Im Sommer steht wieder die Verleihung zum «Spiel des Jahres» an - der wichtigste Preis für Brettspiele. Doch auch das «Kennerspiel des Jahres» wird gekürt. Was verbirgt sich dahinter?
Die Titel «Catan», «Codenames» und «Cascadia» sagen Ihnen was? Dann haben Sie den Einstieg in die Welt der modernen Brettspiele erfolgreich gemeistert. Doch darf es auch eine Spur schwieriger sein?
Wenn Sie schon ein bisschen Spielerfahrung haben, lohnt sich der Griff zu einem sogenannten Kennerspiel. Ein Überblick, was man sich darunter vorstellen muss und welche aktuellen Titel empfehlenswert sind.
Wie definiert sich der Begriff Kennerspiele?
Kennerspiele bieten ein wenig mehr Komplexität ohne zu kompliziert zu sein. Sie stehen vom Schwierigkeitsgrad zwischen den Familienspielen und den sehr komplexen Expertenspielen. Oft sind Kennerspiele auch etwas narrativer. «Der Begriff wurde tatsächlich vom Verein «Spiel des Jahres» erfunden», sagt Harald Schrapers. Der 58-Jährige ist Vorsitzender der Jury, die alljährlich das «Spiel des Jahres» und das «Kennerspiel des Jahres» kürt, und testet permanent auch die etwas anspruchsvolleren Titel.
Diese Sorte Spiele sind laut Schrapers gemacht für Leute, die sich bisher immer das «Spiel des Jahres» gekauft haben, und nun «eventuell mehr Herausforderung, mehr Regelmenge vertragen.»
Wie erkennen Sie Kennerspiele?
Ein Hinweis kann die Altersangabe sein: Die meisten Kennerspiele sind ab 10 oder 12 Jahren empfohlen. «Es gibt inzwischen auch einige Verlage, die ihre Spiele entsprechend einsortieren», sagt der Spiele-Experte - sei es im Katalog, teilweise ist es auch direkt auf die Schachtel so draufgeschrieben.
Was macht ein gutes Kennerspiel aus?
«Das Spiel muss vor allem Spaß machen», findet Schrapers. Es gehe vor allem um Freude und Interaktion zwischen den Menschen. «Da unterscheidet sich das Kennerspiel überhaupt nicht vom normalen Spiel.» Der Einstieg in die Spielregeln ist definitiv etwas anspruchsvoller. Eine gut aufbereitete Anleitung kann das aber auffangen. «Die strategischen Herausforderungen sind größer und sollten auch größer sein als bei einem Spiel des Jahres», so Schrapers.
Welche Spiele kommen in diesem Jahr als «Kennerspiel des Jahres» in Frage?
Für das «Kennerspiel des Jahres 2023» nominierte die Jury die drei Titel «Challengers!», «Iki» und «Planet Unknown».
- Bei «Challengers!» steht ein frischer Turniermodus im Vordergrund. Dabei hat jede Person am Tisch ein Team, das durch einen Kartensatz repräsentiert wird, das zwischen den kurzen Duellen leicht verändert werden kann. Die turbulenten Kämpfe, bei denen man abwechselnd Karten zieht und ausspielt, münden in einem spannenden Finale.
- «Iki» spielt in Edo, dem alten Tokio. Mit Händlern und Handwerkern kann Handel getrieben oder diese angeworben werden, um ein möglichst angesehener Bürger zu werden. Aber Achtung: Alle paar Runden bricht Feuer auf dem Spielplan aus und die Geschäfte sind bedroht.
- Im Plättchenlegespiel «Planet Unknown» muss der eigene Planet möglichst clever voll gepuzzelt werden. Im Mittelpunkt steht die drehbare Raumstation mit den tetrisartigen Plättchen, die dafür sorgt, dass keine Wartezeit aufkommt. Bietet durch unterschiedliche Tableaus viel Abwechslung.
Welche weiteren Kennerspiele sind empfehlenswert?
1. «Die Gilde der fahrenden Händler»
Auch bei diesem leicht zugänglichen Wettstreit um die meisten Münzen spielen alle gleichzeitig. In diesem Fall Abenteurer auf einer Erkundungsreise in einem fiktiven Königreich. Auf einer Landkarte - es liegen verschiedene mit unterschiedlichen Spezialregeln bei - werden in insgesamt vier Durchgängen Kundschafter eingesetzt.
Dabei gibt die gezogene Karte den Landschaftstyp und die Felderanzahl an, die entdeckt werden dürfen. Es gilt, möglichst ertragreiche Handelsrouten zwischen Städten zu etablieren, Dörfer zu errichten und Schätze aus Ruinenfeldern zu bergen. Türme geben viele Münzen, sind aber auch oft schwerer zu erreichen. Großer Spielreiz entsteht durch die Erforschungskarten, die besonders mächtig und einzigartig sind.
