Passion, Emotion, Disziplin
Neu-Trainer Jacobacci: So will er 1860 München retten – Manuel Baum sauer auf Verantwortliche

28.02.2023 | Stand 17.09.2023, 1:56 Uhr

Start in Giesing: Maurizio Jacobacci trainierte am Montag erstmals die Löwen. −Foto: Imago Images

Maurizio Jacobacci ist am Montag seinen neuen Job als Trainer des TSV 1860 München angetreten und hat bei seinem ersten Auftritt selbstbewusst erklärt, was ihn als Coach ausmacht:

Er sei „leidenschaftlich“, „emotional“, „ein Motivator“, der aber auch „Disziplin und Ordnung sucht“, zählte der 60-Jährige bei einer Pressekonferenz des Tabellenachten der 3. Fußball-Liga auf. „Fußball ist für mich nicht eine Arbeit, sondern eine Passion“, sagte der Italiener, der nun die Nachfolge von Interimscoach und Sportgeschäftsführer Günther Gorenzel übernimmt. Von seinen Spielern erwarte er dieselbe Einstellung, die er vorleben wolle.

Über einen möglichen Aufstieg der Löwen wollte der neue Trainer, dessen Fußballkarriere sich bislang hauptsächliche in der Schweiz abspielte, bei seinem Start am Montag noch nicht philosophieren. „Ich würde den Aufstieg nicht in den Mund nehmen jetzt im Moment“, sagte Jacobacci. Zuerst wolle er die Mannschaft kennenlernen und Schritt für Schritt auf ihr nächstes Spiel vorbereiten. Am kommenden Samstag treffen die Sechziger im Heimspiel auf den FC Viktoria Köln. „Das einzige Ziel im Moment ist eine Top-Vorbereitung diese Woche und das Spiel so anzugehen, dass es auch gewonnen werden kann“, meinte Jacobacci.

Jacobacci macht „ein mentales Problem“ aus



Um den Aufstieg in die 2. Bundesliga noch zu erreichen, müsste Jacobacci bei den Löwen ein kleines Fußball-Kunststück vollbringen: Der Traditionsverein liegt nach 24 Spieltagen auf dem achten Tabellenplatz, der Rückstand auf Rang drei beträgt bereits neun Zähler. Seit Oktober konnten die Münchner – erst unter Michael Köllner, dann unter Gorenzel – nur ein Spiel für sich entscheiden. Als Grund dafür sieht Jacobacci eine mentale Müdigkeit des Kaders: „Es ist nicht ein physisches Problem, es ist eher ein mentales Problem.“ Die Mannschaft habe „sehr gutes Potenzial“.

Entscheidend für den weiteren Verlauf der Saison sei nun, ob die Profis die Hilfe ihres neuen Trainers annehmen – und „ob sie es wollen“, sagte der Neu-Coach. Bereits bis zum Spiel gegen die Viktoria will Jacobacci den Spielern wieder mehr Selbstvertrauen geben. „Wir erwarten uns von ihm einen neuen Impuls auf jeden einzelnen Spieler“, sagte Geschäftsführer Gorenzel.

Dabei setzt Jacobacci auf eine starke Abwehr: „Die Basis zum Erfolg ist eine solide, stabile Defensive“, sagte er. „Wenn man da stabil ist, kann man auch ganz anders auftreten.“ Dann kämen die Freude aufs Spielfeld zurück – und der Mut zu mehr Risiko. „Menschen machen Fehler. Spieler machen Fehler. Entscheidend ist, dass man Fehler mit Überzeugung macht, und nicht, weil man Angst hat. Diese Mentalität möchte ich dem Team übergeben.“

Zuletzt hatte Jacobacci den tunesischen Erstligisten CS Sfaxien trainiert, musste dort aber im Februar gehen. In seiner knapp 28 Jahre langen Trainer-Laufbahn coachte er sonst überwiegend in der Schweiz, er feierte unter anderem als Co-Trainer zwei Meistertitel mit den Grasshoppers Zürich. Auch als Spieler blickt Jacobacci auf fußballerische Erfolge zurück, so etwa auf den Schweizer Meistertitel 1987 mit Neuchâtel Xamax. Als Stürmer habe er 390 Spiele in der höchsten Schweizer Liga gespielt und knapp 100 Tore geschossen, sagte Jacobacci am Montag. „Ich weiß schon noch, wo das Tor ist.“

Baum: „Ich hatte mich auch schon ein bisschen vorbereitet“

Dass Jacobacci den Job als Löwen-Coach bekam, ist duchaus eine Überraschung. Einer der heißesten Kandidaten war Manuel Baum. Der ehemalige Augsburg-Coach äußerte sich bei Sky enttäuscht über seine Nicht-Berücksichtung bzw. den Ablauf der Verhandlungen. „Jeder weiß, dass ich eine tiefe Verbundenheit zu dem Verein habe“, sagte der Dingolfinger und führte aus: „Es war tatsächlich so, dass am Donnerstag ein Kontakt stattgefunden hat, indem es geheißen hat: ‚Du, kannst du uns bis zum Ende der Saison helfen?’ Ich glaube, es ist immer ganz wichtig, wenn man eine Verbundenheit zum Verein hat und wenn es einem nicht gut geht, dann sagt: Ja, man hilft dann auch! Deswegen habe ich mich tatsächlich auch schon darauf vorbereitet auf den Montag. Und am Samstag habe ich dann doch gelesen: Jetzt ist es doch ein anderer! Es ist natürlich dann schon überraschend, wie die ein oder andere Kommunikation abläuft. Das war nicht die feine englische Art!”

Baum betont auch, dass es ihm weder um Laufzeit noch Geld gegangen sei. „Ich wiederhole mich: Man ist eng an dem Verein, ich wollte einfach helfen. Ich hatte mich auch schon ein bisschen vorbereitet“, so der Coach, dessen Sohn bei den Löwen im Nachwuchs kickt.

Bei 1860 kann man den Ärger nicht nachvollziehen. „Ich habe natürlich mit vielen Trainern gesprochen und jedem von ihnen immer offen die Situation dargestellt“, sagte Sportchef Günther Gorenzel gegenüber der „TZ“. Und mit Blick auf die Vorwürfe von Manuel Baum meinte der Österreicher: „Ich habe jedem Trainer beziehungsweise meiner Kontaktperson mitgeteilt, wie unsere Entscheidung ausgefallen ist. Ich kann seine Aussagen nicht nachvollziehen und werde diese auch nicht kommentieren.“

− red/dpa