Wer mehr Gehalt will, sollte nicht mit verschränkten Armen sitzen. Und wer Kollegen kritisiert, sollte dabei nicht ständig lächeln. Oder? Wie Sie Körpersprache für mehr Überzeugungskraft einsetzen.
Es braucht nur wenige Sekunden: Kaum hat der neue Kollege oder die neue Abteilungsleiterin das Büro betreten, weiß man schon: „Ist mir sympathisch!“ oder: „Mag ich nicht!“ Vielleicht, weil er so zögerlich hereingekommen ist. Oder weil sie irgendwie arrogant wirkt - obwohl noch gar nichts weiter gesagt worden ist.
„Das Stammhirn entscheidet in diesem Moment nur: Will ich mit dem kommunizieren oder nicht?“, sagt Stefan Verra, der als Autor und Redner tätig ist. Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Das Gute: Man kann daran arbeiten - und trainieren, wie man es schafft, von Anfang an eine gute Wirkung zu erzielen.
„Als Erstes sollte man sich darüber bewusst werden, dass der Körper intensiver spricht als Worte“, sagt Psychologin Monika Matschnig. Körpersprache sei mächtig. „Und sie wird immer wichtiger. Die Wirkungskompetenz hat mittlerweile die Sachkompetenz überholt“, so die Beraterin für Körpersprache. Heißt: Selbst wer hervorragendes Fachwissen hat, verliert mit einer unsicheren Körpersprache womöglich an Glaubwürdigkeit.
Gerade Kopfhaltung, Nase und Nabel ausrichten
„Ein Redner wird dann gut, wenn er eine kraftvolle Körpersprache hat“, sagt Matschnig. „Es klingt zwar banal, aber ich sehe es selten, dass ein Redner auf beiden Beinen steht und eine gerade Kopfhaltung hat. Doch das vermittelt Kompetenz.“
Stefan Verra empfiehlt für einen überzeugenden Auftritt die NN-Regel, die Nase-und-Nabel-Regel. Wer dem Gesprächspartner Nase und Nabel zuwendet, verdeutliche mit dieser frontalen Position, wer gemeint ist und dass die Botschaft wichtig ist. Zusatz-Tipp: Der Clint-Eastwood-Blick. Dazu den Kopf leicht nach vorn neigen und den anderen intensiv fixieren. „Damit erzeugt man eine enorme Nachdrücklichkeit“, so Verra.
Damit die Körpersprache ihre Wirkung voll entfaltet, sei es nötig, am Ende einer Aussage die NN-Regel und den Eastwood-Blick so lang wortlos beizubehalten, bis der andere eine Reaktion zeige. „Wer dabei spricht und erklärt, warum und wieso und weshalb, hat die Botschaft so verwässert, dass das Ergebnis wieder missverständlich ist“, sagt der Körpersprache-Experte. Besonders in angespannten Situationen sei diese Stabilität wichtig.
Auf das Gegenüber einstimmen
Zudem müsse die Körpersprache immer versprechen, die momentanen emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Wer also in ein Team kommt, in dem gerade alle wegen der guten Verkaufszahlen Feuer und Flamme sind, sollte eine Präsentation halten, bei der die Mitarbeiter in ihrer Gefühlswelt bestätigt werden. „Dann sollte ich mit einer lebendigen Körpersprache in dieses Gespräch gehen“, sagt Verra. Anders sieht es aus, wenn das Team wegen einer Kündigungswelle gerade niedergeschlagen ist.
Stichwort Einfühlungsvermögen: „Es führt einfach zu mehr Toleranz, wenn ich empathisch bin“, sagt Matschnig. Der oder die Andere fühlt sich dann gesehen und wertgeschätzt. Körpersprache hängt natürlich auch immer vom Umfeld und der Funktion ab: „Wenn ich eine Präsentation halte, muss ich stark wirken. Wenn ich in ein Mitarbeitergespräch gehe, muss ich Empathie zeigen“, so die Psychologin.
Gespiegelte Körpersprache
Das Gegenüber zu spiegeln, erzeugt dabei einen besonders vertrauens- und sympathiefördernden Eindruck. Und zwar nicht, indem man eine Person nachäfft, sondern indem man sich angleicht. Beugt sich ein Teammitglied nach vorn und die hat die Arme auf dem Tisch, nimmt man ungefähr die gleiche Haltung ein. Lehnt er sich nach einiger Zeit zurück, ebenso.
Es hilft auch, sich im Sprechtempo anzupassen. „Damit schafft man Berührungspunkte“, so Matschnig. „Dann schwingt es einfach. Man hat das Gefühl, dass man auf einer Wellenlänge ist.“ Die Sitzposition kann diesen Eindruck verstärken: Wer einem Gesprächspartner nicht frontal gegenübersitzt, sondern im rechten Winkel, Schulter an Schulter, lässt die Person näher an sich heran.
Ganz anders sieht es bei Gehaltsverhandlungen aus. „Dann muss ich mit einer gewissen Stärke auftreten“, betont die Psychologin. Das heißt: „Ich habe direkten Blickkontakt, eine feste sonore Stimme, ich fläze mich nicht hin, sondern sitze aufrecht mit beiden Beinen auf dem Boden und hebe das Brustbein an - zum Kampf bereit.“
Selbstreflexion: Feedback zum eigenen Auftritt einholen
Grundsätzlich gilt: Je höher die Position einer Person im Unternehmen, „desto größer muss die Contenance sein, umso mehr muss sie darauf achten, wie sie wirkt“, sagt Diplom-Psychologin Matschnig. Das lässt sich trainieren, indem man in die Selbstreflexion geht und sich Feedback holt. „Wer den Mut hat, sich selbst einmal bei einer Projektpräsentation filmen zu lassen, wird danach sehen, wo er nicht gut wirkt und womit dann auch die Überzeugungskraft verloren geht.“
Ein Patentrezept für Wirkung gibt es dabei nicht. „Jeder kann nur seine individuelle Wirkung finden, die zu ihm passt“, sagt Matschnig. Aus einer introvertierten Persönlichkeit könne man niemals eine extrovertierte machen. „Das Versprechen, das uns das Gegenüber durch seine Körpersprache gibt, muss echt sein - innerhalb des Temperaments, das zu ihm passt“, so Stefan Verra.
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