Über dem kleinen Pipinsried lachte am Samstagnachmittag die Sonne, über den TSV 1860 München tat’s phasenweise ein Großteil der 2500 Zuschauer im restlos ausverkauften FCP-Stadion. Denn was die Löwen in ihrer Totopokal-Viertelfinalpartie beim Bayernligisten aus dem Dachauer Hinterland zeigten, war mehr als enttäuschend. Prompt setzte es am Ende für sie eine 0:1 (0:1)-Niederlage, die an der Grünwalder Straße wohl noch für so manches Gespräch sorgen wird.
Und hierbei dürfte es nicht zuletzt um den Cheftrainer gehen. Maurizio Jacobacci, in Teilen der Fangemeinde schon seit längerem umstritten, hatte die Löwen-Startelf im Vergleich zum jüngsten 3:2-Auswärtssieg in Saarbrücken gleich auf zehn Positionen verändert. „Es war trotzdem keine B-Mannschaft“, versuchte der 60-Jährige sofort den Vorwurf zu entkräften, dass er den Gegner irgendwie auf die leichte Schulter genommen habe: „Wir hatten Marco Hiller im Tor, wir hatten Leroy Kwadwo, wir hatten Phillipp Steinhart, Kaan Kurt, Marlon Frey, Niklas Tarnat – und Tarsis Bonga ganz vorne. Oder auch Kilian Ludewig und Albion Vrenezi. Wir hatten ein Team auf dem Platz, das sich hätte besser präsentieren können.“
Warum es das aber nicht tat? Jacobacci vermittelte kurz nach dem Abpfiff nicht den Eindruck, als ob er eine Antwort darauf hätte. „Ich kann mich nur entschuldigen, welche Leistung meine Mannschaft abgerufen hat“, erklärte er mit leichenblasser Stimme, während sich die meisten Seiner Spieler nahezu wortlos in die Kabine verabschiedeten. Einzig Mittelfeldspieler Marlon Frey stellte sich – und wirkte ebenso ratlos wie sein Chef: „Was wir gespielt haben, ist unerklärlich. Wir müssen uns dafür schämen.“
Um jetzt noch in die erste DFB-Pokal-Hauptrunde 2024/ 25 einzuziehen, müssten die Löwen die laufende Drittligasaison auf einem der ersten vier Tabellenränge abschließen – was nach den Eindrücken vom Samstag schlicht undenkbar erscheint. Erst recht dann, wenn die Profis des TSV 1860 nicht schleunigst kapieren, dass Fußball mitunter auch gearbeitet werden muss. Die Amateure aus Pipinsried wussten das am Samstag, fighteten aufopferungsvoll, legten von der ersten Minute an einen beeindruckenden Einsatzwillen an den Tag – und agierten auch überraschend mutig.
Die erste Belohnung hierfür gab es bereits in der fünften Minute, als sich Daniel Gerstmayer nach einer präzisen Flanke von Tim Greifenegger in die Höhe schraubte und zum 1:0 des Underdogs einköpfte. Das Stadion bebte, die Löwen-Kicker schauten sich ungläubig an, „Aber eigentlich hätten wir immer noch fast die gesamte Spieldauer Zeit gehabt, das Ganze zu drehen“, so Jacobacci nachdenklich – und mit einem verständnislosen Kopfschütteln garniert.
„Gerade, was wir in der ersten Halbzeit zeigten, war viel zu wenig“, fuhr der Chefcoach der Sechzger fort – womit er sogar noch untertrieb. So brachte der Drittligist das Kunststück fertig, bis zum Pausenpfiff komplett ohne nennenswerte Chance zu bleiben – und musste daher fast schon froh sein, dass die frechen Hausherren eine ihrer guten Konterchancen nicht sogar zum 2:0 aus ihrer Sicht nutzten.
Jacobacci reagierte, brachte zu Beginn des zweiten Durchgangs mit Fynn Lakenmacher einen zusätzlichen Angreifer. Und jener war’s dann auch, der nach einem zu kurzen Abschlag der Pipinsrieder allein auf deren Tor zusteuerte – ehe er von Ludwig Räuber unsanft an der Strafraumgrenze umgesenst wurde (69.). Schiedsrichter Assad Nouhoum (Oberweikertshofen) zückte sofort Rot für den Sünder, der TSV 1860 war also für den Rest der Partie in Überzahl.
Aber selbst das reichte nicht aus, dass den Löwen zumindest der Ausgleich gelang. Ebenso wenig ein Elfmeter nach Foul an Philipp Steinhart: Albion Vrenezi knallte den Strafstoß nur an die Unterkante der Latte (83.).
Prompt feierten nach 97 Spielminuten nur die krassen Außenseiter – wohl verdient und richtig schön ausgiebig. „Mich freut dieser Triumph vor allem für unsere zahlreichen ehrenamtlichen Helfer, die mit ihrer unglaublicher Arbeit im Vorfeld dieses tolle Fußballfest erst ermöglicht hatten“, so FCP-Cheftrainer Martin Weng dankbar: „Ihnen haben wir nun auf dem Platz ein bisschen zurückgeben können.“ Und während er das so sagte, dröhnte aus der Pipinsrieder Mannschaftskabine weiterhin lautstarke Partymusik. Der Mannschaftsbus der Löwen hatte währenddessen das kleine Dorf im Dachauer Hinterland schon längst verlassen.
DK
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