Schnee und Glamour in der Wüste Kaliforniens

20.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:56 Uhr

Palm Springs gilt als Oase der Architektur des Mid-Century-Modernism. Eines der berühmtesten Gebäude ist das 1960 von William Krisel entworfene UFO-förmige Haus. Im „Haus der Zukunft“ quartierten sich Elvis und Priscilla Presley 1967 für ihre Flitterwochen ein. −Fotos: Christine de Silva

Von Christine de Silva

Hollywoodstars haben Palm Springs Mitte des 20. Jahrhunderts berühmt gemacht. Noch heute versprüht die Stadt mit ihrer eleganten Architektur High-Society-Flair. Beeindruckend sind aber Kaliforniens Berge und die Wüste.

Wer an Kalifornien denkt, hat schnell den Pop-Klassiker „It never rains in Southern California“ im Ohr. Als Albert Hammond den Song 1972 komponierte, mag die Wüste staubtrocken gewesen sein, doch in diesem Frühling hat es in Kalifornien geregnet wie lange nicht mehr und sogar geschneit. Das ist ein so seltenes Ereignis in Palm Springs, dass viele Bewohner der Wüstenstadt geradezu aus dem Häuschen sind. Es treibt Influencerinnen in die Garagen, um Wintersportausrüstung oder das, was sie dafür halten, für ihre Tiktok- und Instagram-Beiträge herauszukramen. Und führt staunende Urlauber, die entspannte Tage am Pool geplant hatten, in den Mount Jacinto State Park zum Schneewandern.

Doch auch wenn es nicht geschneit hat, ist die Seilbahn Palm Springs Arial Tramway die 20-minütige Fahrt wert, die die Passagiere auf 2640 Meter Höhe bringt. Aus der kreisförmigen Glaskabine, die sich um 360 Grad dreht, hat man einen guten Blick über die Täler und Berge rund um die berühmte Stadt, die doch nur 44000 Einwohner hat. Wenn das Wetter so warm und trocken ist, wie es an mehr als 300 Tagen im Jahr in der oberen Colorado-Wüste sein sollte, entkommt man auf dem Berg und seinen 86 Kilometer langen Wanderwegen der sommerlichen Hitze. Auf der Bergstation und im Abenteuer Center ist es durchschnittlich 17 Grad kühler als in Palm Springs, weshalb man in der Wildnis mitunter Berglöwen und Elche entdecken kann. Grizzly-Bären, wie auf dem Abzeichen am Arm von Ranger Nick Garduno, gibt es jedoch nicht mehr, das war nur in der Anfangszeit des California State Parks 1864 so.

Zuflucht vor den Paparazzi und Showroom der Stars

Abkühlung verschafft auch eine Fahrradtour zu den Villen der Hollywood-Legenden, die Palm Springs seit den 1930er Jahren bekannt gemacht haben. In den Verträgen mit den großen Filmstudios in Los Angeles mussten Schauspielerinnen wie Elizabeth Taylor und Marilyn Monroe garantieren, dass sie ihre freien Tage in maximal zwei Autostunden Entfernung zum Drehort verbringen, um jederzeit schnell am Set sein zu können. Da bot sich ein Wochenendhaus in Palm Springs an, um Ruhe vor den Paparazzi zu haben, die sie in L.A. auf Schritt und Tritt verfolgten.

Auch Comedians wie Bob Hope oder Musiker wie Liberace und Nat King Cole wussten die Movie Colony als Desert Hideaway zu schätzen. Elvis Presley jedoch, der sich in einem der futuristischsten und teuersten Häuser von Palm Springs ungestörte Flitterwochen mit Priscilla versprach, war 1967 schon zu berühmt, als dass eine Nachbarin hätte Stillschweigen bewahren können. Sie verriet das Versteck des King of Rock’n’Roll an die Presse.

Je berühmter, desto mehr Geld machten die Stars auch für ihre Häuser locker. Die Kollegen aus dem Showbusiness sollten das durchaus sehen. So schwebte Frank Sinatra der Bau eines Schlösschens im englischen Tudor-Stil vor. Doch weil der Sänger es in knapp sechs Monaten fertig haben wollte, um mit seinen Freunden darin Silvester feiern zu können, konnte sein Architekt E. Stewart Williams ihn überzeugen, dass dies nur mit einem modernen Haus möglich wäre. Gebaut wurde Twin Palms, ein schnörkelloser Bungalow mit klaren Linien und wandhohen Glasfronten, die das Haus zum Garten hin öffnen. Reminiszenz an „Old Blue Eyes“: ein Swimmingpool in Form eines Flügels. Etwa die Hälfte des Wüstenortes Palm Springs liegt auf indianischem Reservatsland. Die Hausbesitzer zahlen den Cahuilla-Indianern für die Grundstücke eine jährliche Pacht.

