Piding

Jagdabrundung am Fuderheuberg – Gemeinderat lehnt Grünen-Antrag ab

14.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:33 Uhr

Der Fuderheuberg sorgt für Aufregung. −Foto: Peter Koch

Von Annabella Angerer-Schneider

Abgeblitzt ist ein Antrag der Grünen in der Gemeinderatssitzung am Dienstag. Sie wollten, dass sich Bürgermeister Hannes Holzner in seiner Funktion als stellvertretender Jagdvorstand für eine Jagdabrundung auf dem Fuderheuberg einsetzt (wir berichteten). Nicht nur der Rathauschef selbst zeigte klare Kante gegen den Vorstoß, Revierflächen an den Forstbetrieb abzutreten. Auch der Großteil der Gemeinderäte war von dem von 49 betroffenen Anwohnern aus Staufenbrücke unterzeichneten Schreiben unbeeindruckt und lehnte den Beschlussvorschlag ab.

Die Zuschauerbank im Sitzungssaal war gut gefüllt, einige Jäger waren gekommen, um zu hören, was das Gremium zu sagen hatte. Jagdaufseher Rainer Argstatter hatte einen Vortrag vorbereitet, in dem er Hintergründe zur Abschussplanung und Jagdabrundung vorstellte. Letztere habe der Forstbetrieb schon im Jahr 2021 vorgeschlagen. Elementarer Bestandteil der Abrundung ist laut Bayerischem Jagdgesetz der Flächenausgleich, so soll die Größe der Reviere unverändert bleiben. Dabei sollen die Grenzen anhand von Wegen, Gräben, Wasserläufen et cetera klar erkennbar sein, um so unerlaubte Wildfolge oder Unfälle durch Gewehrkugeln zu vermeiden. Der vom Forstbetrieb unterbreitete Verlauf berge jedoch neben der Überjagung genau diese Gefahren, so Argstatters Einschätzung.

Kein Ausgleich von Flächen vorgesehen

Ein Ausgleich sei ebenso wenig vorgesehen, fuhr er fort und zeigte anhand einer Karte die geplante Angliederung auf. Ein Abschnitt des Gemeindejagdbezirks unterhalb des Grats soll demnach ebenso wie Teile von privaten Waldgrundstücken dem Staatsrevier angeschlossen werden. Im Gegenzug soll der Jagdgenossenschaft, „das was uns ohnehin schon gehört“, bleiben. Zusätzliche Flächen soll sie nicht erhalten. „Das ist ein interessanter Vorschlag“, kommentierte Argstatter ironisch. Es sei eine im Vergleich zur Gesamtfläche der Pidinger Jagd am Gebirgsstock recht kleine Fläche von rund 20 Hektar betroffen, teilt das Landratsamt dazu mit.

Bei einem Treffen im März 2021 besprachen Vertreter von Landratsamt, Jagdgenossenschaft und Bayerischen Staatsforsten laut Argstatter die Abrundung. Dabei habe sich auch die Kreisbehörde dagegen ausgesprochen, mit der Begründung, dass die Pidinger so nur an Fläche verlieren würden. Die Anwesenden seien so verblieben, dass die Genossenschaft die Jagd intensivieren müsse.

Tierwohl schützen

Um das zu erfüllen habe sie noch im selben Monat einen Antrag auf Schonzeitverkürzung für Gamswild gestellt, so Argstatter. Die Tiere sind das Hauptproblem, da sie im Winter an die Südhänge des Vorderstaufens wandern und dort die im Zuge der Schutzwaldsanierung gepflanzten jungen Bäume verbeißen. Die Schonzeitverkürzung habe das Landratsamt jedoch nicht angeordnet.

Auf Nachfrage, warum das so ist, teilt die Pressestelle mit, dass Schonzeiten das Tierwohl schützen. Um diese verkürzen zu können, müssen triftige Gründe vorliegen, die besonders zu prüfen und zu bewerten sind. Insbesondere sei von den Antragstellern darzulegen, warum die bisherige Jagdpraxis nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. „Eine dahingehend lautende Begründung, warum in der regulären Jagdzeit (1. August bis 15. Dezember) der Abschuss nicht erledigt werden könne, liegt nicht vor. Gerade bei einer Gesamtanzahl im einstelligen Bereich an Gamswild, welches in der Pidinger Jagd (Nordflanke des Fuderheubergs und Hochstaufens) pro Jagd zu erlegen ist, sollte eine Schonzeitverkürzung jagdfachlich nicht notwendig sein“, heißt es in der Antwort. Läge der Jagdgenossenschaft daran, die Bemühungen rund um die Schutzwälder am Fuderheuberg zu unterstützen, wäre vorrangig zur regulären Jagdzeit eine intensivere Bejagung, sprich eine höhere Abschussquote, der erste Schritt, so die Behörde.

