Vilshofen

Gymnasium versteht was von Kunst: P-Seminar erhält für Graffiti einen Niederbayern-Preis

03.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:36 Uhr

Da kotzt doch einer die ganze gelernte Zahlenwelt wieder aus. Am Ende der 35 Meter langen und 1,5 Meter hohen Betonwand üben die Schülerinnen Kritik am Bildungswesen: Ständig werde gesagt, es komme darauf an, eine zweistellige Bewertung Richtung Abitur zu haben. „Da kotzt man nur noch die Zahlen aus, statt sich den Fächern wie Kunst oder Musik zu widmen, die richtig Spaß machen“, heißt es in der Interpretation der Schülerinnen. −Fotos: Rücker

„Ja, ich bin stolz“, sagt Stefan Winter, der Schulleiter des Gymnasiums Vilshofen. Acht Schülerinnen des Kunst-P-Seminars haben eine von drei in Niederbayern vergebenen Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten.



Kunstlehrerin Christina Lehner strahlt, war es doch ihr erstes P-Seminar – und dann gleich einen solchen Erfolg. Ein halbes Jahr lang hatten die acht Schülerinnen überlegt und geplant, wie sie mit Graffiti eine graue 35 Meter lange Betonwand am Sportgelände bunt gestalten könnten.

Die Auszeichnung erhielten die acht jungen Damen nicht allein für das künstlerische Werk, sondern für das Gesamt-Konzept: Sie luden einen Experten ein, der ihnen sagte, worauf es beim Sprühen mit Farbe aus Dosen ankommt, sie mussten herausfinden, wie der Beton vorbehandelt werden musste, sie fuhren zum Graffiti-Museum nach Linz und sie probierten ihre Fähigkeiten am Vereinsheim des SV Aicha v. Wald aus.

Und schließlich machten sie sich zwei Nachmittage ans Werk und gestalteten mit 75 Farbdosen die 35 Meter lange Wand mit bunten Farben. Das Motiv: Die Laufbahn eines Schülers am Gymnasium, beginnend mit dem A-Bau, fortgeführt mit den Schwerpunkten in der Mittelstufe wie der Skifreizeit und endend mit den knalligen Partys nach bestandenem Abitur.

Beim Festakt im Atrium und auch draußen vor der Mauer zeigte sich der Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Niederbayern, Peter Bredel, beeindruckt von der Kreativität und Produktivität. Er sprach von einer hochaktuellen Kunstrichtung, verwies auf den wohl einer teuersten lebenden Künstler, Banksy, der sich mit seinen Graffitis unter anderem für Menschenrechte einsetze. Dr. Jutta Kongull von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft stellte fest: „Seit zehn Jahren bin ich bei den Preisverleihungen dabei. Ihr habt es geschafft, dass das erste Mal Kunst dabei ist.“

Dass das Gymnasium kreativ ist, zeigte das Programm des Festaktes. Erstklassige Musik, Gänsehaut bei den Ehrengästen, als „Skyfall“ gespielt und gesungen wurde sowie ein Zwiegespräch zwischen Schulleiter und Kunstlehrerin, das gewitzt und frech war.

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