Neuhaus am Inn

Grenzübergreifend: Europa-Werte-Wanderweg ist eröffnet

07.07.2022 | Stand 20.09.2023, 6:20 Uhr
Markus Lindmeier

Gemeinsam mit dem Neuhauser Bürgermeister Stephan Dorn (Mitte, r.) und dem Schärdinger Bürgermeister Günter Streicher (Mitte 3.v.l.) enthüllte MdL a.D. Konrad Kobler (Mitte) die erste Infotafel und eröffnete damit den grenzüberschreitenden "Europa-Werte-Wanderweg", an dem sich in den nächsten vier Wochen in Neuhaus und Schärding die Bürger informieren können. −Fotos: Lindmeier

Der Europa-Werte-Wanderweg ist eröffnet. Bei der Eröffnungsfeier im Kulturgarten in Neuhaus am Inn (Landkreis Passau) bedankte sich der Bezirksvorsitzende der Europa-Union-Bayern und MdL a.D. Konrad Kobler neben den Gästen für ihr Interesse bei den Bürgermeistern Stephan Dorn und Günter Streicher aus Neuhaus und Schärding, die sich um den Europa-Werte-Wanderweg bemüht hatten.

Dieser wird in den nächsten vier Wochen nun grenzüberschreitend Passanten ansprechen und ein wenig zum Nachdenken bringen.

Eine Ausstellung zum Thema Europa in Form eines Wanderweges würde nirgendwo besser hinpassen wie hier an die alte Grenze zwischen Neuhaus und Schärding, meinte Stephan Dorn einleitend. "Die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Orten ist ein Beispiel für das Zusammenwachsen von Europa." Man sei in einer Zeit aufgewachsen, wo man nicht an einen Krieg denken musste, so Dorn. Die Europäische Union wurde als Friedensunion gesehen. Als vor 30 Jahren schließlich der "Eiserne Vorhang" fiel, hatte man die Hoffnung gehegt, dass dieser Friede auch lange anhalten werde.

Dorn fand es eine sehr gute Aktion, dass die Europa-Union, insbesondere der Bezirksvorsitzende der Europa-Union Bayern MdL a.D. Konrad Kobler, eben die Werte Europas in Form eines Wanderweges aufgegriffen und dabei das Verbindende in den Vordergrund gestellt habe. Dieser Europa-Werte-Wanderweg kam nun von Haidmühle nach Neuhaus und Schärding. Nirgendwo schlage das europäische Herz stärker als hier zwischen Neuhaus und Schärding, betonte Bürgermeister Dorn.

Auch Schärdings Bürgermeister Günter Streicher erinnerte an die vielen Aktivitäten zwischen den beiden Orten. Die Werte Europas müssten gerade in einer Zeit, wie wir sie jetzt haben, hochgehalten werden, ergänzte er. Man habe den Inn niemals als Grenze, sondern eher als Verbindungslinie betrachtet.

Der Europa-Werte-Wanderweg sei ein Wanderweg zum Nachdenken, sagte Konrad Kobler. Seit der vorausgegangenen Ausstellung, die in Haidmühle erstmals grenzüberschreitend präsentiert wurde, sind die Informationen dazu auch in tschechischer Sprache zu lesen. Aber auch der jetzige Wanderweg ist grenzüberschreitend und führt von Neuhaus nach Schärding.

Der Inn nicht als Grenze, sondern als Verbindung

In den letzten Jahren sei eine "Verflachung" bei der Bedeutung Europas in allen Kreisen der Bevölkerung festgestellt worden, sagte Kobler. Vieles an Errungenschaften, an Wohlstand, Meinungsfreiheit, Demokratie und insbesondere Frieden war ganz natürlich – und ein allgemeines Jammern auf hohem Niveau verbreitete sich. Die Europa-Union Bayern kam vor drei Jahren auf den Gedanken, europäische Sachverhalte einmal auf andere Art, nicht belehrend, nicht zwangsmäßig, auf die Menschen einwirken zu lassen. Es wurde debattiert und beraten, unter Einschaltung von Experten, Staatsrechtlern, Professoren und Europa-Union-Mitgliedern – so kam mit Vincent Müller, Sohn von Bürgermeister Rudolf Müller aus Ruderting, ein entsprechender Impuls zum Thema Rechtsstaatlichkeit.

"Wie wichtig Europa und die EU für uns sind, lernen wir erst jetzt wieder zu schätzen. Denn nur gemeinsam können wir in dieser Krise bestehen", erklärte Konrad Kobler. Aber genau das zeichne Europa aus – eine enge gemeinschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ländern, zwischen Freunden. Gerade in Anbetracht des russischen Überfalls auf die Ukraine und des wieder zu erkennenden Expansions-Strebens sei es 1989/90 ein Glücksfall gewesen, dass ohne Blutvergießen eine Europäische Wiedervereinigung ermöglicht wurde. "Ein Traum ging in Erfüllung – ohne Schikanen".

