Eine Reise zum kleinen Nachbarn
Groß zu empfehlen – Zu Besuch im schönen Luxemburg

01.10.2022 | Stand 20.09.2023, 6:37 Uhr

Entlang des Flusses Our nähert man sich durch Eichenwälder der Ortschaft Vianden mit Blick auf das gleichnamige Schloss. −Fotos: Löw

Luxemburg als Urlaubsziel? Das dürften die Wenigsten auf dem Plan haben. Doch wer sich auf das kleine Nachbarland im Westen einlässt, den erwarten umso größere Überraschungen. Ein Selbstversuch:

Ein paar Tage Zeit, in 50 Minuten von München mit dem Flugzeug nach Luxemburg-Stadt, dazu ein wunderbares Wander-, Naturpark- und Burgen-Programm – das war’s auf jeden Fall wert, ausprobiert zu werden. Dass dann auch noch kulinarisch jede Menge geboten ist – bis hin zum Abstecher zu Starköchin Lea Linster –, macht das Ganze zu einer Rundum-Erlebnisreise. Also eines gleich vorweg: Diesen Trip kann man sich auch ein zweites oder drittes Mal gönnen.

Durchzogen von den tiefen Schluchten der Flüsse Alzette und Pétrusse schmiegt sich die Hauptstadt des kleinen europäischen Landes entlang der Überreste ihrer mittelalterlichen Befestigungsanlagen an die Felswände. Menschen aus 170 Nationen sind in der gut 110000 Einwohner zählenden Hauptstadt vertreten. Per Panorama-Aufzug geht es vom Viertel "Pfaffenthal" an der Alzette zu dem in der Oberstadt gelegenen Park "Pescatore". Ein Höhenunterschied von 71 Metern verbindet die gepflasterten Gassen und idyllischen Brücken mit ihren kleinen Herbergen und bunten Kneipen mit dem anderen Zen-trum samt Fußgängerzone, Boutiquen und Gourmet-Restaurants. Apropos Fußgängerzone: Zu ihr geht es über den zentralen Platz Place d’Armes, wo nicht nur das Nachtleben der Stadt zuhause ist, sondern im Sommer auch regelmäßig Konzerte stattfinden.

Auf den alten Wallanlagen indes bietet die Promenade Chemin de la Corniche beim Flanieren eine spektakuläre Aussicht auf die Stadt. Wenn in der Abenddämmerung das warme gelbe Licht der Straßenlaternen die alten Mauern erleuchtet, dann könnte die Zeit auch gut 100 Jahre zurückgedreht sein. Beim Weg hoch oben entlang der alten Mauern schweift der Blick dabei auch über tiefgrüne Hügel, aus denen nicht nur die Festung, sondern auch die historischen Bauten, Burgen und Kirchen wie aus einem Gemälde herauszuwachsen scheinen. Gesäumt wird der Anblick von zahlreichen imposanten Brücken, die die Stadtteile verbinden.

Jahrhunderte alte Baukunst in allen Ecken des Landes

1994 wurden die Festungsreste und die Altstadt Luxemburgs in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen – der Spaziergänger weiß spätestens jetzt, warum. Ein Eindruck, der sich überall im Land von Nord bis Süd bestätigt: Wer beeindruckende, Jahrhunderte alte Baukunst erleben will, ist hier am richtigen Platz. Eine Liste der Luxemburger Schlösser, Burgen und Ruinen verzeichnet an die 50 Einträge. Da wäre etwa die Burg Vianden, eine mittelalterliche Befestigungsanlage im gleichnamigen Kanton Vianden. Sie ist eine der größten erhaltenen Burgen westlich des Rheins und die mächtigste noch bestehende Wehranlage Luxemburgs aus dem 11. Jahrhundert. Anlass des Baus war der Umzug der Herren von Vianden aus der Eifel an diesen Ort. Die Höhenburg liegt 310 Meter hoch über dem Fluss Our. Und gerade dort ist eben auch eine wunderbare Gegend zum Wandern – immerhin sind wir hier direkt an der Grenze zur Eifel und dem dortigen deutschen Nationalpark. In Luxemburg nennt sich die Gegend Wanderregion Éislek. Sie umfasst den Norden des Großherzogtums Luxemburg, westliche Teile des Eifelkreises Bitburg-Prüm und einen kleinen Teil des Landkreises Vulkaneifel.

Von Luxemburg-City erreicht man fast alle Ziele im Land in einer halben Stunde – der perfekte Ausgangspunkt für Touren ins Umland. Die landesweit kostenlosen öffentlichen Verkehrsmittel erleichtern einem dabei die Reise in die fünf touristischen Regionen des Großherzogtums.

Unter dem Namen "Éislek Pied" werden seit dem vergangenen Jahr 18 Rundtouren angeboten, die auf den strengen Kriterien der Europäischen Wandervereinigung beruhen und als "Qualitätstouren" vermarktet werden. Und das ist durchaus nicht zu viel versprochen. Verwunschene Wälder, schmale Pfade, bizarre Felsformationen, überwältigende Ausblicke, weitläufige Gebirgsplateaus, tief eingeschnittene Flusstäler – all dies erlebt man auf den Éislek-Pied-Wanderwegen.

