandpromenade wurde renoviert, wir haben viele neue Museen und Plätze“, erzählt Magalotti. Wie das „PART“-Museum mit gestifteten Werken von Damien Hirst oder Julian Schnabel. Auf der Piazza Cavour davor finden regelmäßig Open-Air-Konzerte statt, bei denen die ganze Stadt ausgelassen feiert. Ums Eck ist in einer mittelalterlichen Festung das Fellini-Museum eingezogen.

Apropos feiern: Das machen die Einheimischen besonders gerne im hippen Ausgeh- und Wohnviertel Borgo San Giuliano, in das man von der Altstadt über die 2000 Jahre alte Tiberius-Brücke gelangt. In die bunten Gassen des alten Fischerdorfs, in denen Fellini aufwuchs, locken heute nicht nur gute Restaurants, sondern bemalte Häuser, auf denen Künstler ikonische Fellini-Figuren verewigt haben – da grüßt „Casanova“ von der Wand und ums Eck küsst Anita Ekberg Marcello Mastroianni im Trevi-Brunnen.

Auch ein beliebtes Fotomotiv: die goldenen Nashörner aus dem Film „Schiff der Träume“. Eine Skulptur steht im Garten des Grand Hotels an der Promenade. Der mondände Bau aus der Belle Epoque zog Fellini als Kind magisch an. Später reservierte man für ihn dort lebenslang die Suite Nr. 315, in der er vor 30 Jahren an einem Schlaganfall starb. Warum der Meisterregisseur Rimini schon vor 50 Jahren ein filmisches Denkmal setzte? Beim Streifzug durch seine Stadt wird alles klar.

Perle im Hinterland

Nur zehn Minuten Autofahrt von Rimini entfernt liegt das bezaubernde Städtchen Santarcangelo di Romagna – weniger Trubel wie in den Badeorten, aber umso mehr italienisches Flair. Die Restaurants servieren authentische lokale Küche, das Gelato auf der großen Piazza schmeckt besonders gut. Hier lässt es sich entspannt durch die mittelalterlichen Gässchen hinauf zur Burganlage schlendern. Der Aufstieg wird mit einer tollen Aussicht auf Rimini und die Region belohnt.

Santarcangelo – mit seinen gut 10000 Einwohnern im Hauptort – liegt übrigens auf der Via Emilia, einer Verkehrsader aus der Römerzeit, gebaut 187 vor Christus. Auf 262 Kilometern verbindet sie von Nord nach Süd Kunststädte wie Piacenza, Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna, Forlí, Cesena und Rimini. Die berühmte Tiberius-Brücke markiert den letzten Abschnitt der Via Emilia.

Da Vincis Adria-Hafen

Gewusst? Kein Geringerer als Universalgenie Leonardo da Vinci hat den Hafen von Cesenatico geplant. Die Skizze ist bis heute dort zu bewundern. Imposant wirken auch die alten Segelschiffe vor dem Schiffsmuseum, das die Identität des Ortes als Fischerdorf erklärt. Heute ist Cesenatico nicht nur bei Badegästen beliebt – auch Radsportler zieht es jedes Jahr zu den Rennen in den Geburtsort von Rad-Legende Marco Pantani.



Auge in Auge mit Brigitte


Das älteste Exemplar ist 23 Jahre alt, heißt Brigitte und sucht das Rampenlicht. Im Aquarium von Cattolica ist das Sun-Tiger-Shark-Weibchen die ungekrönte Königin. „Sie liebt es, wenn die Leute Bilder von ihr machen“, verrät Mitarbeiterin Maria. Und das machen viele. Denn die Anlage ist die größte ihrer Art an der Adria und lockt das ganze Jahr über unzählige Besucher an. Mehr als 10000 Fische und andere Tierarten haben dort ein Zuhause – vom großen Rochen, der sich streicheln lässt, bis hin zu Piranhas, deren messerscharfe Zähne sich hinter dicken Glasscheiben entspannt beobachten lassen.

Der letzte Badeort in der Emilia Romagna – hinter der Stadtgrenze von Cattolica beginnen schon die Marken – hat zwar den kleinsten und vermutlich am engsten bebauten Strand von allen. Doch auch dieses lebhafte Städtchen mit seiner hübschen Altstadt-Kulisse versprüht großen Charme.


Ressortleiterin Eva Fischl machte bei einer privaten Italienreise Halt in Rimini, unterstützt von der Tourismusorganisation Emilia Romagna.


Rimini liegt im Süden der italienischen Region Emilia Romagna an der Adriaküste. Wie Perlen an einer Kette reihen sich dort die Badeorte aneinander, von den Lidi di Comacchio ganz im Norden über Cesenatico bis Cattolica im Süden. Im bergigen Hinterland von Rimini liegt auch der Kleinstaat San Marino, eine der ältesten Republiken der Welt.

ANREISEN

Mit dem Auto über den Brenner dauert die Anreise etwa neun bis zehn Stunden. Rimini ist aber aus Bayern auch gut mit dem Zug erreichbar und hat auch einen eigenen Flughafen – benannt nach Fellini.

ÜBERNACHTEN
Von den zwölf Badeorten der Emilia Romagna weist Rimini mit 213000 Gästebetten und 1400 Hotels die größte Angebotsdichte auf – da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ein nettes 4-Sterne-Hotel – das Hotel Life – liegt zum Beispiel im Vorort Viserbella an der Strandpromenade, Infos unter www.hotellife.it/de.

PROBIEREN
Was für das restliche Italien die Pizza ist, ist in der Emilia Romagna die Piadina – ein traditionelles Fladenbrot, das variantenreich belegt wird. Streetfood kann so lecker sein!

emiliaromagnaturismo.it