Dieselbetrug
Münchner Audi-Prozess: Überaus milde Strafen angeboten

25.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:07 Uhr

Im Strafprozess gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler um geschönte Abgaswerte bei Dieselautos wurden am Dienstag milde Strafen angeboten. −Foto: Hoppe/dpa

Dieser Moment war lange erwartet worden: Die Strafkammer im Münchner Dieselbetrugsprozess hat am Dienstag bekanntgegeben, welche Strafen sie sich im Fall vollumfänglicher Geständnisse der Angeklagten vorstellen kann.



Sie hatte bereits vor längerem zu erkennen gegeben, dass sie die verbliebenen drei Beschuldigten – Ex-Audi-Chef Rupert Stadler, den früheren Audi-Motorenchef Wolfgang Hatz und den ehemals für die Dieselabgastechnik zuständigen Entwickler Giovanni P. – nach bisheriger Beweisaufnahme für schuldig hält. Das Gericht stellte jeweils Freiheitsstrafen zwischen eineinhalb und zwei Jahren in Aussicht, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung. Wolfgang Hatz soll 400.000 Euro Geldauflage zahlen, bei Giovanni P. sind es 50.000 Euro. Die Modalitäten für Stadler blieben weiter offen.

Milde Sanktionen angeboten

Für ein Verfahren, bei dem der Betrugsschaden anfangs mit bis zu 3,3 Milliarden Euro angegeben worden war und bis zu zehn Jahre Haft drohten, fallen die in Aussicht gestellten Sanktionen unerwartet mild aus. Giovanni P. nahm das Angebot – der Grundstein dafür war vor einer Woche bei einem Rechtsgespräch gelegt worden – umgehend an, erneuerte sein Geständnis, und auch Staatsanwalt Nico Petzka zeigte sich zufrieden: Er stimmte einem solchen „Deal“ zu, weil der Angeklagte die Vorwürfe eingeräumt und auch im Verfahren zur Aufklärung beigetragen habe.

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Im Fall Hatz wollte Petzka indes nicht mitspielen. „Es ist sehr zu begrüßen, dass Herr Hatz sich zu einem Geständnis entschieden hat“, erklärte der Anklagevertreter. Für ihn kommt dieser Schritt aber zu spät: Nach zweieinhalb Jahren Verfahrensdauer rechtfertige es zumindest keine Bewährungsstrafe. In anderen Worten: Eine Verständigung, wie vom Gericht vorgeschlagen, wird nicht zustandekommen, weil dafür alle Seiten zustimmen müssen. Die Kammer kann den vorgeschlagenen Strafrahmen aber auch ohne Plazet der Staatsanwaltschaft umsetzen. Der Anklagebehörde bliebe immer noch die Option einer Revision. Hatz legte jedenfalls am Dienstag über seinen Verteidiger Gerson Trüg das erwartete Geständnis ab.

„Noch nicht sprechfähig“

Bleibt Rupert Stadler. Seine Verteidiger Thilo Pfordte und Ulrike Thole äußerten sich auch am Dienstag nicht, ob ihr Mandant auf den Vorschlag des Gerichts eingehen wird. Man sei „noch nicht sprechfähig“, hatte Pfordte bereits vor einer Woche erklärt. Ein Geständnis dürfte aber demnächst zu erwarten sein, deutet man die bisherigen Zeichen. Alles andere wäre eine Überraschung. Was das in einem solchen Fall für die Geldauflage bedeutet, muss sich noch zeigen. Die Verteidiger wiesen darauf hin, dass Stadler über kein Einkommen verfüge und keine Steuerabgaben leiste. Er besitzt jedoch zahlreiche vermietete Immobilien. Staatsanwalt Petzka machte deutlich, dass er im Fall Stadler bei der Geldauflage einen siebenstelligen Betrag erwarte.

In dem Prozess geht es um die Entwicklung illegaler Software in der Abgastechnik bei Dieselautos von Audi, VW und Porsche ab 2008. Die Manipulationen sollen bewirkt haben, dass gesetzliche Abgaswerte auf dem Teststand eingehalten wurden, während das im Fahralltag nicht immer der Fall gewesen sein soll. Stadler soll solche Autos noch auf den EU-Markt gebracht haben, als der Skandal in den USA bereits aufgeflogen war. Wann die Urteile zu erwarten sind, bleibt weiter offen. Das Gericht hat vorerst bis 28. Juni terminiert.