PNP-Spendenaktion 2022

Wie Redakteurin Eva Fischl den Krieg in der Ukraine erlebt hat

30.12.2022 | Stand 12.10.2023, 10:16 Uhr

Eva Fischl (44), Leiterin der Sonderseiten-Redaktion, koordiniert die PNP-Weihnachtsaktion.

Zwei Flugstunden von hier entfernt herrscht seit zehn Monaten Krieg in der Ukraine. Eva Fischl hat die PNP-Spendenaktion koordiniert, sie stand von Deutschland aus mit zahlreichen Beteiligten in der Ukraine in Kontakt. Ihre Eindrücke:

Alle Berichte und Hintergründe zur Spendenaktion finden Sie auf unserer Sonderseite. Hier können Sie online spenden.

Was wäre, wenn? Diese Frage habe ich mir zuletzt oft gestellt. Was wäre, wenn bei uns Krieg herrschen würde? Wann würde ich mich zur Flucht entscheiden? Was mitnehmen? Was zurücklassen? Hätte ich die Kraft und die Mittel, mir irgendwo ein neues Leben aufzubauen? Würde ich mich mit den Besatzern arrangieren? Oder hätte ich vielleicht sogar den Mut, Widerstand zu leisten?

Für uns hier im sicheren Deutschland sind das rein hypothetische Fragen. Doch Millionen Menschen in der Ukraine stehen seit dem 24. Februar 2022 vor genau solchen Entscheidungen.

Der Vergleich ist erlaubt. Anders als in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ging es einer Mehrheit der Ukrainer vor dem Krieg vergleichsweise gut. Wie bei uns hatten viele Wohneigentum, gute Jobs, Autos, Haustiere, teure Hobbys. Der Lebensstandard – zumindest in Städten – war in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Kiew & Co. konnten locker mit den Metropolen dieser Welt mithalten. In Sachen Digitalisierung, auch das war eine faszinierende Erfahrung, hat uns die Ukraine selbst im Kriegszustand einiges voraus.

Viele meiner Gesprächspartnerinnen berichteten mir über ihr Leben vor dem Krieg – über berufliche Pläne, über Urlaubsziele. Die russischen Bomben zielen auch auf den Wohlstand und die Werte der ukrainischen Gesellschaft ab. Doch wer den Geschmack der Freiheit einmal genossen hat, ist nicht bereit, ihn wieder aufzugeben. Die Ukrainer haben sich in Windeseile neu organisiert. Aus TV-Produzentinnen wurden Leiterinnen von Flüchtlingsunterkünften. IT-Fachkräfte – und davon hat das Land jede Menge − managen Evakuierungsteams im Osten. Die Menschen vernetzen und unterstützen sich gegenseitig. Dank professioneller ausländischer Hilfe wie von CARE können lokale Organisationen effektiver und schneller arbeiten.

Dennoch geraten viele Helfer bereits an die Grenzen ihrer Belastbarkeit – vor allem in den Frontgebieten leisten sie täglich Übermenschliches. Doch auch Helden brauchen mal eine Pause. Neben der akuten Nothilfe und der Unterstützung beim Wiederaufbau sollten die Friedensbemühungen nicht vergessen werden. Denn Krieg trifft immer die Schwächsten der Gesellschaft. Die Frage nach dem „Was wäre, wenn?“ ist für sie bittere Realität.


Eva Fischl (44), Leiterin der Sonderseiten-Redaktion, koordiniert die PNP-Weihnachtsaktion.

URL: https://www.pnp.de/nachrichten/bayern/wie-pnp-redakteurin-eva-fischl-den-krieg-in-der-ukraine-erlebt-hat-10267008
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