Die Trägerrakete Ariane 6 fliegt mit Verspätung erst Ende des Jahres. Die kleinere Vega C erlitt bei ihrem ersten kommerziellen Flug eine Panne. Was heißt das für die europäischen Ambitionen im All?
Die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 soll erst Ende des Jahres starten, der erste kommerzielle Flug der kleineren Vega C ging kürzlich schief. Um die europäischen Trägerraketen ist es derzeit nicht gut bestellt. Aber was heißt das für die europäische Raumfahrt? Droht Europa weiter abzufallen?
«Wir sind in einer ernsthaften Krise des europäischen Trägerraketen-Sektors», teilte die europäische Raumfahrtagentur Esa auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Begonnen habe diese vor knapp einem Jahr, als Russland entschied, seine Sojus-Raketen vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana abzuziehen. Es folgten Verzögerungen bei der Ariane 6, die nun im letzten Quartal des Jahres erstmals starten soll - und damit drei Jahre später als ursprünglich geplant. Ende Dezember reihte sich dann der gescheiterte erste kommerzielle Flug der Vega C in die Liste der Probleme ein.
Was genau bei dem Flug schieflief, als die Rakete nur wenige Minuten nach dem Start von ihrem Kurs abkam, soll eine Expertenkommission ergründen. Raketenbetreiber Arianespace hatte von einem Problem beim Triebwerk Zefiro 40 und einem Druckabfall gesprochen. Erste Ergebnisse der Kommission soll es im Februar geben.
«Zugang zum All steht nicht auf dem Spiel»
Eigentlich sollten in diesem Jahr drei bis vier Vega-C-Raketen an den Start gehen, wie Arianespace mitteilte. Abhängig von dem Ergebnis der Untersuchungskommission werde man diese Starts verwalten: Je nach Masse der Satelliten sei es zumindest theoretisch möglich, die Flugkörper mit dem Vorgängermodell der Vega C, der Vega, ins All zu befördern.
Vega C und Ariane 6 sollen Europas Raumfahrt wettbewerbsfähiger machen und sind daher enorm wichtig. Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die seit 1996 im Einsatz ist. Die Vega C ist eine Weiterentwicklung der Vega-Rakete, die seit 2012 leichte Satelliten ins All bringt.
Trotz der Probleme steht für die Esa fest: «Der Zugang zum All steht nicht auf dem Spiel.» Sobald Ariane 6 und Vega C flögen, seien sie perfekt auf die Bedürfnisse der europäischen Institutionen abgestimmt. «Die kurzfristige Priorität ist es, den Jungfernflug der Ariane 6 und eine sichere, zügige und robuste Rückkehr der Vega C zum Fliegen schnell und verlässlich abzusichern.»
Notwendig ist das für die Esa auch, weil etwa der Erdbeobachtungssatellit «Sentinel-1C», der mit Radartechnik Tag und Nacht Bilder von der Erdoberfläche liefern soll, im Mai oder Juni an Bord einer Vega C in den Weltraum gebracht werden soll. Andere Missionen sind noch mit der Ariane 5 geplant.
Die Sonde «Euclid» hingegen, die ursprünglich mit einer Sojus-Rakete ins All fliegen sollte und eine 3D-Karte des Universums erstellen soll, wird diesen Sommer mit einer Falcon 9 des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX abheben. Mit der russischen Sojus hätten ebenso Satelliten für das Satellitennavigationssystem Galileo ins All gesollt. Laut Esa wird dafür zwar die Ariane 6 als Trägerrakete bevorzugt, aber auch nicht-europäische Raketen würden der Kontinuität halber in Betracht gezogen.
© dpa-infocom, dpa:230123-99-319210/3
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