Jäger halten an Schonzeitverkürzung fest

Die Jagdgenossenschaft hält indes weiter daran fest, dass die Verkürzung der Schonzeit ein Instrument wäre, um mehr Gämsen zu erlegen, und will deshalb erneut einen Antrag einreichen. Insbesondere auch, weil im Falle einer Abrundung an die Forsten auf dem Gebiet automatisch eine Schonzeitaufhebung greifen würde, da für den Forstbetrieb eine solche bereits in Kraft sei, so Argstatter.

Die Jagdgenossen seien bereit, den Forstbetrieb bei der Aufforstung an den Südhängen zu unterstützen, allerdings sei dazu erst die Jagdbehörde gefragt, betonte Argstatter abschließend. Ähnliches ist auch in einem Schreiben von Jagdvorstand Hans-Peter Wieser zu lesen, das vorab an die Grünen ging: „Ich kann ihnen mitteilen, dass wir von der Jagdgenossenschaft Piding beabsichtigen, zeitnah in Zusammenarbeit beziehungsweise Kooperation mit den Staatsforsten, die Gamsbejagung in diesen sensiblen Bereichen an der Nordseite des Fuderheubergs voranzutreiben und praktikable, unabhängig vom in dieser Form nicht möglichen Abrundungs-Gebaren der Staatsforsten, Bejagungsvereinbarungen zur weiteren Bestandsreduzierung zu treffen.“

Entgegenkommen gezeigt

Bürgermeister Hannes Holzner sah ebenso wie Argstatter den Ball beim Landratsamt: „Wir haben den Willen gezeigt, mitzuarbeiten und mitzuhelfen, aber der Antrag ist bei der Behörde liegen geblieben.“ Man wolle keine Konfrontation, habe die Eigenjagd forciert und so Entgegenkommen gezeigt. „Wir sind gut gefahren und es gab keine Aussage, dass was schlecht gelaufen wäre.“ Eine Jagdabrundung mache deshalb in seinen Augen keinen Sinn.

Einen Einblick in die Abschüsse auf Pidinger Seite gab Argstatter ebenfalls. Sie sind der Streitpunkt, wieso der Forstbetrieb die Jagd dort übernehmen möchte. Es gehe dabei nicht zwingend darum, mehr Gamswild als die Pidinger unschädlich zu machen, geht aus der Antwort des Landratsamts hervor, „sondern den notwendigen Abschuss überhaupt zu erfüllen“.

Abschusszahlen nicht erfüllt

Dieser sei beim Rehwild im Laufe der vergangenen 15 Jahre kontinuierlich nach oben gegangen, so Argstatter. 2022 haben die Pidinger 66 Stück zur Strecke gebracht. „Das hatten wir noch nie in dieser Höhe.“ Beim Gamswild hingegen ist die Quote von fünf Tieren nur im Jahr 2017 vollständig erfüllt worden. Seit 2021 ist die Zahl auf acht erhöht, im vergangenen Jahr erwischten die Jagdgenossen sieben davon. Bis heute habe es deswegen keine Reklamation von Seiten der unteren Jagdbehörde gegeben, hob Argstatter hervor.

Dr. Bernhard Zimmer (Grüne) sah das anders. Die Jagdgenossen würden seit Jahren ihren Abschusszahlen nicht nachkommen. „Wir sprechen hier von einem durchschnittlichen Nichteinhalten von 27,1 Prozent“, was den gewährten Spielraum von 20 Prozent bei Weitem sprenge. Es bestehe Handlungsbedarf auf den Sanierungsflächen, darauf zu regieren, sei Ziel des Antrags der Grünen. „Der Schutzwald liegt am Boden. Wir brauchen ein Kümmern vom Bürgermeister, wir brauchen eine Verbesserung.“ Andernfalls würden in fünf oder zehn Jahren Konsequenzen drohen, für die jemand in die Verantwortung genommen werde. Fraktionskollegin Birgid d`Heureuse erklärte, die Staatsforsten hätten alles versucht, was möglich ist. Sie könne man jedenfalls nicht mehr zur Verantwortung ziehen. Es gehe nicht nur um einen Haufen Geld, sondern auch um Fragen der Sicherheit.

Volles Vertrauen, dass Jäger das schaffen

Dass auch noch eine dritte Stelle am Erfolg der Sanierung beteiligt ist, warf der Bürgermeister ein und spielte damit auf die Untere Jagdbehörde an. „Warum wird das über die Jagdgenossenschaft und den Forstbetrieb ausgetragen? Es gibt ein Gremium, da sitzen Fachleute und sie legen die Abschusszahlen fest.“ Dem widersprach Zimmer, der sagte, die Jagdgenossen selbst würden die Quoten vorgeben.

