Beim Skifliegen in Oberstdorf können die deutschen Skispringer ihre eigenen Erwartungen nicht erfüllen. Nur einer hält halbwegs vorne mit. Ein Lokalmatador gibt Rätsel auf.
Andreas Wellinger schlug die Hände zusammen und haderte mit seinem letzten Flug. Beim Skiflug-Heimspiel in Oberstdorf verfehlte der 28-Jährige einen möglichen Podestplatz, wurde Siebter und ärgerte sich anschließend über sich selbst.
„Ich hätte es in der Hand gehabt“, sagte Wellinger in der ARD. „Es ist schade.“ Wellinger ergänzte: „Es hat einfach ein bisschen die Leichtigkeit gefehlt.“
Wellinger flog am Sonntag auf der Heini-Klopfer-Skiflugschanze vor beeindruckendem Bergpanorama und bei prächtiger Stimmung 221,5 und 215,5 Meter weit. Nach seinem ersten Versuch und Rang vier zur Halbzeit sagte er hoffnungsfroh: „Wenn ich die Ski noch ein bisschen sauberer unter mir führe, sind noch ein paar Meter drin.“ Der angestrebte Angriff auf die Podestplätze misslang im zweiten Durchgang jedoch. Auch 9500 Zuschauer - viele von ihnen mit Wellinger-Plakaten und Deutschland-Fahnen - konnten den Bayer nicht nach ganz vorne brüllen.
Den Sieg sicherte sich der Österreicher Stefan Kraft vor Peter Prevc aus Slowenien und dem japanischen Vierschanzentourneesieger Ryoyu Kobayashi. In der Weltcup-Gesamtwertung liegt Wellinger hinter Spitzenreiter Kraft und Kobayashi weiter auf Rang drei.
„Wir hatten uns deutlich mehr erhofft“
Auch Bundestrainer Stefan Horngacher verbarg seine Enttäuschung nicht. „Wir hatten uns deutlich mehr erhofft hier“, sagte der 54-Jährige. „Jeder wollte ein bisschen mehr und vielleicht kommt da ein bisschen Verkrampfung rein im Flug.“ Wellinger war im Allgäu der einzige Deutsche, der halbwegs vorne mithalten konnte. Am Samstag hatte er den sechsten Platz belegt.
Während der Olympiasieger von 2018 in dieser Saison konstant auf hohem Niveau springt, hat Karl Geiger derzeit große Probleme. Ausgerechnet bei der spektakulären Flugshow in seinem Heimatort scheiterte der langjährige Leistungsträger am Samstag bereits in der Qualifikation. Am Sonntag war Geiger zwar im Wettkampf dabei. Der 29. Platz liegt aber ganz weit unter den eigenen Ansprüchen des Skiflug-Weltmeisters von 2020.
„Es ist sehr schade gelaufen, dieses Wochenende“, sagte der 31-Jährige. „Schön, dass ich einen kurzen Heimweg habe und gleich bei der Familie bin.“ Mit Blick auf die restliche Saison und weitere Skiflug-Veranstaltungen ergänzte Geiger kämpferisch: „Ich weiß, dass ich es kann und dass ich auch fliegen kann.“
Geigers enorme Leistungsschwankungen in diesem Winter kann sich auch Skisprung-Legende Sven Hannawald nicht erklären. „Ich habe viele Fragezeichen bei ihm hin und wieder“, sagte er. Horngacher hatte bereits am Samstag erklärt: „Manchmal ist Skispringen schwierig und kann auch mal ratlos machen. Aber wir finden immer wieder Rezepte.“
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