2. «Heat»
Bloß nicht den Motor zu heiß werden lassen! Sonst geraten die Wagen aus den 60er-Jahren bei diesem rasanten Rennspiel schnell ins Schleudern oder es droht Überhitzung. Das Management des eigenen Kartendecks steht bei «Heat» im Mittelpunkt. Auf den Geraden mittels hohen Kartenwerten Gas geben und vor den Kurven wieder die Geschwindigkeit reduzieren - klingt einfach und logisch, doch das ist gar nicht so leicht.
Das Spiel bietet eine gute Rennsimulation: Gänge wechseln, den Turbo zünden, Windschatten ausnutzen und sogar mit komplizierten Stresssituationen umgehen. Das Basisspiel allein bringt bereits viel Spaß. Unterschiedliche Module mit Rennwagen-Upgrades und Wettereffekten bringen noch mehr Tiefe.
3. «Klong!»
Aus einem dunklen Verließ unter einer Festung wollen wir als Diebe die meisten Schätze heben und dann wieder fliehen. Die Steuerung erfolgt über ein Kartendeck, das ständig verbessert werden kann. Problem: Es gibt auch einen Drachen, der über die Kostbarkeiten wacht. Deshalb gilt es, besonders leise vorzugehen und keinen Lärm («Klong!») zu erzeugen.
Wer zu laut poltert, muss Spielsteine in einen Beutel schmeißen, die bei einem Drachenangriff gezogen werden können und Lebenspunkte abziehen. Das bringt zwar eine Portion Glück mit ins Spiel, sorgt aber auch für viel Spannung und Emotionen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Erweiterungen und Varianten.
4. «Die verlorenen Ruinen von Arnak»
Hier kommt Indiana-Jones-Feeling auf: Auf einer sagenumwobenen Insel haben alle am Tisch eigene Expeditionsteams, um Ruinen zu erforschen. Der gelungene Mix aus Karten-Deckbau und einem Arbeiter-Einsetzspiel kommt mit einer opulenten Ausstattung daher und ist von der Komplexität schon im Grenzbereich zum Expertenspiel angesiedelt. Dennoch ist das Regelwerk gut verständlich und nicht zu kompliziert.
Abwechselnd können neue Orte erkundet oder auf einer Tempelleiste vorangeschritten werden. Wichtig ist das effektive Management der Ressourcen wie Münzen, Kompasse oder Pfeilspitzen, denn Wächter der heiligen Stätten können nur mit Abgaben besänftigt werden.
Im Laufe des Spiels können auch Karten mit Ausrüstungsgegenständen oder Artefakten gekauft werden. Wer nach fünf Runden des thematischen und gelungenen Mechanismenmix die meisten Siegpunkte gesammelt hat, leitet die ruhmreichste Expedition und gewinnt.
Service:
«Challengers!»: Autoren Johannes Krenner und Markus Slawitscheck, 1 More Time Games/Z-Man Games/Asmodee, ab 8 Jahren, für 1-8 Spielende, Spieldauer ca. 45 Minuten, Preis ca. 40 Euro
«Iki»: Autor Koota Yamada, Giant Roc, ab 14 Jahren, für 2-4 Spielende, Spieldauer 60 bis 90 Minuten, Preis ca. 50 Euro
«Planet Unknown»: Autoren Ryan Lambert und Adam Rehberg, Strohmann Games, ab 10 Jahren, für 1-6 Spielende, Spieldauer ca. 70 Minuten, Preis ca. 70 Euro
«Die Gilde der fahrenden Händler»: Autoren Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert, Skellig Games/AEG, ab 14 Jahren, für 1-4 Spielende, Spieldauer ca. 45 Minuten, Preis ca. 45 Euro
«Heat»: Autoren Asger Harding Granerud und Daniel Skjold Pedersen, Days of Wonder/Asmodee, ab 10 Jahren, für 1-6 Spielende, Spieldauer ca. 60 Minuten, Preis ca. 70 Euro
«Klong!»: Autor Paul Dennen, Schwerkraft-Verlag, ab 12 Jahren, für 2-4 Spielende, Spieldauer 30 bis 60 Minuten, Preis ca. 65 Euro
«Die verlorenen Ruinen von Arnak»: Autoren Michaela «Mín» Štachová und Michal «Elwen» Štach, Czech Games Edition/Heidelbär Games, ab 12 Jahren, für 1-4 Spielende, Spieldauer ca. 30 bis 120 Minuten, Preis ca. 52 Euro
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