Dass Bäume verehrt werden, ist durchaus verständlich. Viele Baumarten können eine beträchtliche Lebensdauer erreichen, und die Kronen der Bäume reichen weit in den Himmel hinein. Die Wurzeln sind größtenteils unsichtbar und verlieren sich in der Erde. Bäume können als Verbindung zwischen Himmel und Erde gesehen werden. Das Wirken von heidnischen Göttern wurde bereits in der Antike und im Mittelalter in Bäumen vermutet. Berühmt ist die dem Gott Donar zugeordnete Eiche in Hessen, die der heilige Bonifatius fällen ließ, um die Ohnmacht heidnischer Götter zu beweisen. Aber auch heute werden ehrwürdige Bäume nach wie vor beachtet und geschätzt. Allein zur Markierung von Wegen sind Bäume nützlich, weil entsprechende Angaben nicht so leicht verschwinden.
In der Oberpfalz kann man an vielen Bäumen handgeschnitzte Figuren, modellierte Reliefbilder, Darstellungen von Heiligen und insbesondere der Kreuzigung antreffen, manchmal sind sie mit einem Dach geschützt oder in ein Holzhäuschen eingefügt. Als „Katholische Bäume“ hat sie der Fotograf Rudi Wilhelm bezeichnet und 200 von ihnen in einem reichhaltigen Band gesammelt.
Oft stehen diese „Katholischen Bäume“ in der Nähe einer Bank, wo man Rast machen kann. Die Darstellungen sind immer als Einladung zum Verweilen im Gebet zu verstehen. Sie regen zum Nachdenken und Innehalten an. Es handelt sich um schlichte Zeichen der Volksfrömmigkeit. Mit den Bäumen zusammen stellen sie Zeugnisse von weit zurückliegenden Ereignissen dar, die kaum mehr jemand miterlebt hat. Große Kunst ist hier nicht zu erwarten. Dagegen treffen wir auf Hinweise auf einen Alltag, in dem die Religion unmittelbar von Belang war. Erwartungsgemäß finden sich neben allgemeinen Gebetsermahnungen auch konkrete Angaben zu Unglücken in der Vergangenheit.
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