Werke von Harry Bauer

Kunst unterm Kirchendach: St. Erasmus in Deggendorf wiederbelebt

24.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:38 Uhr
Josefine Eichwald

Emotional und voller Strahlkraft: Acrylrelief auf Leinwand von Harry Bauer, mit Silberbronze, Papier- und Kartonstrukturen, Werk ohne Titel, geschaffen in den Jahren 2021/2022. −Foto: Josefine Eichwald

„Die Kunst macht etwas sichtbar, was man nicht sieht“ hat es Paul Klee vor 100 Jahren in seinen „Schöpferischen Konfessionen“ formuliert. Vom Konstruktivismus bzw. Kubismus von Klee ist Harry Bauer weit entfernt – der Leitspruch, den sich der Deggendorfer Mal-Autodidakt zu Eigen macht, lautet: „Das Unsichtbare sehen“. Eine passende Ansage für eine Ausstellung, für die eine katholische Kirche – St. Erasmus in Deggendorf – zur Galerie umfunktioniert wird.

Es ist ein emotionales Experiment des Kunstvereins Deggendorf unter dem Vorsitzenden Thomas Darcy (ebenfalls mit vier Werken vertreten) und Stadtpfarrer Martin Neidl, unterstützt von der Stadt und möglich durch viele Sponsoren. Schließlich gilt ein Gotteshaus als Ort der Gefühle – Freude bei Taufen und Hochzeiten, Trauer bei Totengedenken, aber auch als Ort der Reflexion und des In-Sich-Gehens. In dem Raum mit den weißen Rauputz-Wänden entfalten Bauers großformatige Werke mit der Wucht ihrer Farben eine fantastische Sogwirkung. Dank ausgeklügelter Lichtregie mit 27 Schwarzlicht-Scheinwerfern lassen die Bildwerke eine freudige Atmosphäre entstehen, die die Bevölkerung einlädt, die Kirche neu zu entdecken. Bei der Vernissage jedenfalls war der Innenraum randvoll.

Die Farbkomplexe, die oft ineinanderfließen, lassen afrikanische Märkte ebenso assoziieren wie lichtbrechende bunte Glasfenster. Bauer klebt z. B. Karton (oder Zeitungspapier, naheliegend für den ehemaligen PNP-Redakteur) auf die Leinwand, integriert Bitumen und Kies wie bei Nr. 21 oder nutzt Silberbronze wie beim Reliefbild Nr 17. Er gestaltet seine Kompositionen (alle ohne Titel, von 2021/2022) mit Acryl, trägt Farbe in mehreren Schichten auf, nutzt Malerwalzen und Spachtel. Strukturen fließen kreuz und quer und sorgen für überraschende Elemente, Neonfarben setzen in den Farbwelten Akzente.
„Kirche trifft Kunst“ – eigentlich nichts Neues, aber neu interpretiert von den Organisatoren, die hoffen, Künstlern ein kostengünstiges Ausstellungs-Asyl zu bieten.

Der schlichte Bau (1982/82) von Architekt Klaus Kratzer ist ein künstlerisches Ensemble: Angefangen mit den Pflastersteinen in Form von Donauwellen am Vorplatz über den imposanten Hochaltar vom Regensburger Bildhauer Georg Haber (Bronze mit Emaille-Elementen) und Donauwellen am Altarsockel für den Patron der Seeleute, bis hin zu den Figuren des Erasmus und der Maria.


Bis Sonntag, 4. Juni, St. Erasmus Deggendorf, Thanhofstr. 21, Mi. 16-19 Uhr, Sa./So. 14-18 Uhr und nach Terminanfrage

URL: https://www.pnp.de/lokales/landkreis-deggendorf/kunst-unterm-kirchendach-st-erasmus-in-deggendorf-wiederbelebt-11250518
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