Natur pur: Im Winter auf der Azoreninsel Faial

25.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:14 Uhr

Gewaltige Eruptionen: Mehrere Vulkanausbrüche 1957 und 1958 vergrößerten Faial an der Westküste um 2,4 Quadratkilometer. Es bildete sich die Ponta dos Capelinhos. −Fotos: Uwe Ziegler

Von Uwe Ziegler

Erdbeben und Vulkanausbrüche haben die Menschen und auch die Natur auf Faial im vergangenen Jahrhundert geprägt. Für Weltumsegler ist der dortige Yachthafen Zwischenstation. Die Azoreninsel mit ihrer faszinierenden Landschaft ist reich an Geschichten – und auch im Winter eine Reise wert.

Angst vor einem weiteren Vulkanausbruch? „Traffic is more dangerous“ – der Verkehr auf der Straße ist gefährlicher –, sagt Pedro Rosa, der Präsident des Tourismusbüros ATSF auf Faial. Er ist hier geboren, und nach einigen Aufenthalten im Ausland hat es ihn wieder zurückverschlagen zu dieser herben Schönheit mitten auf dem Atlantik. Naturkatastrophen gehören zur DNA der Insel, einschüchtern lässt sich davon aber niemand.



Alle vier Jahreszeiten an einem Tag


Wer außerhalb der Saison nach Faial reist, zählt nicht zur Spezies der Sonnenanbeter. Das kleine Archipel ist eine Diva: hübsch, aber auch launisch. Es kommt vor, dass man an einem Tag alle vier Jahreszeiten erlebt. Bläst der Nordwind zu stürmisch, wird schon mal ein Anflug verschoben. Aber es gibt Schlimmeres, als einen zusätzlichen Tag in Lissabon verbringen zu müssen. Insgesamt gelten die Winter auf den Azoren als mild.

Faial ist ein Paradies für Naturliebhaber, Sportler, Vulkanfans und Geschichtsinteressierte. Der Reihe nach: Wer Ruhe sucht, ist hier genau richtig. Unmittelbar nach der Landung passt man sich dem gechillten Lebensrhythmus der Insulaner an. Das beginnt schon an dem winzigen Flughafen: Es gibt ein einziges Förderband für Koffer und gerade mal sechs Schalter.

Mit einem Mietwagen lässt sich die 14 Kilometer breite und 21 Kilometer lange Insel gut erkunden. Windresistente Mountainbiker dürfen sich über paradiesische Strecken freuen. Für Freunde des Reitsports gibt es im Örtchen Cedros einen der besten Reitställe der Azoren, Wanderer dürften sich im siebten Himmel wähnen und auch Golfer kommen auf ihre Kosten. Mindestens vier bis fünf Tage Aufenthalt empfiehlt Pedro Rosa, um sich einen Eindruck von der „Ilha Azul“ (Blaue Insel) zu machen. Ihren Namen hat Faial aufgrund der unzähligen blauen Hortensienhecken, die hier überall blühen. Fred Pessanha rümpft die Nase: Der Biologe kennt jeden Strauch und findet es seltsam, dass ausgerechnet eine aus Asien importierte Pflanze das Wahrzeichen „seiner Insel“ sein soll. Der sportliche Mittdreißiger, der auch in einer Tauchbasis arbeitet und dem die Wellen zum Surfen gar nicht hoch genug sein können, arbeitet seit zehn Jahren als Fremdenführer hier und auf der Nachbarinsel Pico. Er genießt die Stille in der Nachsaison. Und die Mentalität der Insulaner. „Mein Auto sperre ich eigentlich nie ab“, sagt er wie zum Beweis.

