Kollnburg

Kläranlage Kirchaitnach ist zu alt und zu klein

Anlage an der Aitnach läuft derzeit nur noch mit Ausnahmegenehmigung – Vier Varianten vorgestellt

17.05.2021 | Stand 19.09.2023, 21:38 Uhr
Marion Wittenzellner

Die Kirchaitnacher Kläranlage am Aitnach-Bach ist im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte viel zu klein geworden, ist sanierungsbedürftig und außerdem steht sie mitten im Überschwemmungsgebiet. −Foto: Marion Wittenzellner

"Die Kirchaitnacher Kläranlage ist zu klein!" vermeldete Bürgermeister Herbert Preuß in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Das Wasserwirtschaftsamt habe schon lange gefordert, da etwas zu unternehmen, und Ende 2020 sei auch noch die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung in den Aitnach-Bach ausgelaufen, erläuterte er die Problematik, mit der sich die Gemeinde als Betreiberin und letztlich auch die Bürger aus dem Raum Kirchaitnach/Allersdorf als Nutzer nun konfrontiert sehen.

Um alle Möglichkeiten auszuloten, wie die Abwasserentsorgung dort künftig vonstatten gehen könnte, sei deshalb schon letzten Sommer eine Variantenuntersuchung beim Viechtacher Ingenieurbüro Brunner in Auftrag gegeben worden. Dessen Mitarbeiter Florian Pledl präsentierte dem Gremium nun seine Untersuchungsergebnisse.

Total unterdimensioniert

Mit einer Ausbaugröße von 525 Einwohnerwerten und einem relativ großen Einzugsgebiet sei die 20 Jahre alte Kirchaitnacher Kläranlage mittlerweile zu klein, bestätigte er die Aussage des Vorsitzenden; die genehmigten Einleitungswerte würden regelmäßig überschritten. Allerdings konnte bislang noch keine Verschlechterung der Gewässergüte und der Gewässerwerte des Aitnach-Bachs festgestellt werden.

Nichtsdestotrotz müsse die Gemeinde tätig werden, weil die Anlage seit Januar nur noch auf Duldung laufe, und weil die RZWas 2018/2021 derzeit attraktive Fördermöglichkeiten für Anlagensanierungen inklusive einer geringfügigen Erweiterung bis zu 15 Prozent oder aber für den Bau neuer Verbundkanäle hin zu einer anderen, leistungsfähigen Kläranlage in Aussicht stelle.
Faktisch seien an die Anlage derzeit zirka 700 Einwohner zuzüglich Gewebebetriebe und Fremdenverkehr angeschlossen, schilderte Pledl die momentane Situation. Die tatsächliche Belastung liege ausweislich der Jahresberichte bei etwa 650 Einwohnern, und damit immer noch erheblich über der eigentlichen Kapazität von 525.

Hinzu komme, dass das Bauwerk inmitten einer Wiese steht, die bei Starkregenereignissen regelmäßig überflutet werde, wodurch auch die Gesamtanlage schon mehrfach in Mitleidenschaft gezogen wurde. Darüber hinaus komme es wegen einer beschädigten Abdichtung zu Grundwassereintrag in den Schönungsteich, und außerdem seien im Zu- und Ablauf keine fachgerechten Messeinrichtungen vorhanden.
Bei seiner Untersuchung habe er unter Einbeziehung der erschlossenen Einwohner, der erschlossenen Gewerbebetriebe sowie entsprechender Reserven für Baulücken, unbebaute Grundstücke und noch nicht angeschlossene Gewerbebetriebe eine realistische Ausbaugröße von 850 EW errechnet, führte der Planer weiter aus.

Im Ergebnis sei die Anlage derzeit überfordert, es habe sich nur noch nicht aufs Gewässer ausgewirkt – aber das sei langfristig zu erwarten, mahnte er zum Handeln. Die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte habe er ebenfalls im Blick behalten. Einen grundsätzlich denkbaren Anschluss an die Kläranlagen in Sankt Englmar oder in Teisnach habe er allein schon wegen der Leitungslängen und der damit verbundenen Kosten nicht weiterverfolgt.

Vier Varianten denkbar

Letztlich seien vier Möglichkeiten verblieben, die er dann detaillierter ausgearbeitet habe, erklärte Pledl dem Gremium. Als Variante 1 käme ein direkter Anschluss ans Kanalnetz der Stadt Viechtach in Betracht. Dazu müsste eine Druckleitung an der Staatsstraße REG14 entlang bis nach Schlatzendorf, nahe der ehemaligen Firma Tetek, verlegt werden. Die Kläranlage Kirchaitnach würde aufgelöst. Am bisherigen Standort müsste lediglich ein Pumpwerk neu gebaut werden. Die reinen Investitionskosten würden sich hier auf 1036567 Euro belaufen, bei zu erwartenden Fördermitteln von 480000 Euro. Der Projektkostenbarwert inklusive der Re-Investitionskosten und der laufenden Kosten würde allerdings stolze 3759973 Euro betragen.
Vorteile dieser Variante wären eine Reduzierung der Investitionskosten durch die Fördermittel, eine künftige Einleitung der Abwässer in den deutlich größeren und damit höher belastbaren Schwarzen Regen sowie eine Minimierung der Re-Investitionskosten.

