PNP-Interview

Walter-Borjans: "SPD hat sich von Lobbyisten in neoliberale Pampa führen lassen"

13.11.2019 | Stand 21.09.2023, 2:14 Uhr

Norbert Walter-Borjans. −Foto: dpa

Norbert Walter-Borjans, Kandidat für den SPD-Vorsitz und früherer NRW-Finanzminister, räumt ein, dass der SPD schon länger das Profil der Partei der sozialen Gerechtigkeit verlorengegangen ist. "Wir sind schon vor der Großen Koalition vom Weg der sozialen Gerechtigkeit abgekommen. Wir haben uns von Lobbyisten und falschen Ratgebern in die neoliberale Pampa führen lassen", sagte Walter-Borjans der Passauer Neuen Presse.

Aus dieser Richtung hätte es geheißen, man solle die Steuern für die höchsten Einkommen am meisten senken und privatisieren, was an öffentlichen Institutionen zu privatisieren sei. "Die Folge war, dass die sozialen Gräben tiefer wurden. Das hat zu einem Vertrauensverlust geführt", erklärte der Kandidat für den SPD-Vorsitz. Walter-Borjans gibt der GroKo Schuld daran, dass die SPD die Misere nicht beenden könne. "Die Große Koalition hindert uns daran, klar erkennbar auf den richtigen Weg zu einem sozial gerechten Miteinander in einem reichen Industrieland wie der Bundesrepublik Deutschland zurückzukommen."

"Steuerbetrügern und trickreichen Steuervermeidern das Handwerk legen"

Walter-Borjans, der als Robin Hood der SPD gilt, nennt die gerechte Verteilung der finanziellen Lasten, die mit den Leistungen des Staates verbunden sind, einen Schwerpunkt seiner Kandidatur im Duo mit Saskia Esken um den Parteivorsitz. "Natürlich geht es auch darum, Steuerbetrügern und trickreichen Steuervermeidern das Handwerk zu legen", wenn zeitgleich in vielen Städten und Gemeinden Schulen und Straßen verrotteten und für ein anständiges Angebot an Bussen und Bahnen das Geld fehle.

Er will für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. "Millionäre wären durchaus in der Lage, knapp die Hälfte ihres Einkommens für die Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, wie das früher auch bei den CDU-Bundeskanzlern Adenauer und Erhard war", fordert Walter-Borjans die angemessene Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften. "Kleine Einkommen werden bei uns verhältnismäßig hoch belastet, große Einkommen dagegen wenig, auch weil sie verschiedene Möglichkeiten der Umgehung haben."

"Mehr als ein Drittel der Menschen verbindet Sozialdemokraten mit Kampf für soziale Gerechtigkeit"

"Nach wie vor sagt mehr als ein Drittel der Menschen, dass man mit Sozialdemokraten den Kampf für soziale Gerechtigkeit und Toleranz verbindet", sagt Walter-Borjans zu den Umfragewerten, die die SPD zwischen 13 und 15 Prozent sehen. Offenbar trauten aber nur die Hälfte dieser Menschen der SPD zu, das umzusetzen. Sein Appell lautet: "Wir müssen diese Menschen erreichen, die von der Grundhaltung her sozialdemokratische Wählerinnen und Wähler sind. Wir müssen ihnen glaubhaft zeigen, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen und uns darum kümmern." Walter-Borjans verweist darauf, dass Inhalte und Glaubwürdigkeit auch etwas mit Köpfen und Gesichtern zu tun haben. "Es gibt diejenigen, die die Politik repräsentieren, die uns einen Vertrauensverlust gebracht hat. Und es gibt die, die für einen Kurswechsel und die Umsetzung sozialdemokratischer Werte stehen." Deswegen seien er und Saskia Esken angetreten.

− pnp

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