Beim Aktivurlaub in Bad Aibling kommen neben der Bewegung auch Genuss und Kultur nicht zu kurz.
Die Berge sind zwar immer im Blick, aber die Höhenmeter halten sich sehr in Grenzen. Auf Feldwegen geht es durch Wiesen und Wälder zügig dahin. Kein Verkehrslärm, kaum andere Radler. Fast fühlt sich das an wie fliegen – den komfortablen Leih-E-Bikes des Hotels sei Dank. Radl-Guide Marco Petri hat ganze Arbeit geleistet. Eine Genusstour in schöner Landschaft mit ein wenig Kultur und Kulinarik, aber ohne große Anstrengung war gewünscht. Die ersten Kilometer ab Bad Aibling verläuft die Strecke flach neben der Mangfall – an diesem heißen Spätsommertag immer schon mit Blick auf die wohl beste Badestelle für die verdiente Abkühlung nach der Tour.
Schnell ist die Wallfahrtskirche Weihenlinden erreicht. Eine Pause braucht’s eigentlich noch nicht, aber zu verlockend sind die schattigen Sitzbänke. Ein kurzer Besuch in der dreischiffigen Basilika, die aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt, lohnt. Die Renovierung wurde erst vor wenigen Jahren abgeschlossen, Wände und Decke leuchten in frischer Farbpracht. Wer seine Trinkflasche bereits leer hat, kann sie an der Gnadenquelle im Wandelgang an der Nordseite auffüllen. Das Wasser soll laut Überlieferungen für Wunderheilungen verantwortlich sein. Es sei, so steht auf einer Tafel geschrieben, „grundsätzlich trinkbar“, werde aber nicht regelmäßig amtlich geprüft. Wir riskieren es, schließlich kommen seit Jahrhunderten Pilger und Hilfesuchende von fern und nah, um das heilende Wasser zu trinken.
Bayerische Biergärten wie aus dem Bilderbuch
Nur ein paar Mal in die Pedale getreten, dann ist vom kleinen Weihenlinden aus das noch viel kleinere Högling erreicht. Der Satteldachturm der Pfarrkirche St. Martin ist von weither sichtbar, doch diesmal sparen wir uns die Besichtigung, denn die Höglinger Hauptsehenswürdigkeit ist der Dorfplatz mit seiner 1000-jährigen Gerichtslinde. Der Stamm der Linde ist hohl, ein Erwachsener findet locker darin Platz und kann nach oben durchs grüne Blätterdach in den Himmel blicken.
Bei Schloss Maxlrain kreuzen sich zahlreiche Rad- und Wanderwege. Das mächtige Schloss im Stil der bayerischen Renaissance mit seinen fünf Zwiebeltürmen ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Dafür der dazugehörige Biergarten. Für uns hat Radlguide Marco etwas Ruhigeres abseits der Massen ausgesucht. Am Golfplatz vorbei, durch einen moosigen Märchenwald, und schon ist der Wirt von Dred in Jarezöd erreicht. Ein Bilderbuch-Biergarten: Kastanienbäume, gute Brotzeit und lokales Bier. So muss es sein – ob das nach 22 Kilometern, zumal mit dem E-Bike, schon verdient ist? Wen juckt’s!
Über ruhige Nebenstraßen mit Bergpanorama vor Augen schließt Marco die Runde zurück nach Bad Ailbling. Jetzt locken sie wirklich, die Kiesbänke in der Mangfall. Das kühle, aus dem Tegernsee abfließende Wasser ist genau die richtige Erfrischung an so einem Tag.
Aiblinger Kurpark blieb durch eine Finte der Bürger erhalten
Für einen kurzen Streifzug durch die Bad Aiblinger Innenstadt reicht die Zeit immer noch. Wasserreich ist die Stadt, ständig plätschert und fließt es neben einem. Statt bayerischen Bauernhäusern mit Lüftlmalerei prägen Villen aus der Zeit um 1900 das Stadtbild. Bad Aibling war schon immer Verwaltungssitz, nicht bäuerlich geprägt, das sieht man. Drei Kirchen gibt es zu besichtigen, und im alten Amtsgerichtsgebäude wurden vor rund 55 Jahren die Gerichtsszenen für die Fernsehserie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ gedreht. Herzstück ist der auf einer Insel gelegene Kurpark. Er ist ausdrücklich eine Oase der Ruhe; Freizeitaktivitäten auf dem Rasen sind nicht erlaubt. Dass der Kurpark überhaupt noch erhalten ist, ist einem gewieften Ortsverschönungsverein zu verdanken. 1904 sollte die gesamte Fläche bebaut werde. Die Ortssatzung schrieb aber vor, dass nicht gebaut werden darf, wo Bäume stehen. Kurzerhand gab es eine nächtliche Pflanzaktion. Und 120 Jahre später ist der Kurpark immer noch Kurpark, dominiert von inzwischen prächtigen Buchen.
