Unterwegs im Weinland Südtirol

04.09.2021 | Stand 12.10.2023, 10:16 Uhr

Durch die Weinberge geht es hinunter zum Kalterer See. Der mediterrane Südtiroler Süden lockt Radfahrer, Wanderer und – vor allem – Genießer an. −Fotos: Fischl

Im südlichen Südtirol – die Dolomiten im Rücken und den Gardasee vor Augen – prägt der Wein Landschaft und Leute. Am Kalterer See will die Familie Moser dem Kulturgut nun ein neues Denkmal setzen.

Mit Weinen ist es wie mit der Liebe. Die einen mögen es vertraut-verlässlich, die anderen suchen den ständigen Reiz. Gerhard Sanin hält es mit der zweiten Variante – zumindest wenn es um Weine geht. "Meine Lieblingssorte ist der Sauvignon", erzählt der Kellermeister des Weinguts Moser. "Er ist leicht, sensibel, hat aber viel Charakter." Der Umgang mit ihm will gelernt sein, denn die Rebsorte zeigt sich, wie so mancher menschlicher Zeitgenosse, gerne von ihrer launischen Seite. "Der Sauvignon ist die Diva unter den Weißweinen", sagt der 47-Jährige. Seine braunen Augen funkeln schelmisch. "Jeder Fehler im Keller wird bestraft. Für den braucht’s Gefühl."

Das, eine lange Berufserfahrung und die nötige Leidenschaft bringt der Südtiroler mit für diesen Job. Seit 2018 ist er die Seele der Tenuta Moser in Kaltern. Was in den Weinbergen rund um den Kalterer und den Montiggler See wächst, baut er zu edlen Tropfen aus. Die Kellerei ist das jüngste Projekt der Familie Moser, die in der Gegend nicht nur eine große Landwirtschaft verantwortet. Der Großvater legte einst mit einem Wirtshaus in Montiggl den Grundstein. Heute führen die drei Brüder der Familie beziehungsweise bereits deren Söhne drei der renommiertesten Hotels in der Region – das Seeleiten in Kaltern, das Gartenhotel Moser in Montiggl und das Weinegg in Girlan.

"Bier brauen ist wie Hefezopf machen"

Hier in der Kellerei bringt nun Dominic Moser (28), Juniorchef im Seeleiten, alle drei Häuser zusammen. Mit ihrem Gemeinschaftsprojekt verfolgt die Familie große Pläne – und Gerhard Sanin spielt dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Denn der Kellermeister hat sich auf seine alten Tage, wie er scherzt, eine neue Herausforderung gesucht. In den Gewölben der Kellerei entstehen nämlich nicht nur Pinot Grigio, Sauvignon, Chardonnay sowie Rosé und Rotwein aus Lagreiner Trauben. Dort braut Sanin seit vergangenem Jahr – für die Weinstraße absolut untypisch – auch Bier, das Mendelbier, benannt nach der gleichnamigen Standseilbahn, die von Kaltern aus auf den Hausberg und den Mendelpass führt. Ein Wahrzeichen der Region.

Doch wie kommt ein Winzer mitten in einer der schönsten Weinanbauregionen Europas auf die Idee, Bier zu brauen? "Ich trinke am Feierabend gern mal ein Bier", erzählt Gerhard Sanin. "Doch gute regionale Biere haben wir hier in Südtirol kaum. Von den vielen Brauereien, die es noch zu K.-u.-k.-Zeiten gab, hat eigentlich nur eine überlebt." Und so reifte der Gedanke, selber Hand anzulegen. Mit der Braumeister-Ausbildung in der Tasche tüftelte Sanin an der Rezeptur – mittlerweile hat die Kellerei neben den Weinen auch einen Ausstoß von 150 Hektolitern Bier im Jahr. Im Endausbau sollen es 2000 Hektoliter werden. "Bier brauen ist wie Hefezopf machen", erklärt Sanin sein Geheimnis. "Wenn das Rezept stimmt, gelingt es immer."

Das sei auch der größte Unterschied zum Wein. "An einem Wein arbeitest du ein Jahr, das Wetter bestimmt die Prozedur, und kein Jahrgang ist gleich." Es brauche viel Erfahrung und Geschick, um aus den 16 verschiedenen Rebsorten, die an der Südtiroler Weinstraße angebaut werden, auch gute Weine zu produzieren. Die vielfältigen Böden und Lagen fordern die Winzer der Gegend heraus. "Als Kellermeister lernst du nie aus", ist Sanin überzeugt.

Wein und Bier aus einer Hand: "Das dürfte ziemlich einzigartig sein", sagt Dominic Moser. Mit dieser Erkenntnis reifte auch eine Vision heran. Die Moser-Familien gaben den Startschuss für ein großes Projekt. In der Tenuta soll gleichzeitig eine Erlebnisbrauerei und Kellerei entstehen. Auf einem Parcours durch Braustätte und Weinkeller erleben Gäste, wie Wein und wie Bier entstehen, können regionale Produkte verkosten und tief hineintauchen in die Faszination der beiden Kulturgüter.

Die Umgebung könnte nicht besser sein für so ein Denkmal. Obstplantagen und Weinberge, an den Ufern der Seen bis hinauf auf 1000 Meter, prägen die Landschaft. Der belebtere Kalterer See mit seiner Strandpromenade gilt als wärmster Badesee der Alpen. Angeblich starten die Einheimischen bereits im März die Badesaison. Am ruhigeren, dafür umso idyllischeren Montiggler See bestimmt die Natur das Geschehen. Das Naturschutzgebiet mit Biotop beheimatet zig Vogel- und Tierarten und bezaubert vor allem im Frühling mit Blumenteppichen.

Mendelbahn: Erinnerung an alte, mondäne Zeiten

Die Region lädt ein zu ausgedehnten Wander- und Radtouren. Besonders lohnt sich aber auch die Fahrt mit der Standseilbahn auf den Mendel. Das Tal war einst Moorgebiet, zur Jahrhundertwende zog es die betuchten Sommerfrischler auf den Berg. Das alte Grandhotel an der Bergstation erinnert an jene mondänen Zeiten. Heute bauen sich dort Einheimische ihre Sommer-Chalets, um die Wochenenden in luftigeren Höhen zu verbringen. Das süße Leben mit Sauvignon und Co. spielt sich im Tal ab.

Südwestlich von Bozen dehnt sich die Südtiroler Weinstraße mit Winzer-Ortschaften wie Kaltern, Eppan, Girlan oder Tramin aus. Mit dem Kalterer und dem Montiggler See gibt es in der Region auch zwei zauberhafte Badeseen.

ANREISEN

Mit dem Auto oder Zug geht es über den Brenner nach Bozen, und von dort in die Orte der Weinstraße.

ÜBERNACHTEN
Hotel Seeleiten: 5-Sterne-Haus in St. Josef am See/Kaltern, exzellente Küche und Service, www.seeleiten.it.

Gartenhotel Moser: idyllisch gelegenes Familien- und Wellnessresort am Montiggler See/Eppan mit toller Kinderbetreuung, www.gartenhotelmoser.com.

WEINGUT

Die Tenuta Moser mit Weinkeller und Braustätte liegt in Unterplanitzing in der Gemeinde Kaltern. Wein- und Bierverkostung, ausgesuchte regionale Produkte und Ferienappartements.

Info: www.weingutmoser.it.

www.suedtiroler-weinstrasse.it

www.suedtirols-sueden.info