Als Beispiel führte Kobler Tschechien an. Wenn man heute problemlos dorthin fahren kann, erinnere sich wohl kaum noch jemand daran, dass hier früher tschechische Soldaten schwer bewaffnet patrouillierten. Auch hier an der alten Innbrücke hatte man einen Grenzbalken. Kobler sprach davon, wie plakativ dieser von Vertretern der Grenzpolizei und weiteren Europapolitikern durchsägt wurde. Mit dem Fall des "Eisernen Vorhangs" kam die EU-Erweiterung, Entspannung, Globalisierung, Wirtschaftsaustausch. "Jetzt wurden wir durch den verbrecherischen Überfall Russlands auf die Ukraine eines Besseren belehrt." Friede und Freiheit seien Früchte der europäischen Zusammenarbeit, die es allerdings nicht zum Null-Tarif gebe, sondern täglich daran gearbeitet werden müsse, betonte Konrad Kobler.

Auch in diese Richtung appelliere die Werte-Wanderausstellung, merkte er an. Diese Ausstellung wolle sensibilisieren, die Werte auf sich wirken zu lassen. Sie werde erstmals von Bayern und Österreich gemeinsam präsentiert. Nachdem ja Neuhaus und Schärding geschäftlich und kulturell als gemeinsames Mittelzentrum optimal zusammenarbeiten, könnte mit einem Übergang beim Inn-Kraftwerk für Fußgänger und Radfahrer ein weiteres Bindeglied für "hüben und drüben" geschaffen werden. Was vor 30 Jahren in Passau-Ingling geschaffen wurde, dürfe heute bei einem weiter zusammenwachsenden Europa nicht unmöglich sein, meinte Kobler.

Weiter befasste sich der ehemalige Landtagsabgeordnete mit dem Inhalt dieser acht Tafeln, zu dem es auch einen Flyer gibt. Für viele war Europa weit weg – die Entscheidungsprozesse nicht immer transparent. "Wir sehen auch, dass wir eine viel stärkere europäische Abstimmung brauchen." Noch nie sei aber der europäische Zusammenhalt so groß gewesen wie anlässlich der Eskapaden Russlands. Erst jetzt würden viele Bürger erkennen, wie wichtig die Bündnisse EU und NATO sind. Der "Wert Europas schnellte hoch", unterstrich er.

"Die Werte Europas schnellen hoch"

Eine Reihe von Ländern suchen hier Schutz beziehungsweise stehen vor der Eingangstür zur Europäischen Union. Es gelte allerdings, bestimmte Kriterien zu erfüllen. "Wir haben auch weitere europäische Gliederungen wie etwa die Euregio." All das seien Institutionen, die am "Innenausbau Europas" arbeiten. Es sei klar, dass es da und dort noch Defizite gebe – auch darauf würden Teile der Tafeln hinweisen.

Ganz klare Forderungen seien die Abschaffung der Minderheiten-Diktatur hin zu einem demokratischen Mehrheitsprinzip, betonte Konrad Kobler. Europa müsse gegenüber Russland, aber auch China und den USA unabhängiger und gemeinsam handlungsfähiger werden, forderte der Europapolitiker. Der Weg müsse zu einer gemeinsamen Verteidigungs-Union führen. Europa müsse lernen, mehr mit einer Stimme zu sprechen. Es kommen neue Aufgaben auf die Europäer zu, die eben nicht national gelöst werden können, meinte Kobler. Dabei sprach er Verteidigung, Umweltprobleme, Gesundheit, soziale Gerechtigkeit und Digitalisierung an.

Sein Resümee: Es rentiere sich, an der Vollendung eines vereinten Europas weiter zu arbeiten. Beschlüsse einer Partei, aus der EU auszutreten und den Euro abzuschaffen, gelte es energisch zurückzuweisen. Kobler hoffe, dass gerade junge Menschen sich dieser Ausstellung nicht verschließen und der "Europa-Werte-Wanderweg" breiten Zuspruch findet.

Bezirkshauptmann Dr. Rudolf Greiner blickte auf den vom Kulturverein Schärding und dem Kulturförderverein Neuhaus ausgerichteten "Funkenflug" zurück. Eine großartige Veranstaltung, die hier grenzüberschreitend organisiert wurde, bestätigte er. Die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Österreich sei sehr vielfältig im kulturellen Bereich, aber auch der Rettungshubschrauber "Christophorus Europa 3" komme grenzüberschreitend zum Einsatz.

Namens des Landesvorstandes der Europa-Union gratulierte deren stellvertretender Vorsitzender Anton Freiherr von Cetto zur Ausstellung und dankte Konrad Kobler. Die europäischen Werte seien nicht verhandelbar, merkte von Cetto an. Weiter ging er auf die beispielgebenden Erfolge der Zusammenarbeit zwischen Neuhaus und Schärding ein.

Anschließend enthüllten MdL a.D. Konrad Kobler und die Bürgermeister Stephan Dorn und Günter Streicher die erste Infotafel des Europa-Werte-Wanderwegs und eröffneten damit gleichzeitig die Ausstellung.

URL: https://www.pnp.de/archiv/1/grenzuebergreifend-europa-werte-wanderweg-ist-eroeffnet-7199657
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