In der Modernism Week, einem alljährlichen 14-tägigen Design- und Architekturfestival, gibt es die Chance, manche Häuser von innen zu besichtigen. Zu Talks, Vernissagen und Auktionen von Vintage-Möbeln und -Kunst strömten zuletzt 120000 Retro-Fans in die Stadt. Doch es gibt das ganze Jahr über Rundfahrten, die einem die schönsten Architektenhäuser des Mid-Century-Modernism sowie den Lifestyle der Celebritys aus den 1930er bis 70er Jahren nahebringen. Wer im Luxus schwelgen will, kann sich auf Airbnb auch ein Haus von Leonardo di Caprio mieten – oder auf der Plattform Vrbo das Doppelhaus, in dem Harry Styles 2022 „Don’t Worry Darling“ drehte.

Doch Palm Springs kann nicht nur teuer und mondän, sondern auch nachhaltig. Im Windrad- und Solarpark vor den Toren der Stadt werfen Besucher einen Blick in die Zukunft der grünen Energie. Ähnlich wie in Europa haben sich viele Amerikaner in der Corona-Pandemie für Nachhaltigkeit interessiert und den Outdoor-Boom gefördert. Seither ist Wandern angesagt. Wer im Indian Canyon kleine Details entdecken will, schließt sich Tourguide Benjamin Crabb an. Mit ihm hält man nicht nur nach großen Präriefalken Ausschau, sondern auch nach winzigen Kolibris, schnuppert an wohlduftendem Wüstenlavendel und am „Cheese“-Busch, dessen Stiele nach altem Käse riechen. Weniger empfehlenswert ist die Bekanntschaft mit einem Teddy-Cholla. Anders als ein Plüschbär ist dieser Kaktus des Jahres 2022 nicht kuschelig, sondern bestechend gefährlich. Die weit verzweigten Sprossen sind mit winzigen Dornen besetzt. Wer sie anlangt, kann sie wegen der Widerhaken kaum mehr von der Haut abstreifen.

Off-Road-Tour zur San-Andreas-Verwerfung

Ein echter Outdoor-Mann ist auch Marvin Tjalme (71), genannt Marv. Den früheren Geschäftsmann hält nichts zu Hause und so fährt er für Red-Jeep-Tours durch das Coachella Valley zur San-Andreas-Spalte, die 1300 Kilometer durch Kalifornien verläuft und entlang derer die Pazifische auf die Nordamerikanische Platte stößt. Der Veranstalter hat die Erlaubnis, in die für Individualreisende gesperrte Verwerfungszone zu fahren. „Ein Erdbeben gilt als Frage der Zeit“, sagt Reiseleiter Marv, während er Kaliforniens Geologie erläutert und die Gäste durch Schluchten führt, in denen man fast steckenbleibt. Durch die Bewegung der tektonischen Platten haben sich bizarre Gesteinsformationen aufgetürmt.

Clint Eastwood könnte hier ohne Deko sofort einen Western drehen. Oder 50 Kilometer weiter in den Joshua Tree Nationalpark reiten, der durch wundersam dickarmige Yucca-Bäume und Granit-Monolithen besticht, die sich aus abgekühltem Magma unter der Erde gebildet haben und durch Erosion freigelegt wurden. In der kargen Landschaft fühlen sich Kletterer zwischen Felsen in Totenkopf- oder Brückenform wie auf einem fremden Planeten. Nur äußerst selten liegt die steinerne Pracht unter einer Schneedecke. Wesentlich wahrscheinlicher ist es, dass im Frühjahr Blütenteppiche den Wüstensand überziehen.


PNP-Redakteurin Christine de Silva reiste auf Einladung von Visit Greater Palm Springs nach Kalifornien.


Zu Greater Palm Springs gehören neun Ferienorte mit Wüsten-Ambiente: Desert Hot Springs, Palm Desert, Rancho Mirage, Indian Wells, La Quinta, Indio, Cathedral City, Coachella und das namensgebende Palm Springs. Mit 120 Golfplätzen gilt die Region als Golfmekka des Westens. Doch die Colorado-Wüste ist auch ganzjährige Festival-Zone. Neben der Modernism Week im Februar trifft sich im März die Tennis-Elite zum ATP/WTA-Turnier von Indian Wells. An zwei Wochenenden im April feiern Konzertbesucher auf dem Coachella Festival dann ein modernes Woodstock.

ANREISEN
Von München aus fliegen Lufthansa oder United Airlines über San Francisco nach Palm Springs. Je nach Dauer des Zwischenstopps dauert die Anreise circa 16 Stunden.

ÜBERNACHTEN
Charmant wohnt man im 1936 im spanischen Stil erbauten „Colony Palms Hotel“, www.colonypalmshotel.com.

AKTIVITÄTEN
• Mit der Seilbahn „Palm Springs Aerial Tramway“ in den „Mount Jacinto State Park“: www.pstramway.com
• „Red-Jeep-Tour“ in die Wüste zur Sankt-Andreas-Spalte: www.red-jeep.com
• Wandern und Biken im Indian Canyon mit „Big Wheel Tours“: www. bwbtours.com
• Wandern und Klettern im „Joshua Tree National Park“: www.nps.gov/jotr

visitgreaterpalmsprings.com

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