Heuchelei warf Johann Steinbrecher (CSU) den Staatsforsten vor, er habe „volles Vertrauen, dass unsere Jager das schaffen“. Christian Wagner (FWG) verstand nicht, warum der Jagdbeirat nicht zusammenkomme, um eine Lösung zu finden. Franz Geigl (FWG) erkannte in dem hohen Verbiss ein Risiko für die Gemeinde und initiierte eine namentliche Abstimmung. Maximilian Koch hielt den Gemeinderat für das falsche Gremium für diese Diskussion und beantragte das Ende der Debatte. Am Ende stimmten lediglich die Antragssteller (d’Heureuse und Zimmer) sowie Geigl dafür, dass der Rathauschef die Abrundung vor der Jagdgenossenschaft befürworten und eine Einhaltung der Abschusspläne fordern soll.


ABSCHUSSPLANUNG:

Wer ist schuld am Verbiss im Schutzwald? Darüber scheiden sich die Geister: Der Forstbetrieb sieht die Pidinger Jagdgenossen in der Pflicht, die wiederum die Untere Jagdbehörde am Landratsamt. Letzteres nimmt auf Anfrage Stellung und informiert über die Zuständigkeiten bei der Aufstellung und Umsetzung des Abschussplanes:

„Der Abschussplan ist vom Jagdausübungsberechtigten (Jagdpächter) im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand (Vorstandsgremium der Jagdgenossenschaft) aufzustellen. Dieser Plan wird von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat bestätigt oder festgesetzt. Der vorgelegte Abschussplan ist zu bestätigen, wenn er den Vorschriften entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt worden ist. In allen anderen Fällen ist der eingereichte Abschussplan festzusetzen. Abschusspläne werden pro Jagdrevier und nach Anzahl von Klasse und Geschlecht getrennt aufgestellt (zum Beispiel Gamswild Böcke Klasse 1, Böcke Klasse 2, Geißen, Kitze) und sind in der Regel für ein Jagdjahr gültig. Die Ausweisung einzelner Teilflächen innerhalb eines Jagdgebietes ist gesetzlich nicht verankert.

Der Abschussplan muss erfüllt werden. Grundsätzlich gibt es eine Flexibilisierung dahingehend, dass beispielsweise an Stelle eines Stücks der älteren oder stärkeren Klasse ein solches aus einer jüngeren oder schwächeren Klasse erlegt werden darf. Die Gesamtsumme des Planes ist dabei zu erreichen. Lediglich bei mehrjährigen Abschussplänen (betrifft nur Rehwild, die Pläne werden für den Zeitraum von drei Jagdjahren aufgestellt) darf auch in der Summe (je nach Zustand der Waldverjüngung) abgewichen werden.

Die Jagd in der Jagdgenossenschaft Piding war bis vor einigen Jahren verpachtet. Seither betreibt sie die Jagd in Eigenbewirtschaftung, was bedeutet, dass die Jagdgenossenschaft die Jagdausübung selbst regelt und die jagenden Personen lediglich über einen Vertrag Dienstleister sind. Daher werden die Abschusspläne nur von der Jagdvorstandschaft der Jagdgenossenschaft vorgeschlagen.

Bezüglich der Erfüllung der Abschusspläne, allen voran der Pläne für Gamswild, ist die Behörde schon seit Jahren in Kontakt und war auch schon involviert, als die Jagd in Piding noch verpachtet war. Dabei wurde stets versucht, den verantwortlichen Personen klar zu machen, welche Bedeutung die Bejagung in Piding grundsätzlich hat und wie sich das auch auf den Bereich des Fuderheubergs, der in der Verantwortung der Bayerischen Staatsforsten liegt, auswirkt. Dennoch gelingt es dort seit Jahren nicht, die Abschusspläne ordnungsgemäß zu erfüllen. Dabei sind nicht nur jene Pläne betroffen, die von der Behörde festgesetzt wurden, sondern es wurden auch die von den Pidingern selbst vorgeschlagenen Abschusshöhen nicht erreicht.

Sowohl zu Zeiten der Jagdverpachtung, als auch erst recht jetzt im Rahmen der Eigenbewirtschaftung steht der Jagdgenossenschaft eine hohe Eigenverantwortung zu, entsprechend zu agieren und auf die jagenden Personen einzuwirken. Der Jagdgenossenschaft stehen hierfür viel weitreichendere Kompetenzen als den Behörden zur Verfügung. Sie kann über die privatrechtlichen Vereinbarungen viel schneller und direkter agieren. Als Beispiel können hier der Austausch der vertraglich verpflichteten Jägerschaft oder die Vereinbarung eines körperlichen Nachweises des erlegten Wildes genannt werden.

Auch diesbezüglich wurde die Jagdgenossenschaft mehrfach beraten. Die Regelungen zur Abschussplanung und welche Bedeutung dieser zukommt, sind Bestandteil der Jägerprüfung, die jeder Jagdscheininhaber absolviert hat. Dass Abschusspläne zu erfüllen sind, gehört zum jagdlichen Grundwissen und liegt in der Verantwortung des Jagdausübungsberechtigten.“

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