Plattling

Der Zoll in Plattling: Eine Prise Weltpolitik hinter grauen Mauern

09.06.2018 | Stand 19.09.2023, 6:52 Uhr

In Deutschland verboten sind diese sehr zweifelhaften tierischen Produkte wie eine in Schnaps eingelegte Kobra (l.), das Fell einer Langschwanzkatze oder Krokodilfleisch. Der Zoll hat sie deshalb aus dem Postverkehr gezogen. − Fotos: Schweighofer

Das zweistöckige Gebäude im Plattlinger Industriegebiet ist in seiner grauen Schlichtheit an Unauffälligkeit schwer zu überbieten. Was soll hier schon Spannendes sein, denkt man sich beim Vorbeifahren. Und doch: Hinter den hohen Fenstern kommt nicht nur die Weltpolitik ins kleine Plattling, nein, es gibt auch kaum etwas, was die rund 60 Mitarbeiter hier noch nicht gesehen haben. Das Plattlinger Zollamt ist so etwas wie die große Unbekannte in der Isarstadt. Wenige wissen, dass der Zoll hier überhaupt eine Niederlassung hat und noch weniger, was hinter der unscheinbaren Fassade eigentlich passiert?

Die Heimatzeitung hat Antworten gefunden – und die sind so spannend, dass die Redaktion die Arbeit der in Plattling tätigen Zöllner in den nächsten Tagen in einer dreiteiligen Mini-Serie vorstellen wird. Los geht es mit dem klassischen Zollamt. Es folgen die Kontrolleinheit Verkehrswege und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.

Expertenwissen brauchen die Zollbeamten in Plattling im Bereich Import/Export. Im Jahr 2016 führten deutsche Unternehmen Waren im Wert von rund 500 Milliarden Euro in Nicht-EU-Staaten aus. Der Wert aller aus diesen Ländern nach Deutschland eingeführten Waren betrug im gleichen Zeitraum rund 402 Milliarden Euro. Probleme kann es dabei für die Firmen vor allem bei Exporten in Embargoländer wie zum Beispiel Syrien, Iran, Irak, Sudan, Pakistan oder den Jemen geben. "Bei solchen Exporten ist grundsätzlich zu prüfen, ob es sich um eine sogenannte Dual-Use-Ware handelt. Also Produkte, die sowohl im alltäglichen Leben, als auch in der Rüstungsindustrie eingesetzt werden könnten", erklärt Maria Kroiß. Filter, Messgeräte oder Verschlüsselungstechniken etwa. Und auch einige Firmen aus dem Bezirk exportieren solche "risikoorientierten Waren".

Ein enger Austausch mit den Firmen sei deshalb entscheidend, so Kroiß. Schließlich ändere sich laufend etwas – je nachdem wie sich der politische Wind gerade dreht. Und dank Donald Trump gibt es derzeit auch bei den hiesigen Unternehmern so viel Unsicherheit wie selten. Was gilt noch in Sachen Iran, nachdem der US-Präsident das Atomabkommen gekündigt und einseitig Sanktionen gegen das Land verhängt hat? Was bedeutet der Handelskrieg mit den USA, der derzeit noch im Anfangsstadium ist, sich aber bald schon auf die Autoindustrie ausweiten könnte, für uns? "Wir bekommen dazu viele Anfragen von Firmen. Wir können dazu aber derzeit noch nichts Konkretes sagen. Die Nervosität ist aber zu spüren", erzählt Maria Kroiß.

"Wir als Zollamt sind da aber nur ein kleines Rädchen", stellt Elvira Enders-Beetschen klar. Der Zoll, der dem Finanzministerium und damit derzeit Olaf Scholz (SPD) als oberstem Chef unterstellt ist, sei schließlich ein riesiges Gebilde mit bundesweit 43 Hauptzollämtern. Trotzdem: "Wir müssen immer auf dem aktuellsten Stand bleiben", sagt Maria Kroiß. "Das macht unsere Arbeit auch so spannend." Die Weltpolitik wird zwar mit Sicherheit nicht in Plattling gemacht – ihre Auswirkungen spürt man aber sehr wohl deutlich, hier in diesem unauffälligen Gebäude am Rand der Stadt.
Mehr dazu lesen Sie am Samstag, 9. Mai, in Ihrer Plattlinger Zeitung.

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