PNP-Interview

Andrea Lindholz (CSU) kritisiert Blockade der Linksfraktion

05.01.2019 | Stand 20.09.2023, 4:51 Uhr

Andrea Lindholz (CSU), Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses. −Foto: dpa

Während das IT-Netz der Bundesregierung mittlerweile als sehr sicher gilt, hat sich das System des Bundestages als anfällig und unsicher erwiesen. Dass der Bundestag auf Technik und Knowhow der Regierung verzichtet, wenn es um Datensicherheit geht, stößt bei der Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), auf scharfe Kritik. Sie macht dafür im Interview der PNP (Samstags-Ausgabe) vor allem die Linksfraktion und deren "ideologische Vorbehalte" verantwortlich.

Frau Lindholz, Hacker haben über den Nachrichtendienst Twitter massenhaft Daten von Regierungsmitgliedern und Abgeordneten veröffentlicht. Welches Ausmaß hat dieser Datenklau?

Lindholz: Das lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschließend sagen. Das Ausmaß des bislang veröffentlichten Datenmaterials ist in Deutschland jedenfalls einzigartig. Private Daten von Hunderten von Politikern und vielen Medien- und Kulturschaffenden wurden veröffentlicht. Persönlich bin ich aber wohl nicht betroffen. In vielen Fällen beschränken sich die Veröffentlichungen wohl auf Handynummern oder private Email-Adressen, bei einigen wurden aber wohl auch sehr private Daten wie Kontoauszüge oder Urlaubsfotos veröffentlicht. Das ist absolut inakzeptabel.

Bundeskriminalamt und Geheimdienste ermitteln, das Cyber-Abwehrzentrum untersucht den Fall – wie ernst sind die Spähaktionen?

Lindholz: Die Bundesregierung nimmt diesen Vorfall offensichtlich sehr ernst. Das erwarte ich auch. Das Gleiche gilt natürlich auch für uns Bundestagsabgeordnete. Als Vorsitzende habe ich bereits beantragt, dass der Innenausschuss des Bundestages bereits am kommenden Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommt. Dort werden wir uns von den Sicherheitsbehörden berichten lassen, um aus erster Hand zu erfahren, womit wir es konkret zu tun haben.

Die Daten waren bereits im Dezember online. Die von den Hackerattacken Betroffenen wurden allerdings erst am späten Donnerstagabend informiert. Warum haben die Ermittler erst so spät reagiert?

Lindholz: Das ist eine sehr berechtigte Frage, die wir auch in unserer Sondersitzung stellen werden. Denkbar wäre, dass dabei ermittlungstaktische Erwägungen eine Rolle gespielt haben. Es muss aber natürlich geklärt werden, warum der Twitter-Account, über den der Zugang zu den Daten seit Dezember veröffentlicht wurde, noch bis zum heutigen Freitagvormittag frei zugänglich war.

Die Angriffe und Datenleaks sind kein Einzelfall. Auch in der Vergangenheit hat es solche Angriffe gegeben. Hat man daraus noch immer nicht die richtigen Konsequenzen gezogen?

Lindholz: Im Bereich IT-Sicherheit ist im Bundestag in den letzten Jahren viel passiert. Inwiefern nachgebessert werden muss, muss jetzt geprüft werden. Fest steht, dass es absolute Datensicherheit im digitalen Zeitalter nicht geben kann. Hinzu kommt die besondere Struktur des Bundestages. Wir Abgeordnete kommunizieren extrem viel, nicht nur innerhalb des Bundestages, sondern auch außerhalb mit der Bundesregierung und den Bürgerinnen und Bürgern in unseren Wahlkreisen. Dafür brauchen wir natürlich praxistaugliche Geräte. Wenn wir nur noch per Kryptohandy kommunizieren würden, wäre unsere Arbeit kaum noch machbar. Es bleibt daher immer eine Gratwanderung zwischen einer einfachen und gleichzeitig sicheren Kommunikation. Am Ende steht auch jeder Einzelne in der Pflicht, möglichst sorgfältig mit seinen Daten und Endgeräten umzugehen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnt vor voreiligen Debatten um die Datensicherheit. Sind die Vorgänge nicht aber ein Alarmsignal?

Lindholz: Natürlich sollten wir mit der Bewertung der Vorgänge vorsichtig sein. Vor allem weil man bislang noch nicht weiß, welchen Hintergrund das Ganze hat, welche Daten authentisch beziehungsweise echt sind und welche Daten völlig veraltet sind oder sogar gezielte Falschinformationen darstellen. Um genau bei diesen Punkten für mehr Klarheit zu sorgen, wird sich der Innenausschuss nächste Woche treffen.

Während das IT-Netz der Regierung als sehr sicher gilt, hat sich das System des Bundestages als anfällig und unsicher erwiesen. Warum nutzt das Parlament nicht Technik und Knowhow der Regierung, wenn es um Datensicherheit geht?

Lindholz: Das liegt vor allem an den ideologischen Vorbehalten der Linken. Eine klare Trennung zwischen Exekutive und Legislative ist wichtig. Aber das darf nicht auf Kosten der Datensicherheit des Parlaments gehen. Ich bin dafür, dass die Bundestagsverwaltung künftig auch direkt mit den Experten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zusammenarbeiten darf. Diese Forderung ist bisher immer wieder an der Blockade der Linken gescheitert. Das halte ich für fahrlässig. Wir erwarten schließlich auch von deutschen Unternehmen, denen Daten gestohlen wurden, dass sie mit dem Verfassungsschutz kooperieren, um ein umfassendes Lagebild und wirksame Gegenmaßnahmen zu ermöglichen. Angesichts der aktuellen Vorfälle sollte der Bundestag alle verfügbaren Ressourcen nutzen, um sich und seine Mitglieder wirksam zu schützen. Ein wehrhafter Rechtsstaat funktioniert nur, wenn sich die Demokraten untereinander grundsätzlich vertrauen. Als selbstbewusste Parlamentarier kontrollieren wir die Bundesregierung und ihre Behörden, nicht umgekehrt.
Interview: Andreas Herholz.

URL: https://www.pnp.de/archiv/1/andrea-lindholz-csu-kritisiert-blockade-der-linksfraktion-7237355
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