Hyggelig und hügelig – Unterwegs mit dem E-Bike an der Flensburger-Förde-Route

24.09.2022 | Stand 19.09.2023, 20:09 Uhr

Dänemark ist alles andere als flach. Mit dem Fahrrad sind die Steigungen aber leicht machbar und mit dem E-Bike geht’s noch leichter. Die dänische Tourismusexpertin Gitte Hoeg Andersen zeigt, wo es lang geht. −Fotos: Elsberger

Das deutsch-dänische Grenzland lässt sich auf der Flensburger- Förde-Route prima mit dem Rad erkunden. Die Strecke führt mitten durch schöne Natur und hat auch historisch viel zu bieten.

Der Wind streicht über Wiesen, hebt und senkt das Gras. Es schwingt hin und her, wellenförmig im Gleichtakt mit den Wellen des Wassers. Unsere Radreisegruppe steht auf einem Hügel, mit Blick über Sonderburg (dänisch Sonderbørg) und den Alsensund. Wir legen bei unserer Tour durch Süddänemark gerade eine Pause ein und atmen durch. Denn wer denkt, Dänemark sei flach, liegt falsch. Abseits der Strände geht es überraschend hügelig zu. Hat man die Hügel "erklommen", was mit einem E-Bike gut machbar ist, entschädigt der Ausblick dafür, dass man leicht in die Pedale treten musste.

Dänemark ist das perfekte Land für Radfahrer. Die Radwege sind breit und sicher. Autofahrer nehmen Rücksicht. Immer wieder hebt Reiseführerin Iris Uellendahl von der Tourismus-Agentur Flensburger Förde die Hand. Es ist das Zeichen, dass sie anhält. Eine goldene Regel, wenn man in dieser Region mit dem Fahrrad unterwegs sein will.

Wir fahren mit E-Bikes entlang der Flensburger-Förde-Route. Rund 60 Kilometer legen wir in zwei Tagen zurück. Die 306 Kilometer lange Flensburger-Fjord-Route führt in sechs Etappen zwischen 30 und 60 Kilometer entlang der Ostküste in Deutschland und in Dänemark und verbindet die Orte Flensburg und Glücksburg südlich der Grenze mit Apenrade (Aaabenraa), Gravenstein (Gråsten), Sonderborg (Sønderborg) und Nordborg.

Die Radroute im deutsch-dänischen Grenzland hat jede Menge zu bieten: Sie verläuft durch Städte, kleine, idyllische Dörfer, an Wiesen und Klatschmohnfeldern vorbei, über Höhenzüge hinweg, durch Förden mit beeindruckenden Küstenstrecken entlang.

Wo man seine Radtour startet, ist jedem selbst überlassen. Wir schwingen uns in Flensburg auf unsere Sättel. Auf dem Weg statten wir den "schwimmenden Gärten" einen Besuch ab. Das sind kleine Blumenwiesen, die im Hafen schwimmen und ganz zur Freude von Reiseführerin Iris Uellendahl auch von Enten als Nistplätze genutzt werden. Diese sind Teil des Interreg-Projekts "Blumen bauen Brücke – Blomster brygger broer".

Mit Interreg-Projekt werden Brücken geschlagen

Was steckt hinter diesem Projekt? Die Tourismusagentur Flensburger Förde auf deutscher Seite und Destination Sonderjylland, die Tourismusagentur in Süddänemark, wollen mit der Route zum grenzüberschreitenden Radeln anregen. "Die Idee ist, in der Grenzregion der beiden Länder eine Brücke zwischen den deutschen ,Gartenschauen‘ und dem in Dänemark beliebten Aktivurlaub, oder ,aktiv turisme‘, zu schlagen", erklärt Iris Uellendahl.

Vorbei am Kraftfahrtbundesamt geht’s weiter nach Glücksburg – die nördlichste Stadt Deutschlands und bekannt für sein Wasserschloss. Noch sind wir in Deutschland – doch das wird sich ab der nächsten Station, Langballigau, ändern.

Mit der Fähre geht es von Langballigau aus nach Sonderburg in Dänemark. Auf der Fahrt begegnen wir sogar Schweinswalen, bevor wir in weiter Ferne Sonderburg entdecken. Direkt an der Hafeneinfahrt liegt das Schloss. Ein Geheimtipp in Sonderburg ist das neu gebaute Alsik Hotel – ein modernes Wahrzeichen der dänischen Universitätsstadt. Kostenlos kann man mit dem Fahrstuhl ins höchste Stockwerk zu einer Aussichtsplattform gelangen.

Dort angekommen, eröffnet sich ein unbeschreiblicher Blick über den Alsensund. Auch kulinarisch hat Sonderburg etwas Besonderes zu bieten. Neben den typischen dänischen Leckerbissen wie "smørrebrød" – ein reich belegtes Butterbrot zum Beispiel mit Roter Bete und/oder Fisch – gibt es "Kong Fiddes livret" (König Fiddes Leibgericht) – ein Fleischgericht, das Geschnetzeltem ähnelt. Es wird mit Roter Bete, Kartoffeln, gekochtem Ei und Zwiebeln serviert. Erst skeptisch, lassen wir uns von Gitte Hoeg Andersen von Destination Sonderjylland dazu überreden, das Gericht zu testen. Und werden nicht enttäuscht.

Nicht nur die Landschaft und die Kulinarik machen Süddänemark zu einem empfehlenswerten Reiseziel. Auch die Geschichte ist interessant. Das Herzogtum Schleswig ging einst von Rendsburg (Deutschland) bis hoch zum heute dänischen Kolding. 1920 stimmten die Bürger ab, ob sie deutsch oder dänisch sein wollen und bestimmten so den Verlauf der Grenze. Die Regionen an der Grenze, wie sie heute verläuft, werden deshalb als Nordschleswig (Dänemark) und Südschleswig (Deutschland) bezeichnet.

