Im Rocky Mountain National Park wird die Natur mit all ihrer Kraft und Schönheit spürbar. Auf der spektakulären Trail Ridge Road im Bundesstaat Colorado beginnt eine Reise, die die Vielfalt dieser beeindruckenden Berglandschaft zeigt.
Die Schönheit der Natur zeigt sich hier von ihrer rauen Seite. Der trockene Wind stellt sich in den Weg, wie eine undurchdringbare Wand, er bläst in alle Richtungen gleichzeitig, er schubst herum, rüttelt an einem. Schneeflocken toben im Wind, die bittere Kälte frisst sich gnadenlos in den Körper. Steinig und sandig schlängelt sich der Weg entlang der kargen Hochgebirgslandschaft. Moos und Flechten klammern sich an den Boden, vereinzelt sind Schneefelder zu erspähen. Im Hintergrund aber erstreckt sich das spektakuläre Panorama, das die Dimension der gewaltigen Bergkette erahnen lässt. Die Gipfel, in all ihren braunen Schattierungen, in all ihrer majestätischen Größe, beherrschen den Horizont.
Die alpine Tundra, die höchste Vegetationsstufe der Rocky Mountains, 3700 Meter über dem Meeresspiegel und weit oberhalb der Baumgrenze, lässt kaum Pflanzen gedeihen, nur ganz wenige Tiere wie das widerstandsfähige Schneehuhn können sich in den extremen Lebensbedingungen auf dem Dach der Rockies bewähren. Eisige Kälte, meterhoher Schnee und orkanartige Winde bestimmen im Winter das Leben in der Steppe. Es ist der höchste Punkt auf der Fahrt entlang der Trail Ridge Road, der höchstgelegenen durchgehend befestigten Straße Nordamerikas, die sich im Rocky Mountain National Park von der Stadt Estes Park auf der Ostseite nach Grand Lake im Südwesten erstreckt.
Von den tiefen Wäldern bis hin zur alpinen Tundra
Auf dem Weg nach oben zeigt sich das geografische Spektrum des Nationalparks – mit bezaubernden Ausblicken, sanften Tälern, malerischen Seen und schroffen Berggipfeln. Der höchste davon ist der Longs Peak, mit 4345 Metern einer der 58 Berge im US-Bundesstaat Colorado, die über 14 000 Fuß, also mehr als 4250 Meter, über dem Meeresspiegel in die Höhe ragen. „Wir nennen sie hier draußen die ,Fourteeners’ – und einige der verrücktesten Wanderer versuchen, alle 58 zu besteigen“, erzählt Bergführer Jerry Swider. Den Nationalpark durchquert die kontinentale Wasserscheide: Während Regen und Schmelzwasser auf der Ostseite in den Atlantischen Ozean fließen, befördert der Colorado River, der auf der Westseite von schmelzendem Schnee gespeist als winziger Bach entspringt, das gesamte Wasser in den Pazifik.
Immer wieder taucht man auf dem Weg nach oben in neue Welten ein. Noch ist alles grün entlang des Thompson River zum malerischen Bear Lake, die Wälder sind dicht mit Kiefern und Pappeln bewachsen. Anders als der See wird der Deer Mountain seinem Namen gerecht, denn direkt am Straßenrand tauchen auf dem Weg hinauf vier Maultierhirsche mit ihren typischen großen Ohren auf. In der Ferne ragt das monströse Geweih eines Elchs aus dem dichten Gebüsch. Etwas weiter oben säumen die ikonischen Amerikanischen Espen in ihrem leuchtend gelben Herbstkleid den Wanderweg zum See. Dort kommt gerade rechtzeitig die Sonne raus, die Landschaft zeigt sich zum letzten Mal auf dem Weg nach oben von ihrer sanften Seite. „Hier erlebst du wirklich alle vier Jahreszeiten an einem Tag“, sagt Swider.
Die verschiedenen Ökosysteme des Nationalparks ermöglichen eine besondere Artenvielfalt: Rund 70 Säugetierarten und 300 Vogelarten leben im 1915 gegründeten Nationalpark. Auf dem Weg zum See huscht ein gestreiftes Backenhörnchen hinter einen Felsen, nicht weit davon pickt ein Diademhäher, dessen blau-schwarzes Gefieder wie ein Edelstein in der Landschaft glänzt, Samen aus dem Boden. Hier ist greifbar, was John Denver bewegte, als er mit „Rocky Mountain High“ einst seine Ode an die Kraft, die Schönheit und Anmut der Gebirgskette verfasste. Je weiter die gewundene Trail Ridge Road hinaufführt, desto kleiner werden die Bäume, bis sie schließlich ganz verschwinden. Auch die Temperatur nimmt merklich ab. Ein braunes Straßenschild zeigt an, was sich hier in allen Facetten fühlen, spüren, erleben lässt: „Two miles above sea level“, zwei Meilen oberhalb des Meeresspiegels.
