Rotsünder Manuel Neuer griff noch in der Nacht reumütig zu seinem Handy und entschuldigte sich bei den frustrierten Teamkollegen.
„Nach meinem Platzverweis war es für die Jungs mit einem Mann weniger natürlich extrem schwer, aber sie haben wirklich alles versucht. Tut mir leid“, schrieb der Kapitän des FC Bayern in den Sozialen Medien, nachdem er mit hängendem Kopf aus der Allianz Arena geschlichen war.
Es war der erste Platzverweis in Neuers beeindruckender Karriere – doch der war „spielentscheidend“, wie der 38-Jährige nach dem Achtelfinal-Aus im DFB-Pokal beim 0:1 gegen Titelverteidiger Bayer Leverkusen kleinlaut einräumte: „Das tut weh.“
Kimmich übt Kritik
Neuer hatte in der 17. Minute nach einem heftigen und unnötigen Check gegen Jeremie Frimpong Rot gesehen – mit erheblichen Folgen für den Rekordmeister. Anstatt endlich sein Pokaltrauma zu überwinden, herrschte beim FC Bayern wieder einmal Tristesse. Die Mannschaft sitze „völlig bedröppelt“ in der Kabine, berichtete Sportvorstand Max Eberl. „Es nervt mich extrem, dass der Titel weg ist. Dafür spielen wir Fußball. Es geht einzig und allein ums Gewinnen“, moserte Joshua Kimmich.
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Und das mit dem Gewinnen gelingt den erfolgsverwöhnten Münchnern gerade in den großen Spielen nicht mehr nach Wunsch. Man habe in dieser Saison zweimal gegen Leverkusen, gegen Dortmund, Frankfurt und Barcelona „nicht gewonnen“, zählte Kimmich auf und vergaß dabei noch die schmerzhafte Niederlage bei Aston Villa. So oder so, die Serie sei „ernüchternd“. Mit der Spielweise seien die Bayern zwar „auf dem richtigen Weg. Aber letztendlich müssen wir das in positive Ergebnisse ummünzen.“
Eberl: „Ist mir scheißegal“
Eberl brachte die Frage nach den „großen Spielen“ dagegen gänzlich auf die Palme. „Ich weiß, dass Sie sehr kritisch sind. Ich weiß, dass Sie alles infrage stellen. Das ist mir relativ scheißegal“, blaffte er einen Reporter an. Man sei gegen den Doublegewinner „ein Mann weniger“ gewesen. „Ich hoffe, das ist auch bei allen so angekommen.“ Deswegen, so Eberls Schlussfolgerung, sei „dieses Spiel raus aus der ganzen anderen Statistik“.
Der Sportvorstand lobte lieber den Charakter des eigenen Teams. „Ich fand die Reaktion der Mannschaft herausragend. Ich habe großen Respekt vor der Mannschaft. Das ist Charakter für mich, zu sagen, wir ergeben uns nicht, wir stellen uns nicht hinten rein. Wir versuchen trotzdem, das Spiel gewinnen zu wollen.“
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Fakt ist dennoch, dass die Bayern seit ihrem letzten Pokalsieg 2020 zum fünften Mal in Serie frühzeitig scheiterten, davon dreimal bereits in der zweiten Runde. Dies sei „sehr bitter“, betonte Trainer Vincent Kompany. Er könne die Niederlage „nicht schönreden“. Aber, fügte er trotzig an: „Diese Leistung war positiv. Wenn diese Energie bleibt, werden wir noch viel gewinnen. Diesen Pokal in dieser Saison nicht. Aber diese Mannschaft kann weiter wachsen, sie bekommt ihre Momente.“ Sie werde, so Kompany, ab Mittwoch „wieder Vollgas geben“, um am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Heidenheim zu bestehen.
Hainer richtet Blick nach vorne
Auch Präsident Herbert Hainer war bemüht, den Blick nach vorne zu richten. „Wir konzentrieren uns jetzt auf die Meisterschaft und die Champions League. Da haben wir genug zu tun“, sagte er. Gerade in der Königsklasse wolle man „so weit kommen wie möglich“. Das „Finale dahoam 2.0“ am 31. Mai lockt.
Dass die Reise im Pokal nach einem Gegentreffer durch Nathan Tella (69.) so abrupt endete, lag hauptsächlich an Neuers Attacke - doch Klagen gab es nicht. Sein Kapitän habe „eine Entscheidung getroffen. Es war knapp. Das ist Fußball und das gehört dazu“, sagte Kompany. Auch Hainer war nachsichtig: „Das sind Entscheidungen von Millisekunden, da kann man ihm keinen Vorwurf machen.“
Für Neuer war es nach 866 Spielen als Profifußballer eine Premiere. „Da ich den Ball nicht berührt habe, kann man die Entscheidung nachvollziehen“, sagte er – und verließ geknickt die Arena.
− sid/red
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