Die Grenzziehung ist hundert Jahre her. Trotzdem fragen sich viele Menschen, die in dieser Region geboren und aufgewachsen sind, ob sie und die Traditionen mit denen sie groß geworden sind, deutsch oder dänisch sind. Oder beides? Oder weder noch? Denn durch die Verschiebung der Grenze haben ihre Vorfahren mal in dem einen, mal in dem anderen Land gelebt.



100 Jahre Grenze: Was ist deutsch? Was dänisch?


Circa 50000 Menschen bekennen sich zur Minderheit in Deutschland. In Dänemark sehen sich schätzungsweise 20000 Menschen als Teil der deutschen Minderheit. "Das sind nur Schätzungen", erklärt Gitte Hoeg Andersen. Denn es ist jedem selbst überlassen, ob er einer Minderheit angehören möchte. Überprüft oder statistisch festgehalten werden darf es nicht. Bis ins Detail hat Hauke Grella die Geschichte der deutschen Minderheit aufgearbeitet. Der Museumsleiter des Deutschen Museums Nordschleswig in Sonderburg bekennt sich selbst zur deutschen Minderheit. Er trage beide Kulturen in sich, erklärt er. "Sie sind sich in vielen Punkten sehr ähnlich. Aber entscheiden möchte und kann ich mich nicht." Oft werde er gefragt: "Wenn Deutschland gegen Dänemark Fußball spielt: Für welches Team bist du?" Am allerliebsten sei es ihm, wenn die Teams nicht gegeneinander antreten, gibt der Nordschleswiger zu.

Nicht immer seien die Menschen gut aufeinander gestimmt gewesen, aber heute herrsche ein friedliches Miteinander auf beiden Seiten der Grenze. Der wechselhaften Geschichte Sonderjyllands und dem deutsch-dänischen Grenzland kann man außerdem im Museum im Schloss Sonderburg auf den Grund gehen.

Und weil auch die Gemütlichkeit, oder wie die Dänen sagen "Hygge", nicht zu kurz kommen darf, legen wir bei Schloss Gravenstein einen Stopp ein. Das Schloss ist die Sommerresidenz von Dänemarks Königin Margarethe II. und ihrer Familie. Die bei ihrem Volk sehr beliebte Monarchin stellt den weitläufigen Park mit Waldstück, See und Blumenpracht das Jahr über ihrem Volk kostenlos zur Verfügung (außer in den Wochen, in denen die Königin dort ist). Das weitläufige Grundstück lädt zum Ausruhen ein.

Direkt angeschlossen ist der königliche Küchengarten, der seit 2020 für Besucher geöffnet ist. Dort liegt der Geruch von Minze, Rosmarin und Dill in der Luft. Obst und Gemüse, das später auf den Tellern der royalen Familie landen wird, wächst dort vor sich hin. Und weil die Königin weiß, dass die Erdbeeren wohl sehr beliebt bei ihren Gästen sind, steckt dort eine kleine humorige Notiz in der Erde: "Lasst uns etwas übrig!"

Redakteurin Katja Elsberger reiste auf Einladung von Visit Denmark in die deutsch-dänische Grenzregion.

Die Flensburger-Förde-Route verläuft durch das deutsch-dänische Grenzgebiet ganz im Norden der Republik. Sie ist nicht beschildert, man findet sich aber schnell mit Hilfe eines Infobuchs zurecht. Ein kostenloser Download ist unter visitsonderjylland.de/flensburgfjordroute möglich. Außerdem kann den Beschilderungen der anderen Radrouten gefolgt werden. Eine Übersetzer-App oder ein Wörterbuch wird man bei der Reise übrigens nicht brauchen. Die meisten Bewohner Nordschleswigs beherrschen neben Dänisch und ihrem Dialekt Sønderjysk auch sehr gut Deutsch.

ANREISEN
Von Bayern aus empfiehlt sich neben eigenem Auto oder dem Flugzeug eine Anreise mit dem ICE nach Hamburg. Von dort aus fährt ein dänischer Regionalzug Richtung Flensburg, wo die Tour bereits starten kann.

ÜBERNACHTEN
•Im Flensburger Zentrum, direkt am Hafen, befindet sich das Hotel "Alte Post".
•Zimmer in unmittelbarer Nähe zum Strand hat das Hotel "Sonderbørg Strand" in Sonderburg (dänisch Sonderbørg). In Sichtweite liegt das Wahrzeichen der Stadt, das Schloss Sonderbørg.

KULTUR & GENUSS
•In Fußweite vom Hotel in Sonderburg befindet sich das Deutsche Museum Nordschleswig. Dort sind auch individuelle Termine außerhalb der Öffnungszeiten möglich (Weitere Informationen unter deutsches-museum.dk oder ✆+45 74435423).
•Das Museum Sonderjylland vereint zehn Ausstellungsorte, Museen und Kulturmilieus von Schloss Sonderbørg bis zum Kunstmuseum Tondern. Weitere Infos unter www.msj.dk/de.
•Vom deutschen Langballigau verkehrt die Fähre ins dänische Sonderbørg. Unweit des Yachthafens mit Blick auf den Naturstrand gelegen, bietet die Dachterrasse des Restaurants Fährhaus LA eine erste Aussicht auf die Förde und hinüber auf das dänische Ufer. Neben den für die Region typischen Fischbrötchen lockt eine große Weinauswahl. Infos unter www.fährhaus-la.de.

www.visitsonderjylland.de

www.visitdenmark.com