Ein kulinarischer Stockholm-Trip

26.03.2022 | Stand 21.09.2023, 4:31 Uhr

Am Pier in Nybrohamnen starten die Ausflugsschiffe. An Bord lässt sich der Blick auf Stockholm von der Wasserseite her erleben. −Fotos: Löw

Schwedens Hauptstadt Stockholm hat einiges an nachhaltiger Küche zu bieten – Die PNP hat’s ausprobiert.

Smörrebröd und Köttbullar? Von wegen! Dass Schweden kulinarisch viel mehr zu bieten hat, das zeigt nicht nur die Zahl von insgesamt neun Stockholmer Restaurants mit Michelin-Sterne-Prädikat. Wer sich in der Hauptstadt Schwedens auf vielfältigen Genuss einlässt, der wird überrascht sein. Denn hier paart sich Küchenkunst mit innovativen Ideen für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft – und heraus kommen am Ende gehobene Geschmackserlebnisse, die sogar eingefleischte Grünzeug-Skeptiker von einer zeitgemäßen Essenskultur begeistern dürften.

Wenn Tim aus Frankfurt für seinen Sternekoch-Chef Mathias Dahlgren im "Rutabaga" am Herd steht und die fünf Gänge unter dem jeweiligen Motto des Monats auf die Teller zaubert, dann sind es wahre Kunstwerke. Croutons werden hier im "Grand-Hotel" Stockholm zu zarten Flügeln, die das getrüffelte "Green foie gras" zieren. Sie folgen als Appetizer der warmen "Apple Mom", einem süßen saftähnlichen Starter mit veganem weißen Schaum, samt Abdeckung auf dem Gläschen aus einer zarten, hauchdünn getrockneten Apfelscheibe. Schnell wird klar: Es geht um den Apfel in diesem Monat.

Kulinarischer Hochgenuss – ganz ohne Fleisch

Wir sind im rein vegetarischen Zwei-Sterne-Restaurant. Es gibt eine prickelnde, aber alkoholfreie Getränkewahl jeweils passend zum Gang. Neben Sellerie-Superfood ist mit Nashi Birne, Ingwer und Wasabi im Salatblatt-Wrap ebenfalls alles vertreten, was die gehobene Ideen-Küche hergibt: Trüffel, Sorbet, Abschieds-Praline. Selbst ein Fleisch-Liebhaber wird nichts vermissen.

Doch der Genuss ist bei dieser Art der Küche beileibe nicht alles. Denn es geht vor allem auch um Nachhaltigkeit. Ein wahres Schaulaufen dieser Sterne- und Nachhaltigkeitsküche ist das jährliche Food-Festival "Stars du Nord", das in der komplett runderneuerten Markthalle Östermalms Saluhall stattfindet. Diese ist freilich nicht nur wegen der Sterneköche einen Besuch wert. Denn allein die Architektur aus der Zeit des Jugendstils macht Lust auf eine Erkundungstour. Zusammen mit den kulinarischen Ständen im Inneren wird die Markthalle zum Höhepunkt eines jeden Stockholm-Besuchs.

Und ja, natürlich hat die schwedische Metropole mit ihren rund eine Million Einwohnern, ihrer Lage am Wasser und ihren kleinen Inseln noch jede Menge mehr zu bieten als "nur" das Essen. Da ist der entspannte wie angesagte Stadtteil Södermalm mit seinen zahlreichen kleinen Vintage-Läden und Cafés. Für ihre Designkunst sind die Skandinavier bekannt, die Schweden im Besonderen – und das spiegelt sich hier im Alltag, auf den Plätzen, in den Snackbars und natürlich auch in Galerien und Museen wider.

Apropos Museen: Auch in diesem Bereich kann man in Stockholm auf Entdeckungstour gehen. Wie wäre es mit dem ABBA-Museum, dem Nationalmuseum inklusive Design-Abteilung und alter Klassiker in Bild und Skulptur, dem Vasa-Museum oder der Wikinger-Geschichte? Auf der Museumsinsel Djurgarden im Stadtbezirk Östermalm reiht sich praktischerweise eines ans andere.