Die Landschaft ist geprägt von dem typischen Schiefergestein, das bis weit in die Nachkriegszeit abgebaut worden ist. Verlassene Bergstollen lassen grüßen! Typisch sind auch die Eichenwälder entlang der Flusslandschaft. Obwohl die tief wurzelnden Eichen hier nur wenige Jahre alt werden konnten, da der Schieferboden die Wurzeln behinderte, wurden sie eigens gepflanzt: Die Eichenrinde der jungen Bäume wurde für die früher in der Region ansässige Ledergerberei benötigt.

Entlang des Flusses Our ist die Region heute nicht nur von den Eichenwäldern geprägt, sondern auch von dem riesigen Pumpspeicherkraftwerk in Vianden, das in den 1960er Jahren mit der ersten Turbine errichtet wurde und mittlerweile über elf Turbinen Strom aus Wasserkraft produziert.

Die Willkommenskultur wird hier gepflegt

"Heute so wohl kaum mehr zu realisieren", bedauert Wanderführerin Mirjam Petry. Denn auch der Bau eines umweltfreundlichen Kraftwerks ist erst mal ein riesiger Einschnitt in die Natur. Selbst gebürtige Holländerin ist Mirjam seit Jahrzehnten hier zuhause. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind ihre Themen: Der Ehemann arbeitete im Kraftwerk, die Familie ist in Wald- und Landwirtschaft aktiv. Und so bringt auch dieses Thema überraschende Aspekte des kleinen und zugleich großartigen westlichen Nachbarn aufs Tableau.

Die Erkundung Luxemburgs lohnt sich in vielerlei Hinsicht. In dem Großherzogtum leben "nur" rund 600000 Menschen, doch die ganze Nation zeigt sich offen, jeder hat ein freundliches deutsches Wort auf den Lippen. Und wenn die kulinarische Botschafterin Lea Linster ihre Gäste dann mit einem kleinen süßen Madeleine-Gebäckstück und einem "schönen Gruß an die Frau Mama" zurück nach Hause verabschiedet – weiß man, wo man willkommen ist.



INFORMATION


Das kleine Großherzogtum Luxemburg ist ein Gründungsmitglied der Europäischen Union und grenzt an Belgien, Frankreich und Deutschland. Amtssprachen sind Luxemburgisch, Französisch und Deutsch.

ANREISEN

Vom Flughafen München aus erreicht man in nur 50 Minuten Luxemburg-Stadt.

ÜBERNACHTEN & GENIESSEN
•Hotel Simoncini in Luxemburg-Stadt (www.hotelsimoncini.lu).
•Le Clervaux Boutique & Design Hotel in Clervaux (Infos unter www.le-clervaux.excellence-hotels.com).
•Hotel Beim Hunn in Vianden (www.beimhunn.lu).
•Boutique Léa Linster Delicatessen Luxemburg (lealinster.com).
•Sterne-Restaurant Um Plateau – Bar où manger in Luxemburg (umplateau.lu).
•Restaurant Les Ecuries du Parc in Clervaux (www.staell.lu).

WANDER- UND AUSFLUGSTIPPS

Vianden: Wanderung an der Ourdall Promenade (8,5 km Länge, 150 Meter Höhenunterschied). Diese Wanderung bietet wunderschöne Aussichten auf das Schloss Vianden und die Burg Falkenstein. Der Weg führt teilweise über Holzstege an Felsen vorbei.
Éislek Pied Asselborn: Die sieben Kilometer lange Wanderung über circa zwei Stunden führt entlang des Bachs, vorbei an der Asselborner Mühle, der Schiefergrube und dem Aussichtspunkt Millebierg zum Plateau von Wincrange.

Burg Bourscheid: Die Ruine der Burganlage liegt etwa zwei Kilometer unterhalb des gleichnamigen Ortes Burscheid im Norden von Luxemburg. Entstanden ist die Burg um das Jahr 1000 und in wesentlichen Teilen erhalten.(www.castle-bourscheid.lu)
Burg Vianden: 1977 wurde sie entsprechend ihrer ehemaligen Pracht restauriert und zählt heute zu den bedeutendsten Baudenkmälern Europas. Die Burg wurde vom 11. bis 14. Jahrhundert auf den Fundamenten eines römischen Kastells und eines karolingischen Refugiums gebaut. Geprägt von den Hohenstaufern, handelt es sich bei dem Schlosspalast um eine der größten feudalen Residenzen der romanischen und gotischen Zeit (castle-vianden.lu).

Fotokunst auf Schloss Clervaux: Das Schloss beheimatet die legendäre Fotoausstellung "Family of Man", eingetragen in das UNESCO-Weltdokumentenerbe. Die Ausstellung beinhaltet 503 Fotografien von 273 Autoren aus 68 Ländern. Zusammengestellt wurde sie von von Edward Steichen, einem weltbekannten Fotografen, der in Clervaux geboren ist. Zuerst gezeigt wurden die Bilder im Museum of Modern Art (MoMA) in New York 1955. Über die Jahrzehnte ist die Ausstellung durch die ganze Welt gewandert und sorgte durch ihre Ablehnung jeglicher Diskriminierung und Verzicht auf Tabus gerade in der Nachkriegszeit für erhebliches Aufsehen. An ihrer Aktualität haben die Bilder erschreckender Weise bis heute nichts verloren. Jetzt ist die Ausstellung permanent im Schloss Clervaux beheimatet und in der ursprünglichen Anordnung der Bilder zu sehen, die in Sachen Design und Gestaltung ihrer Zeit weit voraus war – ein Musterbeispiel auch für heutige Design- und Gestaltungskriterien.