Hit „Unholy“ mit Sam Smith

Die deutsche Lady Gaga? – Grammy-Gewinnerin Kim Petras aus dem Rheinland

09.03.2023 | Stand 27.09.2023, 9:58 Uhr

„Für mich war immer klar, dass ich ein Mädchen bin. Ich habe das auch nie versteckt“, sagt Kim Petras im Gespräch mit PNP-Autor Steffen Rüth. Mit „Unholy“ und dem Grammy wurde sie zum Star. −Foto: Jason Al Taan

Die seit 2011 in Los Angeles lebende Rheinländerin Kim Petras ist der erste offen transsexuell lebende Mensch, der einen Grammy gewonnen hat. Wir sprachen mit der 30-jährigen Popsängerin und Songschreiberin, die mit dem Sam-Smith-Duett „Unholy“ weltweit Triumphe feiert und als die neue Lady Gaga gehandelt wird.

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„Ich liebe es, extravagant zu sein und mich extravagant zu kleiden“, sagt Kim Petras und erzählt, wie sie als Teenager Ärger bekommen hatte, als sie im Latexdress in der Schule erschien. 

Popsängerin ist Kim Petras, die in Köln als Junge zur Welt kam und in Hennef-Uckerath in der Nähe von Bonn aufwuchs, schon seit über zehn Jahren. Übernacht zum Superstar geworden ist sie, als sie einen Grammy für „Unholy“ erhielt, diesen köstlich versauten Clubpopsong im Duett mit Sam Smith – der ihr galanterweise auch gleich die Dankesrede überließ. 

Und da stand Kim, im roten Kleid mit Schleier und High Heels, hielt die Trophäe hoch, und sagte: „Ich bin die erste Transgenderfrau, die einen Grammy gewinnt. Ich möchte all den Transgender-Legenden vor mir danken, die diese Türen für mich geöffnet haben.“ Auch ihrer Mutter dankte Petras, den Tränen nun sehr nah. „Ich bin an einer Schnellstraße mitten im Nirgendwo in Deutschland aufgewachsen. Und meine Mutter hat mir geglaubt, dass ich ein Mädchen bin. Ohne sie wäre ich nicht hier.“ Ein Hit ist „Unholy“ seit Herbst, in Deutschland kam der Song auf Platz zwei, in Großbritannien und den USA schaffte er es sogar an die Spitze.

Doch Kim Petras ist es gewohnt, die erste zu sein. Sie tritt in Deutschland bereits im TV auf, als das Thema Transsexualität noch deutlich exotischer ist als heute. Sehr offen und bestimmt spricht sie damals darüber, eine Hormontherapie zu machen, um die männliche Pubertät zu unterdrücken und von Psychologen begutachtet zu werden, die schließlich bestätigen, dass sie transgender ist. „Für mich war immer klar, dass ich ein Mädchen bin. Ich habe das auch nie versteckt“. Ihr Kinderzimmer war pink gestrichen, sie trug zu Hause Kleider, in der Schule, wo sie sich neutral kleidete, indes wurde sie lange Zeit gemobbt. „Doch je älter ich wurde, desto trauriger wurde ich auch.“ 

Mit 16 wird Kim Petras geschlechtsangleichend operiert, sie ist die weltweit jüngste Transsexuelle mit diesem Eingriff. „Einerseits war es natürlich ein Riesenschritt, andererseits war es für mich so logisch, als wenn ich mir die Ohren hätte anlegen lassen. Ich wusste: Das muss passieren, und dann bin ich normal.“

Im für sie richtigen Körper lebt Kim auf. Nun beginnt sie, Songs zu schreiben, meist im Stil ihrer weiblichen Idole Britney Spears, Gwen Stefani, Christina Aguilera und Spice Girls, knüpft Kontakte zu Musikproduzenten, veröffentlicht ihre Lieder sie auf Youtube und tritt in Kölner Clubs auf. Sie macht auf einer Bonner Privatschule, wo sie nicht mehr gehänselt wird und Freunde findet, die Mittlere Reife und entschließt sich mit 19, in Los Angeles ihr Glück zu finden. Der Chef des Streamingdienstes Spotify fördert sie, der Manager von Lady Gaga prophezeit ihr eine Weltkarriere, und superfleißig ist sie auch. 

Sängerin Fergie, früher bei den Black Eyed Peas, nimmt eine Kim-Petras-Komposition auf, Kim ist Gastsängerin bei Stars wie Kygo oder Charli XCX, bringt in Eigenregie zwei Alben raus und unterschreibt 2021 bei einem Musikkonzern. „Und plötzlich kontaktierte mich Sam und fragte, ob ich mit ihm singen möchte.“ Eine Woche später war „Unholy“ im Kasten, und das Märchen nimmt seinen Lauf. Und das Transgenderthema – ist letztlich nicht so wichtig: „Ob jemand queer, trans oder was auch immer ist, sagt nichts über einen Menschen aus. Entscheidend ist doch, ob dieser Mensch loyal, nett, schlau oder empathisch ist.“

Steffen Rüth



 

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