Die 20 000-Einwohner-Stadt im Landkreis Rosenheim, zwischen Chiemsee und Oberland gelegen, ist Bayerns ältestes Moorheilbad. Rund die Hälfte der Urlauber kommt, um etwas für die Gesundheit zu tun, erklärt Kurdirektor Thomas Jahn. Sei es mit klassischer Kur oder Aktivurlaub mit Fahrrad oder Wanderschuhen.
Von gemütlich bis anstrengend ist alles zu haben. „Bewegung auf drei Ebenen“, nennt Jahn das. Die erste Ebene – in der Ebene – bietet zahlreiche Möglichkeiten entlang der Flüsse Mangfall, Inn und Glonn. Oder etwa auf einer stillgelegten und zum Radweg umgebauten Eisenbahnstrecke von Bad Aibling nach Bad Feilnbach. Die zweite Ebene – schon ein bisschen fordernder – bewegt sich hoch auf 1000 bis 1500 Höhenmeter, zum Beispiel die Tour „Stramme Wadl“ mit steilem Anstieg nach Irschenberg, toller Aussicht inklusive. Die „Ebene 3“ geht rauf bis auf 1838 Höhenmeter – so hoch ist der Gipfel des Wendelsteins.
Bequem oder sportlich auf den Gipfel des Wendelsteins
Genau den haben wir uns für den nächsten Tag vorgenommen. Wege, den markanten Gipfel im Mangfallgebirge zu erklimmen, gibt es viele: Von ordentlich anstrengend bis zu sehr bequem. Zu Fuß zum Beispiel über den Meditationsweg von Fischbachau mit 900 Höhenmetern oder ab Brannenburg mit rund 1300 Höhenmetern. Wem es nur um den fantastischen Rundblick über das Voralpenland bis hin zum Hauptalpenkamm geht, der nimmt Seilbahn oder Zahnradbahn.
Ruhe am Berg herrscht bei herrlichem Sommerwetter an einem Sonntag in den bayerischen Schulferien dort oben nicht, aber „es zerläuft sich“ dank verschiedenster Angebote für jede Zielgruppe. Die einen zieht es ins Kircherl, die anderen zum Spielgelände rund um die „Trojanische Gams“ oder zur Brotzeit ins Wendelsteinhaus. Wie auf einer Ameisenstraße geht es an diesem Tag zu im finalen Anstieg, die letzten 100 Höhenmeter über eine Treppe zur Gipfelplattform und der weißen Kuppel der Sternwarte. Die Aussicht genießen lässt sich genauso gut ein Stück unterhalb von der Aussichtskanzel „Gacher Blick“ aus. Wilder Kaiser, Rofan, Karwendel- und Wettersteingebirge sowie Zentralalpen mit dem Großglockner – was will man mehr? Wer mag – und zwei Euro in Münzen parat hat – kann auch Deutschlands höchste Schauhöhle besuchen. Wir teilen die Verpflegung aus dem Rucksack mit einer gierigen Bergdohle und nehmen zügig den Abstieg in Angriff. Nach der Elektromotor-unterstützten Flachlandtour am Vortag dürfen es heute ein paar Höhenmeter mehr sein.
INFORMATIONEN
Bad Aibling ist Bayerns ältestes Moorheilbad und liegt im Süden Oberbayerns im Landkreis Rosenheim. Die Möglichkeiten zum Radfahren und Wandern in der Umgebung sind vielfältig. Die Stadt mit ihren 20 000 Einwohnern ist zudem ein guter Ausgangsort für Ausflüge in die nahen Berge, an den Chiemsee, nach München oder Salzburg.
ÜBERNACHTEN
Rund 2000 Gästebetten für jeden Geschmack und Geldbeutel gibt es, zum Beispiel das Hotel St. Georg – preisbewusst in ruhiger Lage mit Wellnessbereich, weitere Infos unter www.sanktgeorg.com.
BEI SCHLECHTWETTER
Die 2007 eröffnete Therme bietet mit Themenlandschaft und mehreren Saunen Abwechslung, wenn das Wetter mal nicht mitspielt. Info: www.therme-bad-aibling.de.
www.bad-aibling.de
Redakteurin Katrin Detzel recherchierte mit Unterstützung der AIB-KUR GmbH & Co. KG.
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