Urbanes Flair trifft auf Abenteuerlust
Genau eine Meile weiter unten auf einer Seehöhe von 1600 Metern trifft in Denver am östlichen Fuße der Rockies urbanes Flair auf Abenteuerlust. Die einstige Goldgräbermetropole ist inzwischen das Basecamp für all die Naturfreunde, die zum Wandern, Klettern, Radfahren, Skifahren, Snowboarden, Schneeschuhwandern, Langlaufen, Raften, Angeln oder Campen in die Berge aufbrechen. In der charmanten „Mile High City“ mit ihren roten Backsteinfassaden sind die nahe gelegenen Berge nicht nur zu sehen, wenn sich gleich hinter der Stadtgrenze der Longs Peak zeigt, sie sind auch zu spüren, denn hier findet man ein entspanntes Lebensgefühl. „Relax – you’re on mountain time“ ist in der Hauptstadt des Bundesstaats Colorado immer wieder zu hören. Auch das Klima ist von den Bergen geprägt: „Der ganze Regen und Schnee werden auf den höheren Teilen der Berge abgeladen, Denver bekommt einfach, was übrigbleibt. Aus diesem Grund hat die Stadt im Durchschnitt 300 Sonnentage im Jahr“, erklärt Swider. „Allerdings ist das Wetter hier sehr launisch, es ändert sich sehr schnell. Dem Wetterbericht kann man erst am Tag selbst vertrauen.“
Bewohner und Besucher sind jedoch nicht nur entspannt, sondern zugleich äußerst aktiv. Ab Mitte Oktober zieht es Wintersportler nach Denver, innerhalb von zwei Stunden erreicht man von dort zahlreiche Skiresorts von Loveland und Winter Park über Breckenridge und Copper Mountain bis zu Beaver Creek und Vail, der Heimat der Ski-Ikonen Mikaela Shiffrin und Lindsey Vonn.
Mindestens die Hälfte aller Touristen komme nach Denver, um etwas draußen zu unternehmen, sagt Tourismusexperte Justin Bresler. „Wir sind eine Outdoor-Stadt, hier möchte jeder draußen unterwegs sein.“ Es ist die besondere Mischung aus dem pulsierenden Rhythmus der Stadt und der wilden Natur, die die Menschen anzieht. „The best of both worlds“, nennt Bresler es. Und so unterschiedlich diese beiden Welten auch sind, so faszinierend sind sie zugleich.
Redakteurin Julia Pickl reiste auf Einladung von Visit Denver und erlebte die wilde Natur der Rocky Mountains.
Imposante Sportarenen wie die Ball Arena des aktuellen NBA-Meisters Denver Nuggets oder das Empower Field at Mile High des dreimaligen Super-Bowl-Champions Denver Broncos, eine angesagte Bar-, Brauerei- und Streetart-Szene im RiNo Art District, ein großes Kulturangebot wie im Denver Art Museum und das Tor zu beeindruckenden Naturlandschaften wie dem Rocky Mountain National Park oder dem berühmten Amphitheater im Red Rocks Park: Denver, die Hauptstadt des US-Bundesstaats Colorado, bietet ein abwechslungsreiches Programm für alle Jahreszeiten.
NATIONALPARK
Der Rocky Mountain National Park liegt etwa 100 Kilometer nordwestlich von Denver, Zugänge gibt es nahe der Stadt Estes Park auf der Ostseite oder in der Kleinstadt Grand Lake auf der Westseite des Parks. Für den Zutritt ist ein gebührenpflichtiger und zeitgebundener Pass erforderlich. Die Trail Ridge Road ist von Ende Mai bis Ende Oktober geöffnet. Weitere Infos gibt es unter www.nps.gov/romo.
ÜBERNACHTEN
Vom The Maven Hotel zwischen Gastroviertel Dairy Block, Union Station und dem Baseballstadion Coors Field sind viele Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar. Infos: www.themavenhotel.com.
www.denver.org
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