Insgesamt erstreckt sich die Stadt über 14 Inseln, die durch 53 Brücken verbunden sind. Wobei Stockholm am Ausfluss des Sees Mälaren in die Ostsee liegt und die frische Brise hier natürlich auch immer dazugehört. Die wiederum spürt man mit Garantie auf der Rundfahrt vom Ausflugsboote-Hafen im Gebiet Nybrohamnen. Hier gibt es den besten Blick auf die Stadt von der Wasserseite her – immerhin bestehen etwa 30 Prozent der Stadtfläche aus Wasser. Und dessen Qualität ist so gut, dass man mitten in der Innenstadt sogar Lachse angeln kann.

Wie sich Genuss, Kulinarik und Nachhaltigkeit vereinen lassen, diese Philosophie lebt das Team im "Paul Taylor Lanthandel" vor. Inhaber Paul Svensson ist in Schweden eine preisgekrönte Koch-Persönlichkeit mit TV-Präsenz. Er setzt in seinem Laden auf 100 Prozent Recycling: Die Möbel – in skandinavischem Design versteht sich – sind allesamt aus wiederverwerteten Materialien. Sogar die Bratpfannen, in die natürlich nur Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft, saisonal und aus der Umgebung kommen, sind mit erneuerbarer Beschichtung versehen. Und sollte am Ende doch mal was übrig bleiben auf den Tellern der Gäste, dann steht im Nebenraum ein Komposter, der alles dank Bakterienkultur ganz geruchlos in wertvollen Humus verwandelt – der wiederum ebenso wie die Produkte, die hier zubereitet werden, im angeschlossenen "Lanthandel" gleich mitverkauft wird. Schließlich gehe es auch darum, die Esskultur zu den Menschen nach Hause zu bringen, sagt Paul Svensson.

Nachhaltiger Genuss – auch für den kleinen Geldbeutel

Ihm eifern zahlreiche Kollegen nach: Sei es Elvira Lindqvist, die 36-jährige Küchenchefin im Oxenstiernan Restaurant, die in ihrem kleinen, aber feinen Restaurant rein pflanzlich kocht. Oder die Köche der großen Kantine K-Märkt, wo 600 Gäste mit hochwertigsten Produkten aus nachhaltiger Produktion zu "normalen" Preisen versorgt werden. Denn hier wird andersrum gearbeitet: Man kauft Rohware, die noch vorhanden ist und kreiert daraus erst das Menü. Das ist nachhaltig und günstig. Dieselbe Idee setzt das Lokal Urban Deli mit Produkten, die in Top-Supermärkten übrig geblieben sind, um – dahinter steht eine Non-Profit-Organisation.

Im Gewächshaus, in diesem Fall freilich das "Växthuset" wie es auf Schwedisch heißt, ist der Name des Restaurants Programm: Hier wird rein pflanzlich gekocht, das vegane Menü aus saisonalen Zutaten bestritten. Das Lokal selbst liegt mitten im Grünen zwischen Sträuchern, im Restaurant dominiert immergrüne Efeu-Deko. Auch in den Hotels werden nachhaltige Wege beschritten. Im "Royal Park Stockholm", ganz in der Nähe von Kronprinzessin Viktorias Wohnsitz, wird im Keller nicht nur unter strengsten Hygienevorschriften veganes Eis produziert, sondern man hat sogar eigene Bienenstöcke zur Honigproduktion.

Genuss auf hohem Niveau und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus – das beweist der kulinarische Trip durch Stockholm. So eine Reise ist zwar am Ende nichts für die schlanke Linie – aber dafür umso genussvoller.
Schwedens Hauptstadt Stockholm im Südosten des Landes umfasst ganze 14 Inseln, die durch mehr als 50 Brücken verbunden sind.

ANREISEN
In nur zwei Stunden legt man per Flieger die rund 1650 Kilometer zwischen München und Stockholm zurück.

ÜBERNACHTEN
Das Berns ist ein Traditionshaus, das bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts als gute Adresse gilt. Es liegt im Herzen der Stadt und verbindet Moderne mit Kronleuchter-Charme. Infos unter https://berns.se.

RESTAURANT-TIPPS
Vom Sternelokal bis hin zur einfachen Straßenküche: Hier lässt sich in Stockholm gut genießen:

•Paul Taylor Lanthandel

•Royal Park Stockholm

•Ulriksdals Slottsträdgård

•Dr. Mat

•Urban Deli TBA

•Växthuset

•K-Märkt

•Rutabaga

SEHENSWERT
Stockholm ist reich an Museen, ein Besuch lohnt sich etwa im ABBA-, Vasa-, im Nordischen und im Nationalmuseum.

www.visitsweden.de

www.visitstockholm.de