Grandioser Ausblick vom Leuchtturm

Um bei einem Kurztrip den Puls Faials fühlen zu können, sollte man einige besondere Orte ansteuern. Beispielsweise die Mondlandschaft rund um die Ponta dos Capelinhos im äußersten Westen der Insel. Dort sorgten Vulkanausbrüche 1957 und 1958 für gewaltige Eruptionen. Faial vergrößerte sich infolgedessen um 2,4 Quadratkilometer, die Geröllmassen verschluckten den an der Küste stehenden Leuchtturm bis zur ersten Etage. Die Insulaner machten aus der Not eine Tugend. Eines der Fenster im Obergeschoss wurde kurzerhand zur Eingangstür umfunktioniert, sodass man den Turm auch heute noch begehen kann. Und wer es schafft, die Wendeltreppe hinauf bis zur Aussichtsplattform ohne Drehwurm zurückzulegen, wird mit einem grandiosen Ausblick belohnt.

Gleich neben dem Leuchtturm wurde 2008 ein Museum eröffnet, das sich der Vulkanologie und der Geschichte des Ausbruchs sowie den Erdbeben, die Faial im Laufe der Jahrzehnte heimgesucht haben (zuletzt 1998), widmet. Das Museum wurde unterirdisch angelegt, um die beeindruckende Natur am Westzipfel der Insel nicht zu verschandeln. Auch eine Wanderung um die mächtige Caldeira ist ein tolles Erlebnis. Dieser imposante Vulkankegel mit einem Durchmesser von bis zu zwei Kilometern fällt steil ab und bietet faszinierende Ausblicke – jedoch nur bei gutem Wetter und nur für jene, die schwindelfrei und trittfest sind. Gutes Schuhwerk ist hier Pflicht. Last, but not least sollte man dem zauberhaften Hafenstädtchen Horta einen Besuch abstatten. Weltumsegler, die hier einen Zwischenstopp einlegen, verewigen sich vor der Weiterfahrt mit ihren Zeichnungen an der Kaimauer, weil das Glück bringen soll. Und im weltberühmten Peter Café Sport direkt am Hafen, zu dem auch ein kleines Museum mit eingravierten Zeichnungen auf Walfischzähnen im Obergeschoss gehört, ist der hauseigene Gin Pflicht.


Redakteur Uwe Ziegler, Insel- und Leuchtturm-Fan, reiste mit Unterstützung der Faial Island Sustainable Tourism Association (ATSF) auf die Azoren.


Faial ist mit seinen 172 Quadratkilometern und 15000 Einwohnern die fünftgrößte der portugiesischen Inselgruppe der Azoren. Die Zeitdifferenz zu Mitteleuropa beträgt minus zwei Stunden.

ANREISE
Der kleine Flughafen im Süden der Insel wird von Deutschland aus nicht direkt angeflogen. Bei einer Buchung mit TAP Air Portugal können die Anschlussflüge von Lissabon aus mit der azorianischen Airline SATA bei einer Buchung reserviert werden. Sollte es zu Verzögerungen kommen, wird der Weiterflug kostenlos umgebucht.

ÜBERNACHTEN
Ist eine Übernachtung in Lissabon erforderlich, gilt das Star Inn als eine gute Adresse. Es ist zu Fuß nur fünf Minuten vom Ausgang C des Flughafens entfernt. Auf Faial ist das Estrela do Atlântico mit seinen drei Zimmern und zwei Suiten, nur wenige Autominuten vom Flughafen entfernt, ein guter und vor allem zur Nebensaison preisgünstiger Tipp.

SONSTIGES
Gute Wanderschuhe – am besten zwei Paar, um wechseln zu können – sowie wetterfeste Kleidung sind in der Wintersaison Pflicht auf den Azoren. Brillengläser, die von der Gischt des Atlantiks benetzt werden, sollten immer erst mit Süß- bzw. Leitungswasser gereinigt und dann erst mit einem weichen Tuch abgetrocknet werden. Ansonsten drohen üble Kratzer.

www.flytap.com/de-de/

www.hotelstarinn.com

www.edatlantico.com

www.petercafesport.com

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