Obing

Aus Kompost Biogas machen

23.08.2020 | Stand 19.09.2023, 21:25 Uhr

Die wichtigste Idee für das neue Konzept: Die Anpassung der Anlagengröße an das Ziel, einen Mehrwert für die Region zu schaffen. Im Vergleich wird deutlich, mit welcher Anlage wie viel Biomüll verarbeitet werden und zu Biogas verwertet werden kann. −Grafik: Dr. Lache Consulting

Unter dem Stichwort "Bioenergie im kommunalen Konsens" wurde im Gemeinderat Obing ein von Obinger Unternehmern entwickeltes Konzept für ein neuartiges Projekt zur Nutzung regenerativer Energien zur lokalen beziehungsweise regionalen Energieversorgung vorgestellt. Anlass der Behandlung im Gemeinderat waren Überlegungen zur Wärmeenergieversorgung des neuen Gewerbegebietes gewesen.

Doch Marco Luger und Mitarbeiter Maximilian Chemnitz von der Firma Luger-Elektrotechnik, unterstützt von Unternehmensberater Dr. Michael Lache, ging es um mehr – um eine kommunale Bioenergie-Anlage, mit der die Gemeinde Obing einen großen Beitrag zur Energieerzeugung aus regenerativen Quellen in der Region leisten könnte.

Michael Lache erläuterte im Gemeinderat zunächst die Ausgangsbedingungen. Gegenwärtig liefere Strom aus erneuerbaren Energien etwa 35 Prozent der gesamten Stromerzeugung in Deutschland, davon stammten 51,6 Prozent von Windkraftanlagen, 19,5 Prozent von Photovoltaikanlagen und 20,6 Prozent aus der Nutzung von Biomasse. Im Einklang mit Marco Luger, der seit 15 Jahren Biogasanlagen in elektrotechnischer Hinsicht betreut, sieht Michael Lache das größte Potenzial für Obing bei der Steigerung der Energieproduktion aus regenerativen Quellen im Bioenergiesektor. Denn über 66 Prozent der Bodenfläche Obings werde landwirtschaftlich genutzt. Allerdings ziele das bisher erst in den Grundzügen erarbeitete Konzept weniger auf Ausweitung der Energiepflanzenproduktion ab, vielmehr auf die Nutzung von alternativen Bio-Ressourcen, nämlich von Bio-Reststoffen, die in der Landwirtschaft anfallen würden.

Doch darüberhinaus gebe es viele Bereiche, aus denen biogene Reststoffe verwertet werden können, beispielsweise Reste aus der Gastronomie oder die Inhalte der demnächst kommenden Biotonne für alle Haushalte, die nicht selbst kompostieren. Alles zusammengerechnet fielen pro Einwohner und Jahr 125 Kilogramm an Bioresten an, die gegenwärtig vom Landkreis Traunstein aus in erster Linie in einer großen Biogasanlage in Erding landeten. Durch die Bioreste-Entsorgung und deren Umwandlung in Biogas in der Region würde ein Mehrwert für die Region geschaffen, so Leches Fazit. Denn daraus entstünden Produkte, die vermarktet werden können. In der von Marco Luger und Michael Lache angedachten Anlage kann das Biogas für die Strom- und Wärmeproduktion genutzt und die Gärreste zu Dünger und Humus oder zu Pflanzenkohle veredelt werden. Gereinigtes Biogas kann ins Erdgasnetz eingespeist werden. So entstehe saubere Energie aus Resten bereits vorher genutzter Stoffe und die Wertschöpfung bleibe in der Kommune und in der Region.

Luger, Chemnitz und Lache haben sich bereits ähnliche Anlagen des auf Reststoffverarbeitung spezialisierten Schweizer Anlagenbauers Thöni angeschaut und sind überzeugt, dass man das Konzept auf Obing und die umgebende Region zuschneiden könnte. Dabei geht es vor allem um die Größe dieser "Mehrwert-Bioenergie-Anlage", die nach ihrer Überzeugung etwa 20000 Tonnen Verarbeitungskapazität im Jahr haben könnte, deutlich mehr als die durchschnittlichen 2000 Tonnen der Biogasanlagen einzelner Landwirte, aber wesentlich weniger als die bereits arbeitenden großen Anlagen für über 70000 Tonnen mit industriellem Charakter. Eine gewisse Größe sei notwendig, um alle Bestandteile des Konzeptes unterzubringen, Hallen zur Annahme von Grüngut und Biotonne, zum Schreddern, für die Hygienisierung, den Fermenter zur Gasproduktion mit Nachgärer und Gärrestetrocknung. Das Blockheizkraftwerk und die Gasaufbereitung als wichtiges Charakteristikum wären geruchs- und lärmgekapselt, um Emissionen nicht nach außen dringen zu lassen. Für die Errichtung und den Betrieb einer solchen Anlage sei unter anderem eine Beteiligungsgesellschaft denkbar, in der Stromversorger und Unternehmer, Bürger und Kommunen Mitglied sein könnten.

Marco Luger und Michael Lache betonten, man befinde sich momentan noch ganz am Anfang, in der "Präprojektentwicklungsphase". Zunächst solle in Zusammenarbeit mit Anlagenbauer Thöni ein auf die lokalen Verhältnisse in Obing angepasstes Anlagenkonzept erarbeitet werden. Dann gehe es in die nächste Runde zu weiteren Kontakten mit potentzellen Anlieferern und Betreibern einer solchen Anlage. Im Obinger Gemeinderat wurde hier eine Aufgabe gesehen, bei der sich das gerade von 15 heimischen Gemeinden gegründete Regionalwerk engagieren sollte.

− ig

URL: https://www.pnp.de/archiv/1/aus-kompost-biogas-machen-7451597
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