Erfolg im Job ist keine Männersache

Weltfrauentag: Bürgermeisterin, Richterin und Gastronomin schildern ihre Erfahrungen

08.03.2019 | Stand 19.09.2023, 3:31 Uhr

Von Franziska Kirschner

Eggenfelden. 21 Prozent weniger verdienen Frauen im Landkreis für die gleiche Arbeit wie Männer. Das hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zum Internationalen Frauentag am heutigen Freitag mitgeteilt. Zudem hätten sich Frauen parallel zum Arbeitsalltag meist allein auch noch um die Familie und den Haushalt zu kümmern. In Beruf und Alltag scheint die Gleichberechtigung also noch lange nicht vollständig erreicht zu sein. Braucht es Frauenquoten? Und welche Hürden haben speziell Frauen in ihrer beruflichen Karriere zu überwinden? Der Rottaler Anzeiger hat sich mit drei Frauen aus der Region, die in Politik, Justiz und freier Wirtschaft „ihren Mann stehen“ darüber unterhalten.

Anna Nagl

Die einzige weibliche Bürgermeisterin im Landkreis ist Anna Nagl (59) aus Falkenberg. Darüber freut sie sich, wobei, wie sie betont, die Wahl an sich persönlichkeitsorientiert und somit unabhängig vom Geschlecht sei. „Akzeptanzprobleme konnte ich zu keinem Zeitpunkt feststellen“, berichtet sie. Anna Nagl merkt jedoch an, dass ihre weibliche Sichtweise gelegentlich einen zusätzlichen Ansatz zur Lösung von Problemen bringe.

Im Hinblick darauf, dass Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind, verweist sie auf die Schwierigkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren. „Mir war es erst möglich, diesen Weg einzuschlagen, nachdem meine drei Kinder ihre Schulbildung weitestgehend abgeschlossen hatten“, stellt Nagl dar. Weiterhin wirke die Tatsache, dass früher Frauen und Mädchen im Schul- und Bildungsbereich weniger gefördert worden seien, bis heute nach. „Ich denke, dass sich hierbei mit der Zeit durch die Förderung der Betreuungseinrichtungen sowie familienfreundlichere Zeitmodelle im Beruf Lösungsansätze ergeben werden.“

Feste Frauenquoten hält Anna Nagl für einen möglichen ersten Schritt zur Entdeckung der eigenen Potenziale. Manchmal müsse man dazu gezwungen werden, seine eigenen Fähigkeiten auszuschöpfen. „Auch ich wurde durch die Mitglieder des Katholischen Frauenbundes gedrängt, mich in der Kommunalpolitik zu engagieren“, sagt sie. Zudem zwinge die Frauenquote dazu, auf die Frauen zuzugehen und sie für die Arbeit in der Politik zu begeistern. Der Wille und die Bereitschaft müsse aber von den Frauen selbst kommen.

Dr. Stephanie Greil-Lidl

Ihre Arbeit als Richterin am Amtsgericht Eggenfelden empfindet Dr. Stephanie Greil-Lidl (33) als anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe, die sie sehr gerne ausübt. Zur Justiz an sich merkt sie an, dass diese keineswegs mehr nur männerdominiert sei: „Am Amtsgericht Eggenfelden beispielsweise sind vier Richterinnen und vier Richter tätig.“ Allerdings finde man in den höheren Ämtern der Justiz mehr Männer als Frauen. „Grundsätzlich haben beide Geschlechter die gleiche Chance auf eine Führungsrolle“, betont Greil-Lidl, jedoch beobachte sie des Öfteren, dass im Falle der Familiengründung mehr Frauen als Männer beruflich kürzer treten. „In dieser Zeit haben Männer in einem größeren Umfang die Möglichkeit, ihre Kompetenzen zu beweisen und sich für eine Führungsposition zu qualifizieren.“

Verbessern ließe sich dieses Ungleichgewicht insbesondere mit einer gleichwertigen Anerkennung der Tätigkeit, gleichen Aufstiegschancen in Teilzeit sowie der Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Letzteres sei im Amtsgericht Eggenfelden schon in gewissem Umfang möglich. „Die Qualität der Leistung und die Kompetenz der Mitarbeiterin hängen nicht an der Anzahl ihrer Stunden“, betont Stephanie Greil-Lidl.
Auch mit geschlechtsbezogenen Hürden hat sie es schon zu tun bekommen: „Vor meiner Tätigkeit in der Justiz bin ich durch meinen damaligen Vorgesetzten offen mit der Aussage konfrontiert worden, dass Frauen für die gleiche Position doppelt so viel leisten müssen wie Männer.“ Sie habe jedoch den Eindruck, dass sich die Einstellung der überwiegend männlichen Vorgesetzten diesbezüglich geändert habe. Weiterhin berichtet sie: „Als Berufseinsteigerin hatte ich das Gefühl, dass man mich in meiner Standhaftigkeit und Autorität testen wollte.“ Je selbstbewusster sie jedoch auftrat, desto weniger musste sie sich mit „geschlechterspezifischen Machtkämpfen“ herumschlagen.
Über die Sinnhaftigkeit von Frauenquoten ist sie zwiegespalten: „Einerseits helfen sie Frauen, in die entsprechenden Positionen zu gelangen und Männerdomänen zu durchbrechen, andererseits will frau auch nicht, dass man ihr nachsagt, sie hätte den Job nur aufgrund der einzuhaltenden Frauenquote erhalten.“ Dies werte ihre Kompetenz erheblich ab. Außerdem lasse sich die Quote in gewissen Bereichen nicht sinnvoll realisieren.

Sabrina Obermaier

Mit ihrer langjährigen Freundin Ramona Urban hat Sabrina Obermaier (33) vor drei Jahren das italienische Restaurant SaRa in Eggenfelden eröffnet. „Frauenpower pur“ lautet dabei ihr Motto. Mit den männlichen Angestellten habe es nie größere Probleme gegeben, es sei aber durchaus eine Herausforderung, sich als Frau bei drei Köchen durchzusetzen. Dabei hebt sie die lange Freundschaft mit ihrer Geschäftspartnerin hervor: „Wir stellen ein starkes Team. Das ist eine zusätzliche Erleichterung.“
Die Tatsache, dass Frauen auch seltener als selbstständige Unternehmer auftreten, liegt ihrer Meinung nach am fehlenden Mut. Sabrina Obermaier betont ebenfalls ein gesundes Selbstbewusstsein als essenzielle Voraussetzung. „Die Leitung eines Lokals birgt auch immer ein finanzielles Risiko. Dabei sollte man die eigene Familie stets im Blick haben.“
Die Hindernisse auf ihrem beruflichen Weg sieht sie gelassen: „Hürden begegnen einem immer wieder im Leben.“ Der enorme Aufwand eines Restaurants sollte einem allerdings durchaus bewusst sein. Da aber jeder einen festen Aufgabenbereich habe und sie sich gegenseitig blind vertrauen könnten, verlaufe meist alles reibungslos. Auch Obermaier, selbst Mutter zweier Kinder, verweist auf den „Spagat“ zwischen Beruf und Familie, hebt aber hervor: „Es ist definitiv machbar, auch wenn man dabei oft selbst zurückstecken muss.“
Frauenquoten betrachtet sie eher skeptisch: „Es ist nicht zielführend, alles durch Quoten zu regulieren. Frauen und Männer können gleich gute Leistungen erbringen.“ Dabei seien in manchen Tätigkeiten die Männer in der Überzahl, in den anderen wiederum die Frauen. „Es muss ein Gleichgewicht zwischen dem, was geleistet werden muss, und dem, was tatsächlich geleistet wird, herrschen.“

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