Ruhpolding

„Eine wunderbare Woche“: Jüdische Winterspiele zu Ende

Veranstalter ziehen eine positive Bilanz

10.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:52 Uhr
Andreas Wittenzellner

Die Abschlussveranstaltung war vor allem eines: eine riesige Party mit Gästen aus aller Welt.

Von Andreas Wittenzellner

Die Makkabi Winter-Games in Ruhpolding sind vorbei: Eine Woche mit sportlichen Herausforderungen und Wettkämpfen in den Sportarten Biathlon, Eiskunstlauf, Eisstockschießen, Ski alpin, Snowboard und Snow-Volleyball, daneben kulturelle und geschichtliche Veranstaltungen und Begegnungen, ging am Sonntag mit der letzten Siegerehrung und einer Abschlussparty zu Ende.

Nicht zu Ende sind aber die vielen Kontakte und Verbindungen unter den Sportlern, die sich zwar im Wettbewerb ein oft zähes Ringen um die begehrten Medaillen lieferten, abseits der Sportveranstaltungen aber Freundschaften schlossen, Beziehungen aufbauten und den einen oder anderen Besuch auf privater oder auch auf sportlicher Ebene anbahnten. Und so waren die Makkabi Winter-Games letztlich eine optimale Begegnungsplattform für jüdische Sportler aus aller Welt, die eine Woche in Ruhpolding, Reit im Winkl und – schneebedingt – im Ausweich-Austragungsort Kitzbühel ihr „Jüdischsein“ lebten und ihrem Sport im Wettbewerbsmodus nachgehen konnten.

Im Bildungs- und Rahmenprogramm wurden Vorträge über die Geschichte und Gegenwart der Makkabi-Bewegung und das Attentat bei den Olympischen Spielen 1972 angeboten, über die Prof. Manfred Lämmer von der Deutschen Sportschule in Köln und der Holocaust-Überlebende und Olympiateilnehmer von 1972, Shaul Ladany aus Israel, sprachen. Bei den Spielen in München vor 50 Jahren überfielen und ermordeten palästinensische Terroristen elf israelische Sportler und töteten einen Polizisten.

Organisationsleiter Dr. Oren Osterer sprach am Sonntagabend von einer „amazing week“, einer wunderbaren Woche, und hatte eine lange Danksagungs-Liste dabei, die vom Bundesministerium des Innern und für Heimat über diverse jüdische und nichtjüdische Organisationen bis hin zu vielen Privatpersonen, Unterstützern und Mitarbeitern und Helfern reichte. Auch die in der Gemeinde Ruhpolding mit den Spielen beschäftigten Mitarbeiter bekamen ein Extra-Lob.

Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, sagte, man habe mit der Veranstaltung mehr als Geschichte geschrieben: Man habe auch den Mut gehabt, die Großveranstaltung im Wintersportbereich durchzuführen und damit Neuland betreten, indem man die 3. Winter-Games nach 1933 und ’36 und einer anschließenden 87-jährigen Unterbrechung ausrichtete. Er freute sich, den Gästen aus aller Welt mit Delegationen beispielsweise aus Amerika, Australien, Israel, Mexiko und Ungarn ein freundliches Bild der Menschen in Deutschland gegenüber dem Judentum und jüdischen Menschen zu zeichnen: „So wie hier ist es fast überall in Deutschland.“

Vizepräsident Sport, Alfi Goldenberg, wurde mit einer Dankesurkunde für sein hohes Engagement bei der Planung und Durchführung der Spiele ausgezeichnet. Neben der viel bejubelten A-cappella-Gruppe Kippalive aus Israel mit ihrer Winter-Games-Hymne überzeugte das Duo Keren Vogler (Gesang) und Anna Bonderenko (Gitarre) mit einem Potpourri an beliebten jiddischen und israelischen Liedern.

Sonderapplaus für die Sportler aus der Ukraine

Höhepunkt des Abends waren diverse Siegerehrungen von den bis in den Sonntag hinein ausgetragenen Wettkämpfen. Die Sportler nahmen unter großem Applaus ihre Medaillen entgegen, zeigten stolz Flaggen und Embleme ihres Landes oder ihres Makkabi-Verbandes, beispielsweise die oft siegreichen deutschen Teilnehmer. Aber auch viele Athleten aus den USA und Israel freuten sich über ihre Leistungen, oft mit einer Goldmedaille gekrönt. Sich der politischen und menschlichen Herausforderung und Tragweite bewusst, bekamen Sportler aus der Ukraine – wie schon beim Einzug und der Vorstellung auf der Bühne im Ruhpoldinger Kurpark am vorvergangenen Montagabend – einen besonderen Applaus im Festzelt.

Hochzufrieden zeigte sich Ruhpoldings Bürgermeister Justus Pfeifer: „Die Spiele sind mehr als erfolgreich verlaufen. Wir haben aktive jüdische Kultur und jüdisches Leben gesehen. Es freut mich, dass Ruhpolding ein guter Gastgeber für die Makkabi Winter-Games war.“ Und er fügte mit einem Blick auf die diversen großen Veranstaltungen wie beispielsweise den Biathlon-Weltcup hinzu: „Ruhpolding kann Großveranstaltungen!“

Eine zufriedene Bilanz konnte auch die Polizei vermelden, die mit einem großen Aufgebot die Spiele und ihre Teilnehmer sicherte – in Zeiten steigenden Antisemitismus’ in Deutschland trauriger Alltag. Bei den Makkabi-Spielen waren antisemitische Vorkommnisse Fehlanzeige, wie auch Oberstaatsanwalt Dr. Martin Freudling im Gespräch mit der Heimatzeitung bestätigte. Golödenberg fügte hinzu, dass man sich bei der Planung der Spiele natürlich die Frage gestellt habe: „Ist es sicher?“ Trug man doch für viele jüdische Sportler aus aller Welt Verantwortung. Umso größer sei die Freude, dass man durch die Bank nur positive Kontakte vermelden könne, was in erheblichem Maße zu der ausgelassen Stimmung beitrug. Diese entlud sich am Sonntagabend bei der Abschlussveranstaltung nach dem gemeinsamen Singen der Hatikvah, Israels Nationalhymne, nochmals bei der Winter-Games-Hymne „There is magic in the Air ale ale ale Maccabi Winter-Games“. Das olympische Feuer ist zwar erloschen, erkennbar und hörbar brennt es aber in den Sportlern aus aller Welt weiter.

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