Die Nachteile wären allerdings, dass sich die Gemeinde Kollnburg hier von der Stadt Viechtach abhängig machen würde, dass hohe laufende Kosten durch die Mitnutzung des Stadtkanalnetzes zu erwarten seien, dass für die Einleitung ins Kanalnetz die Zustimmung der Stadt notwendig wäre und dass eventuell Folgekosten für Leitungsumlegungen in Straßengrundstücken entstehen könnten, gab Pledl zu bedenken.
Variante 2 sei die Erweiterung der bestehenden Kläranlage Kirchaitnach auf 850 EW. Die Investitionskosten würden sich hier auf 567928 Euro und die zu erwartende Förderung auf 185000 Euro belaufen; der Projektkostenbarwert läge bei 2450133 Euro.
Vorteile dieser Variante wären, dass die bestehende Anlage weiterbetrieben werden könnte und dass die Gemeinde ihre kommunale Unabhängigkeit bewahren würde. Nachteile seien die hohen Re-Investitionskosten und die hohe Auslastung der Anlage. Hinzu komme, dass man in Zukunft mit Verschärfungen der Einleitungswerte und in der Folge mit weiteren Investitionen rechnen müsse.
Variante 3 sei die Ableitung der Kirchaitnacher Abwässer zur Kläranlage Kollnburg. Allerdings sei das "ein Krampf" (O-Ton Pledl), weil dann die Kläranlage im Burgdorf ihrerseits erweitert werden müsste und außerdem ein Höhenunterschied von rund 200 Metern zu überwinden wäre, ganz zu schweigen von einer drohenden Verschlechterung der Gewässergüte im Riedbach und von etlichen Privatgrundstücken, die beim Leitungsbau durchquert werden müssten.
Variante 4 wäre dem Planer zufolge ein direkter Anschluss an die Viechtacher Kläranlage, wie dies auch die Gemeinde Prackenbach ins Auge gefasst habe. Dazu müsste die Gemeinde Kollnburg in Eigenregie eine komplett neue Leitung bauen, die vollkommen unabhängig vom Städtischen Kanalnetz von der Kläranlage Kirchaitnach entlang der Staatsstraße REG14 und der B85 bis zur Rehau-Einmündung und von dort an der Viechtacher Umgehungsstraße bis zur Städtischen Kläranlage verlaufen würde.

Aufgrund der enormen Leitungslänge von mehr als sechs Kilometern wären hier die Investitionskosten mit 1611974 Euro zwar relativ hoch, allerdings stehe auch eine stattliche Förderung von 970000 Euro im Raum. Der Projektkostenbarwert würde sich auf 2566654 Euro belaufen. Vor allem die laufenden Kosten wären im Vergleich zu den drei anderen Varianten deutlich niedriger, weil eine Kläranlage in der Größenordnung, wie sie Viechtach aufbietet, die Abwässer viel besser aufbereiten könne als eine kleine, betonte Pledl.

Von der Kirchaitnacher Kläranlage könnte die Rechenanlage weiterbetrieben und das Vorklärbecken als Puffer und Notstauraum genutzt werden; das restliche Grundstück könnte eventuell renaturiert und als Ausgleichsfläche verwendet werden. Nachteile der Variante 4 wären die Abhängigkeit von der Stadt Viechtach, die für die Einleitung notwendige Zustimmung der Stadt sowie die möglichen Folgekosten für die Leitungsumlegungen in den Straßengrundstücken, die bei einem Umbau der Rehau-Einmündung drohen.

Zwei Varianten favorisiert

Weil für die Förderfähigkeit der Projektkostenbarwert maßgeblich sei, bleibe letztlich nur die Wahl zwischen den Varianten 2 und 4, resümierte Pledl. Wenn die Gemeinde den Bürgern langfristig etwas Gutes tun möchte, sollte sie sich für die Variante 4 entscheiden. Rein von den Investitionskosten, die man sofort in die Hand nehmen muss, wäre dagegen die Variante 2 "Erweiterung der bestehenden Kläranlage" die günstigste.
Zur Zeitschiene erklärten Bürgermeister Herbert Preuß, Geschäftsleiter Christian Fries und Florian Pledl auf Nachfrage von Thomas Kapfhammer, dass man jetzt in die Planung kommen sollte, nachdem die wasserrechtliche Erlaubnis ja schon abgelaufen sei und der Klärbetrieb nur noch mit Duldung laufe. Die Umsetzung sollte 2022 erfolgen. Die RZWas-Förderung gelte bis 2024.
Die Varianten 1 und 4 seien grundsätzlich abhängig von der Erlaubnis der Stadt Viechtach, gab Bürgermeister Preuß zu bedenken; sofern von dort kein grünes Licht komme, bleibe letztlich nur die Variante 2.
Bis die Stadt Viechtach ihre Entscheidung getroffen habe, könne man momentan nicht viel tun, bestätigte der Planer; eventuell könnte man die Duldung aber für ein weiteres Jahr verlängern lassen. Preuß sicherte zu, dass er dies dem Wasserwirtschaftsamt mitteilen werde.
Alexandra Fischl wollte wissen, ob es bei einer Anbindung an Viechtach auch für diejenigen, die entlang der neuen Trasse wohnen, eine direkte Anschlussmöglichkeit gäbe. Florian Pledl hielt das für sehr schwierig.
Andreas Hastreiter brachte die Idee von einem biologischen Ausbau der Kirchaitnacher Kläranlage ins Spiel. Seines Wissens werde das öfters gemacht, wenn eine Anlage am Limit ist. Obwohl Planer und Bürgermeister darüber sehr skeptisch waren, sicherte Herbert Preuß zu, diesbezüglich beim WWA nachzufragen.

URL: https://www.pnp.de/archiv/1/klaeranlage-kirchaitnach-ist-zu-alt-und-zu-klein-7447619
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